Leben in Bayern

Der Kreisel der regelmäßigen wilden Verfolgungsjagden in den Filmen – und zwei Papp-Versionen der Hauptdarsteller Sebastian Bezzel (Franz Eberhofer, rechts) und Simon Schwarz (Rudi Birkenberger). (Foto: Georg Weindl)

13.09.2019

Wo der Leberkäsjunkie daheim ist

Unterwegs im niederbayerischen Frontenhausen, dem Drehort der beliebten „Eberhofer“-Krimis

Es ist die aktuell wohl kultigste Krimireihe aus Bayern: die Fälle des niederbayerischen „Dorfsheriffs“ Franz Eberhofer und seines Spezls Rudi Birkenberger. Sie spielen in der fiktiven niederbayerischen Kleinstadt Niederkaltenkirchen. Dahinter verbirgt sich die Gemeinde Frontenhausen.

Alle Welt predigt die gesunde, nachhaltige Ernährung, redet von Fleischsteuer und veganer Vernunft. Nur in einem kleinen Ort mitten in Niederbayern sind die Dinge ganz anders, so wie in den guten alten Zeiten. „Der Leberkäs-Absatz, der hat extrem zugenommen“, sagt die Verkäuferin in der Metzgerei Stadler und lacht. „Die Leute kommen, kaufen sich Leberkässemmeln und machen Fotos davon, Selfies und natürlich auch vom Laden.“ Und ganz wichtig ist, dass der süße Senf in Herzform auf die großzügig dimensionierte Leberkässcheibe platziert wird. Eben genauso wie in den Filmen – gerade kam Folge VI ins Kino – nach den Romanen der Autorin Rita Falk. Drei Leberkässemmeln, dick belegt, sind das Standardfrühstück des Kommissars Franz Eberhofer. Und es ist nicht zu viel verraten, wenn man an dieser Stelle darauf verweist, dass diese nicht eben gesunde Ernährung beim Franz im neuen Streifen Leberkäsjunkie Spuren hinterlässt.

Auf den Ansturm der Fans war man nicht vorbereitet

Mit dem enormen Kinoerfolg der Geschichten des niederbayerischen Dorfpolizisten hat sich in der 4700-Einwohner-Gemeinde Frontenhausen im Landkreis Dingolfing-Landau (im Film ist es der Landkreis Landshut) einiges verändert. Der Ort, gut zwölf Kilometer südlich von Dingolfing im Vilstal gelegen, wird als Drehort populär. Zu diesem Ruhm, der allerdings ein leicht verspäteter Ruhm wurde wegen der unterschiedlichen Namensgebung, kam die Gemeinde wie die Jungfrau zum Kind. Das präzisiert Bürgermeister Franz Gassner (CSU), dem die Kinoehre viel Arbeit beschert hat. „Frontenhausen war ja schon 2005 ein Drehort für die Komödie Grenzverkehr, und für die Eberhofer-Filme suchte man einen möglichst unscheinbaren Ort, der nahe bei Landshut liegt.“

Möglicherweise lag es auch daran, dass der Regisseur des Grenzverkehr auch der Drehbuchautor beim Eberhofer ist. Jedenfalls starteten die Dreharbeiten 2013, und das Filmteam fand Gefallen an Frontenhausen – wohl auch, weil man hier viele Dinge auf kurzem Dienstweg bewerkstelligen konnte und Handwerker und Helfer unbürokratisch einspringen konnten.

Mittlerweile ist der sechste Film seit wenigen Wochen auf dem Markt und mit über einer Million Zuschauern der erfolgreichste Filmstart dieses Jahres in Deutschland. Und das merken auch die Leute in Frontenhausen. Auch an ganz normalen Werktagen ist es üblich, dass sich Fans auf dem zentralen Marienplatz einfinden. Gerade parkt ein VW Käfer Cabrio aus dem Rheinland dort, ein Paar sucht Fotomotive, Schweizer Motorradfahrer stoppen bei der Metzgerei, fotografieren und versorgen sich mit den „Warmen to go“, wie das bayerische Grundnahrungsmittel Leberkässemmel im Film heißt.

