Salafisten, Finanzhaie, gierige Russen, jugendliche Amokläufer und Opfer von Atomunfällen - auf dem neuen Album "Werwolf-Attacke - Monsterball ist überall" macht die Erste Allgemeine Verunsicherung (EAV) wie gewohnt vor fast nichts Halt. Warum diese Überhöhung so wichtig ist, welche Konflikte dabei manchmal entstehen können und warum die Platte, die am 30. Januar erscheint, noch böser ist als die Vorgänger, verrät Sänger Klaus Eberhartinger im Interview.
BSZ: Herr Eberhartiger, die EAV wird bis heute meist als Spaßband wahrgenommen, dabei sind die meisten Texte beißend ironisch und kritisieren permanent. Stört Sie das Blödlimage eigentlich?
Eberhartinger: Jaja, wir werden oft als Dödel-Combo oder Klamauk-Truppe bezeichnet. Mei, viele unserer Hits stammen aus den 80er-Jahren, da ging's ja auch allen noch prächtig. Und damals hat man sich noch über einen Märchenprinz lustig machen können und diese harmlosen, verblödeten, gut getexteten Lieder haben uns bekannt gemacht. Wobei wir damals live auch schon viel böser waren. Auch da haben wir schon gewettert. Das hat sich heute stark verschärft - nicht weil wir älter geworden sind, sondern weil die Zeit eine bösere geworden ist. Und das wird auch so weiter gehen.
BSZ: Ihr neues Album heißt "Werwolf-Attacke - Monsterball ist überall" - wer attackiert da eigentlich wen?
Eberhartinger: Dazu müssen Sie sich vor allem die Albumillustration anschauen. An sich ist der Werwolf ja ein böses Monster, das andere angreift. Aber bei uns eilt er in Panik von der Welt voller Monster und all den bösen Dingen davon. Darüber singen wir in dem neuen Album.
BSZ: In dem Song "Scharia-Ho" geht es um das lustige Salafistenleben. Gibt es keine Tabus für Sie?
Eberhartinger: Vor allem dieses Thema mussten wir einfach anfassen. Seit dem Mittelalter gibt es nicht mehr so viele Religionskriege. Bei dem, was sich jetzt abspielt, da kann die EAV nicht wegschauen. Das kann man entweder ernst behandeln oder man überhöht es, so wie wir das machen. Gerade nachdem was auch mit "Charlie Hebdo" passiert ist -deren Karikaturen ich persönlich übrigens nur zweit- oder drittklassig finde - braucht es auch einen internationalen Schulterschluss der offenen Gesellschaft. Da darf man nicht in die Knie gehen und deswegen machen wir solche Nummern und bringen mal probeweise das Kalifat nach Bayern.
BSZ: Dank Ihrer Texte sind Sie schon mehrfach verklagt worden, sogar ein österreichischer Bundespräsident hatte das mal vor. Der Bayerische Rundfunk hat sich geweigert, das kirchenkritische Lied "S'Muaterl" zu spielen. Macht es Ihnen Spaß, die Autoritäten zu provozieren?
Eberhartinger: Ach, Provokation der Autoritäten ist was für Pubertierende. Im Alter spricht man das einfach aus, weil man was dagegen sagen möchte. Beispielsweise gegen die Kirche etwas zu sagen, ist vielleicht im katholischen Bayern ein Sakrileg. Aber wenn die Kirche Fehler macht, dann muss sie auch Kritikaushalten.
BSZ: Apropos Kritik...
Eberhartinger: Schon klar, Sie meinen den Ärger mit den Gabalier-Fans. Da hat ein Journalist uns in dem Lied "Lederhosen-Zombies" einen Angriff auf Andreas Gabalier unterstellt. Dabei geht es in dem Lied nicht um ihn, nicht um seine Fans und auch nicht um Tracht, die ich selber -wenn es passt - gerne anziehe. Dirndl und Lederhosen können sich durchaus sehen lassen. Es geht in dem Lied um den alpenländischen Ballermann, der immer mehr um sich greift. Darum, dass auf Volksfesten wie der Wiesn in Schickimicki-Zelten champagnerisiert und gelagemäßig der höchste Leberwert angestrebt wird. Und das noch in vermeintlicher Tracht.
BSZ: Das haben die Gabalier-Fans offenbar anders verstanden.
Eberhartinger: Ja, wir wurden massiv angegriffen. Vor allen im Internet kamen auch Kommentare aus der rechten Ecke. Das erinnert mich an eine Zeit, in der Tracht und Volksmusik vereinnahmt wurde von einer Ideologie, in der "Intoleranz" drüber steht. Ich habe dem Andreas längst eine SMS geschrieben, dass er nicht Ziel unserer Bosheit ist und ein PR-Gag ist das sicher auch nicht. Bevor ich so verzweifelt bin, geh ich lieber ins Dschungelcamp - und das wird niemals passieren. Und der Andreas hat schon zurück geschrieben: "Alles gut, alles Liebe, freu mich auf ein Bier mit euch."
BSZ: Sie stehen seit 34 Jahren mit der EAV auf der Bühne. Langsam kommen einige Ihrer Mitglieder ins Rentenalter. Denken Sie manchmal ans Aufhören?
Eberhartinger: Ja, diesmal haben Thomas Spitzer und ich gesagt, dass wir uns nach der Tour bald wieder zurückziehen. Vermutlich gibt's im Herbst nochmal neue Konzerte. Und ich mache einen Ausflug auf die Kleinkunstbühne, Thomas widmet sich der Malerei. Es gibt vielleicht nächstes Jahr eine neue Platte, weil sehr viel Material übrig geblieben ist. Aber dann, so in drei Jahren, wird die EAV-wohl auf Abschiedstournee gehen. (Elena Koene, dpa)
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