Leben in Bayern

In Augsburg wurden am Wochenende auch Polizist*innen wieder verletzt. (Foto: dpa/Peter Kneffel)

20.06.2021

Wieder Outdoor-Partys und Krawalle in Bayern

Schönes Wetter und geschlossene Clubs treiben die Menschen in lauen Sommernächten auf die Straße. In Augsburg kommt es zu heftigen Ausschreitungen. In Würzburg hat man derweil eine Idee, das Partyvolk in geregelte Bahnen zu lenken

Alkohol, Randale, fliegende Flaschen: Auch an diesem Wochenende haben nicht nur illegale Partys, sondern regelrechte Ausschreitungen in Bayern der Polizei wieder zu schaffen gemacht. In Augsburg wurden Polizisten und Feiernde verletzt, als die Beamten nach dem EM-Erfolg der deutschen Nationalmannschaft gegen Portugal eine Siegesfeier mit rund 1400 Menschen in der Innenstadt räumten. Die Polizei setzte Pfefferspray ein.

Immer wieder wurden nach ihren Angaben Gegenstände auf Polizisten geworfen. Weil sich die Lage nicht beruhigt habe, sei geräumt worden. Während der Räumung seien dann über 200 Gegenstände auf die Einsatzkräfte geflogen, darunter auch viele Glasflaschen. Ein Rettungswagen wurde von einer Flasche getroffen; die Frontscheibe des Fahrzeugs wurde dabei beschädigt.

Ein Mann, der am Boden fixiert werden sollte, trat einem Beamten mit dem Fuß ins Gesicht. Der Polizist erlitt dem Sprecher zufolge dabei eine Schwellung am Auge. Eine Polizistin sei sexuell belästigt worden, als sie die Personalien eines Mannes feststellen wollte. Eine unbeteiligte junge Frau sei von einer Flasche getroffen und leicht verletzt worden. Mindestens ein Flaschenwerfer wurde vorläufig festgenommen.

Augsburges Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) zeigte sich laut Mitteilung vom Sonntagabend "entsetzt über die Situation, in denen behelmte Polizisten die Maximilianstraße räumen mussten, weil es zu Störungen von Rettungseinsätzen und zu Übergriffen auf Polizeibeamte gekommen war und die Lage vollends zu eskalieren drohte". Es seien aber nicht "die Jugendlichen" am Werk, die einfach mal über die Stränge schlagen.

Entsetzen bei Polizei und Politik

"Es ist vielmehr eine Minderheit, die für Gewaltszenen verantwortlich ist, wie wir sie seit einigen Wochen auch aus anderen Städten kennen. Diese Minderheit ... geht als Horde gezielt dorthin, wo Menschen sind, um Unruhe zu stiften, um gegen Polizei und Ordnungsdienst Stimmung zu machen und damit bewusst die Lage zur Eskalation zu bringen", sagte Weber.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Bayern zeigte sich entsetzt. Der Landesvorsitzende Peter Pytlik sprach am Sonntag von "massiven Ausschreitungen". Es gebe "vielfältige Gründe, die zu diesen Gewaltausbrüchen führten", sagte er. "Die wiedergewonnene Freiheit, die pandemiebedingte lange Feier-Abstinenz, kombiniert mit übermäßigem Alkoholkonsum und nicht zuletzt die übertriebene emotionale Reaktion auf den Sieg der deutschen Mannschaft." Pytlik forderte Konsequenzen: "Wer Polizistinnen und Polizisten, Rettungs- oder andere Hilfskräfte attackiert, muss die ganze Härte des Rechtsstaats spüren."

Das Phänomen der ausufernden und in Gewalt umschlagenden Feierei sei neu. "Solche Handlungsmuster als Folge gruppendynamischer Prozesse, wie in den letzten Wochen feststellbar, gab es in dieser Form bisher nicht beziehungsweise nur äußerst selten", erklärte der GdP-Chef. "Offensichtlich haben einige junge Menschen den Realitätsbezug zwischen virtuellem Spielen und realem Handeln verloren."

Auch in München flogen Flaschen, als die Polizei Straßen im Uni-Viertel nach dem Fußballspiel in der Nacht zu Sonntag räumte. Und das war nicht der einzige Vorfall in der Landeshauptstadt am Wochenende: In der Nacht zum Samstag bereits wurde dort eine Ansammlung von Hunderten feiernden Menschen aufgelöst. 700 bis 1000 Feiernde seien im Stadtteil Maxvorstadt unterwegs gewesen, sagte ein Polizeisprecher.

Anwohner meldeten sich wegen Ruhestörung und beklagten sich über Wildpinkler. Die Türkenstraße im Stadtteil Maxvorstadt war den Angaben zufolge durch die Ansammlung komplett blockiert. Ein Durchkommen war demnach für Autos nicht mehr möglich.

Enstpannung durch Öffnung der Clubs?

Mit Lautsprecherdurchsagen räumte die Polizei in den frühen Morgenstunden die Straße. Es blieb friedlich, sagte der Polizeisprecher. Allerdings hinterließen die Feiernden laut Polizei viel Müll. Die Straßenreinigung rückte noch in der Nacht aus.

Noch größer war die Menschenmenge an einem Baggersee in der Oberpfalz. In Sengenthal (Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz) feierten nach Polizeiangaben rund 2000 Menschen das Abitur. Die Polizei sprach von "unerwartet vielen Personen" die sich an dem See zusammengefunden hätten, größere Zwischenfälle habe es aber nicht gegeben. Ob und in welchem Umfang jedoch im Einzelnen gegen die Corona-Regeln verstoßen worden sei, konnten die Beamten in Anbetracht der großen Menge nicht genau überblicken, wie es hieß. Gegen Mitternacht löste sich die Gruppe den Angaben zufolge nach und nach von selbst auf.

Angesichts dieser nächtlichen Outdoor-Partys forderte der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) erneut die Öffnung von Clubs und Diskotheken. Aus seiner Sicht würde die Öffnung von Clubs "sofort Entspannung schaffen und für mehr Sicherheit sorgen und zudem die Akzeptanz anderer Maßnahmen erhöhen".

Um das Partyvolk in kommenden Sommernächten in geregelte Bahnen zu lenken, hat die Stadt Würzburg sich etwas anderes ausgedacht: Weil immer mehr Menschen bei sommerlichen Temperaturen und geschlossenen Clubs draußen feiern, ist dort eine Outdoor-Tanzfläche geplant. "Wir müssen den Menschen mal wieder eine Tanzfläche bieten", sagte der Leiter des Fachbereichs Allgemeine Bürgerdienste, Uwe Zimmermann, der "Main Post".
Ein entsprechendes Konzept, das dem Gesundheitsamt und dem Ministerium zur Genehmigung vorgelegt werden solle, sehe einen Biergarten vor - ergänzt "durch eine Tanzfläche im Freien".

"Organisatorisch soll das als eine Art Schachbrett realisiert werden. Mit aufgesprühter Kreide zeigen wir den Feiernden ihre Tanzfläche, und zwar ein Quadratmeter für eine Person", sagte Zimmermann der Zeitung. "Außerdem haben nur Getestete, vollständig Geimpfte oder Genesene Zutritt."
(dpa)

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