Leben in Bayern

Der Felsvorsprung "Hirschsprung" im Höllental bei Naila. Zwei riesige Hängebrücken sollen Touristen anlocken. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

19.07.2018

Streit um Prestige-Projekt im Frankenwald

Zwei spektakuläre Hängebrücken im Frankenwald als Touristenattraktion? Befürworter des Projekts werben kräftig für ihre Idee. Doch auch die Gegner formieren sich. Sie fürchten eine Verschandelung der Landschaft und eine Zerstörung intakter Natur

Der Frankenwald ganz im Norden Bayerns ist eine Region von eher rauer Schönheit, mancher Besucher fühlt sich beim Wandern durch weitläufige Täler und an schroffen Hängen an Skandinavien erinnert. Nur: Nach Auffassung vieler Kommunalpolitiker wissen viel zu wenig Menschen von der Faszination des Frankenwaldes. Das soll sich bald ändern. Geplant ist ein spektakuläres Projekt: Zwei freitragende Hängebrücken über das Höllen- und Lohbachtal sollen dem Tourismus im Frankenwald zu Höhenflügen verhelfen. Sagen die Befürworter, so zum Beispiel der Hofer Landrat Oliver Bär (CSU). Im Vergleich zum benachbarten Fichtelgebirge hinke der Frankenwald bei den Tourismuszahlen aktuell stark hinterher, so Bär. Aus diesem Grund wirbt der Landrat offensiv für das Zwölf-Millionen-Euro-Projekt. Einen Großteil der Kosten würde dabei der Freistaat Bayern übernehmen - etwa 80 Prozent.

Doch längst nicht alle Menschen in der Region sind begeistert von den touristischen Plänen fürs Höllental. In der Gemeinde Issigau (Landkreis Hof) steht an diesem Sonntag (22. Juli) ein Bürgerentscheid zu dem Projekt an. Am 16. September sollen sich die Bürger der Stadt Lichtenberg positionieren. Fraglich ist, ob die Entscheide das Projekt tatsächlich stoppen könnten, es geht zunächst lediglich um die Beteiligung der betroffenen Kommunen.

Während Befürworter sich also einen Schub für den Tourismus erhoffen und Leben in die Region bringen wollen, fürchten die Gegner um die intakte Natur. Die "Initiative Höllental" beispielsweise schreibt: "Mehrere hunderttausend Besucher im Jahr fü?hren zu einer Zerstö?rung eines einmaligen natürlichen Lebensraumes." Die Brücken würden einen Massenandrang an Gästen auslösen, auch Parkplätze, Toiletten, Imbissbuden würden die Landschaft verschandeln.

Brücken sollen die Gegend attraktiver machen

Der Bund Naturschutz in der Region hat sich ebenfalls gegen das Projekt positioniert, macht aber Alternativvorschläge. Der Förderung des Tourismus stehe man grundsätzlich nicht negativ gegenüber, heißt es beim Verband. Aber müsse es ausgerechnet das Höllental und sein Naturschutzgebiet sein? Zahlreiche bedrohte Tier- und Pflanzenarten hätten hier Schutz gefunden. Für ein Hängebrücken-Projekt gebe es auch andere Täler im Frankenwald.

Inzwischen haben sich allerdings auch die Befürworter der Brücken in der Bevölkerung formiert. Die "Initiative Frankenwaldbrücke" mit Jutta Kuhne aus Naila an der Spitze hat es sich zur Aufgabe gemacht, für die Realisierung der Brücken zu kämpfen. Diese seien eine "echte Chance für die Zukunft". Kuhne sagt weiter: "Von Anfang an sind Horrorszenarien aufgezeigt worden. Szenarien, die so in keiner Weise stimmen. Das ganze Brückenprojekt wird naturschutzfachlich begleitet."

