Leben in Bayern

Familie auf dem Oktoberfest. (Foto. dpa)

25.09.2025

So familienfreundlich ist das Oktoberfest tatsächlich

Mit 1,40 Meter schon erwachsen? Auf der Wiesn zahlt man vor allem mit Kindern kräftig drauf. Eine andere Bevölkerungsgruppe wird bei der Preisstruktur ebenfalls benachteiligt. Auch beim Pfand dürfte so mancher Besucher den einen oder anderen Euro liegen lassen

Zu einem anständigen Wiesnbesuch gehört aus Sicht vieler auch eine Fahrt mit dem Riesenrad. Aus den malerisch in den weiß-blauen Landesfarben gehaltenen Gondeln heraus bietet sich dem Betrachter ein unvergesslicher Blick auf die Münchner Skyline – bei schönem Wetter sogar samt Alpenpanorama. Doch auch wenn man im konservativen Bayern viel auf Familie und Traditionen hält – für viele Münchner Familien ist die Fahrt mit dem Traditionsgeschäft schlicht nicht bezahlbar.

Auch Acht- und Neunjährige plötzlich erwachsen?

Vor allem dann, wenn die Buben und Mädchen etwas schneller wachsen als andere. Denn ist der Nachwuchs größer als 1,40 Meter, müssen die Eltern für den Sprössling statt dem Kinderpreis von 4 Euro satte 11 Euro berappen. Und 1,40 Meter erreichen viele Kinder schon im Alter zwischen acht und elf Jahren. Zwar gibt es beim Riesenrad ein Familienticket, aber auch hier gilt die lebensfremde Größengrenze. Letztlich muss so eine Familie mit drei älteren oder relativ groß geratenen Kindern locker 55 Euro für eine Fahrt mit dem Riesenrad berappen.

Auch viele andere Fahrgeschäfte auf der Wiesn bieten zwar einen Kinderrabatt an, ein großer Teil wie etwa ein Spaß-Haus oder eine Wasserrutsche jedoch nur bis zu 1,40 Meter Größe. Bei anderen wie etwa einer Geisterbahn gilt eine mehr oder weniger strenge Altersgrenze. Und diverse Fahrgeschäfte haben gleich gar keinen Kinderrabatt.

Die Wiesn hat auch Schattenseiten

Selbst am Familientag, wenn dienstags mit vergünstigten Preisen für Familien geworben wird, bleibt die Wiesn für manche Münchner Familie unerschwinglich. Die Nachteile wie einen mitunter vollen ÖPNV, Lärm und allerlei Hinterlassenschaften auf Wegen und in Hinterhöfen haben sie aber dennoch.

Doch warum gibt es nicht mehr und großzügigere Nachlässe für Kinder? Schließlich ist die Wiesn ja für die dort feilbietenden Unternehmer zumeist ein Riesengeschäft. Das für das Oktoberfest zuständige Wirtschaftsreferat der Stadt München verweist auf die Verantwortung der Schausteller. Der Bayerische Landesverband der Marktkaufleute und der Schausteller ließ eine BSZ-Anfrage bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Der Betreiber des Riesenrads teilt derweil mit: „Die Preisgestaltung für Kinder (bis 1,40 Meter Größe) resultiert aus dem Platz, der pro Person in einer Gondel belegt wird. Grundsätzlich bieten unsere Gondeln Platz für bis zu zehn Personen.“ Wie bei der Bierbank für fünf Personen sei „dies allerdings nur ein theoretischer Wert“. In der Regel würden die Gondeln des Riesenrads mit bis zu acht Erwachsenen besetzt. „Ein Gast mit einer Größe über 1,40 m benötigt aus unserer Erfahrung den Platz eines Erwachsenen und somit müssen wir auch den Fahrpreis für einen Erwachsenen erheben“, argumentiert der Betreiber.

Pfand zu hoch?

Ins Geld geht auch das Mehrwegsystem auf der Wiesn. An Ständen werden 1 bis 2 Euro Pfand für eine Plastikflasche, die im Laden 15 Cent Pfand hat, verlangt. Zurückgeben für die gleiche Summe kann sie der Wiesnbesucher nur an dem Stand, an dem er sie auch gekauft hat. Nicht nur Betrunkene finden im Wiesngetümmel aber oft nicht mehr die Bude, an der sie das Getränk gekauft haben. Mit ökologischen Gesichtspunkten lässt sich das Extrapfand nicht begründen. Denn eine Armada an Pfandsammlern sorgt vor und auf der Wiesn dafür, dass die Flaschen meist später wieder im Mehrwegsystem landen.

Für Beeinträchtigte kann es richtig teuer werden

Auch in Sachen Behindertenfreundlichkeit besteht beim Oktoberfest noch einiger Nachholbedarf. Rabatte für Schwerbehinderte gibt es nur relativ wenige. Dabei ist dies längst nicht mehr nur in Museen üblich – schließlich sind beeinträchtigte Menschen aufgrund ihres Handicaps weit öfter von Armut betroffen als die Durchschnittsbevölkerung.

Üblich sollten eigentlich Nachlässe für Begleitpersonen von Schwerbehinderten sein. Schließlich wollen auch manche Rollstuhlfahrer, geistig Beeinträchtigte oder Autisten Spaß haben. Muss jedoch auch für die bei manchen Schwerbehinderten obligatorische erwachsene Begleitperson bezahlt werden, ist das Wiesnbudget bereits nach sehr kurzer Zeit verbraucht.

Doch zumindest für Fans der größten Sause der Welt gilt: Das Oktoberfest ist immer einen Besuch wert, auch in diesem Jahr. Wiesn, das ist Tradition, Fahrgeschäfte, gute Stimmung. Knapp eine Million Menschen feierten am ersten Wochenende des 190. Oktoberfests auf der Theresienwiese. „Das war ein traumhafter Wiesnstart“, sagte Münchens Wirtschaftsreferent und Wiesnchef Christian Scharpf. Am Samstagnachmittag wurden über 30 Grad gemessen, was einen Rekordwert für die Wiesn seit Beginn der Aufzeichnungen darstellt. Deshalb waren vor allem alkoholfreie Getränke gefragt. Gebrannte Mandeln und Schokofrüchte fanden bei sommerlichem Wetter weniger Anklang. Die Fahrgeschäfte machten derweil gute Umsätze. (Tobias Lill)
 

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