Leben in Bayern

Paul Heinle (rechts) mit seinen Mit-Schnitzern. Hauptmotiv des Maibaums ist das Wappen Bayerns. (Foto: Wiedemann)

27.04.2018

Schnitzende Bayernverehrer

Die Maibäume im schwäbischen Freihalden gehören immer wieder zu den spektakulärsten im Land – das Motto heuer: 100 Jahre Freistaat

Das Maximilianeum haben sie sich in ihr kleines Dorf geholt. Ebenso die Münchner Frauenkirche, die Walhalla und die Befreiungshalle. Fünf kreative Männer aus dem schwäbischen Freihalden werkeln seit vielen Tagen an einem 26 Meter hohen Baum – die bekanntesten Bauwerke Bayerns entstehen dabei unter ihren Händen. Auch Sankt Bartholomä am Königssee, der Hundertwasserturm aus Abensberg und die Lindauer Hafeneinfahrt schnitzen sie in mühevoller Handarbeit in den massiven Stamm. Noch liegt der auf einem Bauhof. Am 1. Mai wird es 30 kräftige Burschen benötigen, um ihn in die Senkrechte zu bekommen – dann, wenn alle im Dorf zu einem großen Fest zusammenkommen, um ihren neuen Maibaum zu bewundern.

Auf dem Baum: bekannte Bauwerke aus Bayern

„Unser Maibaum-Motto heißt heuer 100 Jahre Freistaat Bayern“, erklärt Paul Heinle. Seit mehr als 20 Jahren wird jedes Frühjahr aus dem 53-jährigen Kunststoffmusterbauer ein Maibaum-Schnitzer. Mehr als 30 Stunden Freizeit gingen bereits für den Geburtstagsbaum drauf. Weil Heinle der Erfahrenste ist, ist er auch in diesem Jahr wieder für das Hauptmotiv zuständig: Das bayerische Staatswappen prangt als Blickfang mitten am Baum. Kunstvoll und bis ins kleinste Detail herausgearbeitet. Indem einige Stellen nur halb geschnitzt werden, entsteht ein neuer Farbton, insgesamt sind es dann drei.

Die Freihaldener gestalten ihren Maibaum jedes Jahr zu einem bestimmten Motto. Im vergangenen Jahr waren darauf die beiden Päpste zu sehen. Der emeritierte Papst Benedikt, der am 16. April 2017 seinen 90. Geburtstag feierte. Und Papst Franziskus, der im Dezember 2016 80 Jahre alt geworden ist. Auch Albert Einstein zierte schon mal die Rinde, ebenso Mozart und Pumuckl. „Da ist auch immer ein großes Stück Spontaneität dabei, wenn wir uns für ein Motto entscheiden“, erklärt Heinle. Heuer beispielsweise waren auch Lego – der Lego-Stein wird 60 Jahre alt – und die Fußball-Weltmeisterschaft im Rennen. Schnell war aber klar: An den Freistaat-Geburtstag reichen diese Ereignisse natürlich nicht heran.

Was aber wird aus den beiden Päpsten, wenn sie den Pfarrer-von-Ars-Platz in Freihalden am 1. Mai räumen müssen? „Der Baum wird verlost“, erklärt Heinle. Über das weitere Schicksal entscheidet der Gewinner nach Lust und Laune. Viele der kunstvollen Schnitzereien wurden so schon zu Brennholz. „Aber Pumuckl steht schon fünf Jahre lang in einem Garten“, so Heinle. Und auch auf dessen eigenem Grundstück hat ein prominenter Bayer eine neue Heimat gefunden: die CSU-Ikone Franz Josef Strauß. 2015 zierte das FJS-Konterfei den Freihaldener Maibaum, in dem Jahr wäre er 100 Jahre alt geworden. Dabei ist Heinle gar nicht in der CSU, sonden ein Freier Wähler. „Ich hab aber keine Berührungsängste“, sagt er und lacht.

Warum aber die ganze Arbeit angesichts der Gefahr, dass sie nach einem Jahr im Feuer landet? „Es geht uns auch um den Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft“, betont Heinle. Alle Vereine helfen beim großen Fest am Maifeiertag mit. „Und das wollen wir auch nach außen zeigen.“ Dass in bayerischen Ortschaften immer weniger Tradition gelebt werde, bedauert Heinle.

Was der versierte Maibaum-Schnitzer ebenfalls vermisst: Einst wurden auf dem Burgauer Volksfest die schönsten Maibäume des Landkreises prämiert. Doch seit 15 Jahren sei es damit vorbei, klagt Heinle, der sich dafür einsetzt, dass auch dieser Brauch wiederbelebt wird. Aber auch ohne Wettstreit: Die Freihaldener bemühen sich jedes Jahr aufs Neue, dass ihr Baum der Schönste im ganzen Land ist.
(Angelika Kahl) Fotos (privat) von oben nach unten:
Noch nicht ganz fertig: das Maximilianeum. Im Hintergrund soll ein Alpenpanorama entstehen.
Auf dem Maibaum 2017: die zwei Päpste Franziskus und Benedikt.
2015 prangte er auf dem Freihaldener Baum: Franz Josef Strauß.

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