Leben in Bayern

Pillen gegen den Liebeskummer: Schön wär’s schon, wenn es die gäbe. In der Liebeskummer-Praxis aber stehen Gespräche im Mittelpunkt. (Foto: dpa)

21.10.2016

Praxis gegen Liebeskummer

Johanna Eibauer geht in Straubing dem großen Herzschmerz ihrer Klienten auf den Grund – sie selbst kennt die Schattenseiten von Beziehung und Partnerschaft gut

Dieser dumpfe Schmerz, der vom Herzen ausgeht und sich über den ganzen Körper verbreitet. Der dicke Kloß im Hals, der das Schlucken schwer macht. Dazu der Wunsch, den ganzen Tag im Bett zu bleiben und sich die Decke über den Kopf zu ziehen. Wer einmal Liebeskummer hatte, vergisst diesen Schmerz nie. Die Trauer um die verlorene Liebe, aber auch die Angst davor, allein zu sein – und allein zu bleiben. Für immer.

Immer wieder verliebte sie  sich – doch es klappte nie

Auch Johanna Eibauer kennt diesen Schmerz. Und die 34-Jährige aus Aiterhofen kennt auch das Gefühl, wieder einmal versagt zu haben. Denn Liebeskummer hatte sie schon oft. Doch anstatt sich einmal mehr unter der Bettdecke zu verstecken, begann sie, sich mit dem unliebsamen Phänomen auseinanderzusetzen. Heute teilt sie ihr Wissen mit ihren „Patienten“: Sie hat eine Liebeskummer-Praxis eröffnet. Der Name: „Herzeleid“.

Tatsächlich sieht Johanna Eibauer gar nicht so aus, als hätte sie in ihrem Leben viel geweint. Ihre Augen leuchten, und wenn sie spricht, zeigt sie immer wieder ein strahlendes Lächeln. An der rechten Hand funkelt der schlichte goldene Ehering. Doch es gab diese Zeit, in der es der gebürtigen Straubingerin gar nicht gutging. Immer wieder verliebte sie sich, – und immer wieder ging die Beziehung in die Brüche. Eibauer litt, sie kam sich wertlos vor und hatte große Angst, nie den richtigen Partner zu finden. „Mein Leben war geprägt von Liebeskummer“, erklärt Eibauer. „Irgendwann aber habe ich mir gedacht, es muss an mir liegen, ich muss mich damit beschäftigen.“ Also wälzte die junge Germanistin und Politikwissenschaftlerin Ratgeber und suchte Fachleute auf. Und bald kam sie zu der Erkenntnis: „Ich habe immer Männer getroffen, die nicht offen für eine Beziehung waren. Und das lag daran, dass ich selbst nicht offen dafür war – ich zog diese Partner förmlich an“, erzählt sie.

Aber Eibauer wollte mehr wissen: Sie erlernte das Familienstellen, eine Methode, mit der man dem Zusammenspiel der Charaktere in einer Familie auf den Grund gehen will. Außerdem machte sie eine Ausbildung in klientenzentrierter Gesprächstherapie. Und es machte bei ihr Klick. Bereits zwei Monate nach Beginn der Ausbildung lernte sie ihren heutigen Mann kennen. Inzwischen haben die beiden zwei kleine Mädchen.

Seit 2013 bietet Eibauer eine Gesprächstherapie an. In diesem Jahr hat sie beschlossen, eine Liebeskummer-Praxis daraus zu machen: „Denn es war einfach das Hauptthema meiner Klienten“, erklärt sie. Eigentlich wendet sich das Angebot an Frauen. „Gleich mein erster Klient war aber männlich, und es kamen etliche weitere“, erzählt sie. Denn natürlich haben auch Männer Redebedarf. Eibauer zufolge würden sie sogar oft noch unter stärkerem Liebeskummer als Frauen leiden – allein schon, weil sie niemanden haben, mit dem sie reden könnten. Zu viele glaubten noch immer, nach außen hin stark sein zu müssen.

In akuten Fällen aber hilft nur eines – egal ob bei Frau oder Mann: sich den Kummer von der Seele zu reden. Die Kleenex-Box steht in Eibauers Praxis deshalb stets griffbereit. Ein „Kopf hoch, das wird schon wieder“ hören die Klienten von ihr aber nicht. Stattdessen geht sie mit ihnen in mehreren Sitzungen der echten Ursache des Liebeskummers auf den Grund.

„Die Männer leiden oft viel stärker als die Frauen“

Dabei geht es sehr oft zurück in die Vergangenheit der Klienten. „Manchmal haben Frauen ein verkorkstes Verhältnis zu Männern, weil die Beziehung zum Vater nicht gut war“, erklärt die Liebeskummer-Spezialistin. „Oder sie haben früher eine tiefe seelische Verletzung erfahren.“ Dann gilt es, diesen alten Schmerz zurück an die Oberfläche zu holen: „Denn nur, wenn er noch einmal durchlebt wird, löst er sich auf“, sagt Eibauer. Neben Einzelsitzungen – die Therapeutin nimmt dafür 60 Euro pro Stunde – bietet sie auch Meditationsabende an, in denen Menschen unter ihrer Anleitung im Stillen auf den Grund gehen können, warum es bei ihnen mit der großen Liebe nicht klappen will – „ganz ohne Seelenstriptease“.

Einbauers Angebot kommt gut an. Denn Liebeskummer kann unerträglich werden. „Weil das Gefühl des Verlassenseins so übermächtig ist und weil so viele Versagensängste eine Rolle spielen“, erklärt die Therapeutin. „Und weil der Mensch nicht dazu geboren ist, um allein zu sein.“ Und das müsse er auch nicht, betont sie. Ihr tröstendes Motto: „Für jeden Menschen gibt es den passenden Partner!“
(Melanie Bäumel-Schachtner) Foto (mel): Johanna Einbauer schlitterte früher selbst von Beziehung zu Beziehung.

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