Die Region könne profitieren, weil dann auch der lange beklagte Bevölkerungsschwund gestoppt werden könnte: "Wir möchten mit der Brücke erreichen, dass der Frankenwald bekannt wird. Wir haben eine Region, die ist so lebenswert. Wir haben ein sehr gesundes Reizklima - und die Brücken wären ein Leuchtturmprojekt", so Kuhne. Das Projekt freilich sei kein Allheilmittel für die Probleme der Region. Aber die Brücken seien ein Anfang. "Und wir hatten früher auch schon einmal Tourismus. Touristen sind bei uns willkommen."

Im Frühjahr 2020 könnte der Bau beginnen

Ausgangspunkt der Brücken soll ein Infozentrum am Freizeitzentrum in Lichtenberg werden. Geplant ist, dass Touristen und Wanderer vom Infozentrum zu Fuß zu der 720 Meter langen Höllentalbrücke gelangen könnten. Die Brücke soll in 180 Metern Höhe das Tal der Selbitz queren und schließlich an den Höllental-Terrassen im Issigauer Ortsteil Eichenstein enden. Wieder zurück am Kesselfels sollen die Besucher über einen rund 450 Meter langen Fußweg zur zweiten Brücke, der Lohbachtalbrücke, gelangen. Sie soll auf einer Länge von 381 Metern über das gleichnamige Tal bis nach Lichtenberg führen.

Aktuell sind bereits die naturschutzfachlichen und verkehrstechnischen Untersuchungen sowie ein europaweites Vergabeverfahren für die Ingenieurleistungen angelaufen. Im nächsten Jahr soll die Planung vorangetrieben und detaillierter ausgearbeitet werden. Im Frühjahr 2020 könnte dann der Bau beginnen - und 2021 bis 2022 sollen die Brücken fertiggestellt sein.

"Das Projekt erzeugt Aufmerksamkeit. Besucher werden in unsere Region kommen und die Faszination Frankenwald erleben. Die Frankenwaldbrücke wird eine hervorragende Werbung für unsere Heimat sein", sagt Landrat Bär.
(Sonny Adam, dpa)

Kommentare (3)

  1. Sam am 09.08.2019
    Für einen kurzfristig währende hype wird ein wunderschönes Tal zerstört. Die radlader verdichten schon die Böden für die baustrassen zu den Baustellen. Der schon gestresste Wald wird noch mehr belastet. Wie können einige Anwohner über die Zerstörung entscheiden die ganz Franken und Bayern betreffen?
    Schon jetzt sind viele Bäume braun. Wir d die Brücke fertig um das Waldsterben hautnah zu sehen. 30 bis 40 mio Euro Steuergelder könnten besser in den waldumbau investiert werden. Wo ist söder mit seinem grünen Mäntelchen?
    Die Menschenmassen werden mit dem Bus hingekarrt. Essen dort ihre Stulle und verschwinden wieder. Die Gastronomie kann jedenfalls den Ansturm nicht schaffen und wird die stammkundschaft verlieren und schließen. Ein trauriges Ende einer waldidylle. Ich könnt feiner.greiner. sam
  2. frankenwäldlera am 24.07.2018
    Das Tal sucht doch so, wie es ist, ohne neumodisches Brückenzeugs und ohne Menschen auf Schritt und Tritt, seinesgleichen und ist durch die Ruhe dort unbezifferbar wertvoll ?!!
    Was reitet die denn bloß, das sehenden Auges zu opfern ?
    Oder ahnen die wirklich nicht, was sie im Unberührtlassen für eine Ressource hätten ?
    Hallo, die Zeiten der Flurbereinigung sind ,,fei scho a Zeitlang" vorbei !
    Heit dudd mer ,,renaturiern"!
    Es Denaturiern dazwischn kennder Eich schboarn, dann hobbder aa in 50 Joarn nuch Eiern Schdolds!
    Oder is Eich die Ehr beim Gschäffdla hinnderherjaong unnderwegs aphanndn kumma ?!
  3. frankenwäldlera am 23.07.2018
    was für eine Sünde...so etwas wunderschönes verhökert man doch nicht an Brückenbaufirmen und Kick-Touristen...
    wer sowas fertig bringt, ist auch imstand und verkauft seine eigene Großmutter meistbietend
    ,,Großmutter, zeig, wie lieb Du bist !"
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