Auf den Ansturm der Eberhofer-Fans war Frontenhausen nicht vorbereitet. Das war auch kaum vorauszusehen, da der Ort in den Büchern wie im Film ja anders heißt und es auch sonst wenige Hinweise gab, dass Frontenhausen der Drehort ist. Und eine klassische bayerische Schönheit wie in einschlägigen Heimatfilmen mit geranienbeladenen Bauernhöfen und Lüftlmalereien ist Frontenhausen auch nicht. Man tut der Kommune kein Unrecht, wenn man sagt, dass es auf den ersten Blick ein wenig fad wirkt.

Idyllisch soll es auch nicht sein nach dem Willen der Filmemacher, die für die Dreharbeiten am Marienplatz die Blumen und diverse andere, zu adrette Utensilien abräumen ließen, damit die ländliche Tristesse gut zur Geltung kommt. Aber den Gästen, fand man im Rathaus, sollte etwas geboten werden, und so fing man an, die bekannteren Drehorte zu Attraktionen umzugestalten. Zuerst bekam der Kreisel am Nordrand, Schauplatz diverser spektakulärer Gaudieinlagen und Blechschäden, eine Statue mit Eberhofer und seinem Kompagnon Birkenberger in Übergröße. Es folgten Ortsschilder ein paar Meter weiter Richtung Zentrum.

Einen Mitarbeiter, der sich mit touristischen Dingen speziell beschäftigt, gab und gibt es allerdings bis heute nicht. Also blieb es beim Bürgermeister hängen, sich um die Betreuung der rasant wachsenden Fangemeinde zu kümmern. Gassner ließ ein Faltblatt drucken mit Infos für die Besucher, mit Bildern, einer Karte mit markanten Drehorten wie der Metzgerei, dem Marienplatz, der Klostergasse mit dem Wohnhaus von Eberhofers Freundin Susi, dem Friedhof und der Kirche, wo die gescheiterte Hochzeitszeremonie der beiden gedreht wurde.

1000 Faltblätter wurden gedruckt und waren bald vergriffen. Es wurden weitere 5000 nachproduziert, die heute an verschiedenen Orten am Kreisel oder im Rathaus aufliegen. Omnibusunternehmen kamen mit Anfragen zum Bürgermeister, wollten Besichtigungstouren auf den Spuren der Filmstars durchführen. Dabei übernahm Gassner die Rolle des Fremdenführers. „Die Fahrten waren im Handumdrehen ausgebucht, es gibt weitere Anfragen auch aus Österreich bis nach Wien und Graz.“

Bei der zweistündigen Tour lässt Gassner auch Informationen über Frontenhausen einfließen, das bereits seit 1386 Marktgemeinde ist und wo sehr viele Menschen am nahen BMW-Standort in Dingolfing arbeiten. Und davon gut leben, was auch der deutliche Anstieg der Immobilienpreise in den letzten Jahren dokumentiert.

Dass aber Leute allein wegen Eberhofer demnächst nach Dingolfing ziehen würden, ist nun nicht anzunehmen, meint der Bürgermeister. Aber etwas mehr Verweildauer wünscht sich Gassner schon. Dazu fehlt freilich ein Hotel, das es seit der Stilllegung des Gasthofs Post nicht mehr gibt. Aber das historische Haus im Zentrum wird umfangreich restauriert, es wird neben sozialen Einrichtungen auch einen Gasthof mit Biergarten geben. Rund 7,5 Millionen Euro wird dieses Projekt kosten. Im Jahr 2020 soll es abgeschlossen sein; derzeit sucht die Gemeinde noch händeringend einen Wirt oder eine Wirtin.

Der Bürgermeister selbst gibt den Fremdenführer

Dass sich der Bürgermeister auch als Fremdenführer betätigt, ist für Rathauschef Gassner kein Dauerzustand. Für einen haupt- oder nebenberuflichen Guide gäbe es genug Arbeit. Aber vorher warten noch andere Herausforderungen. Die Dreharbeiten für den nächsten Film, Teil VII der Reige, beginnen am 16. September dieses Jahres – und dürften für den Ort Routine werden. Mittlerweile sind Filmcrew und Gemeinde gut eingespielt, die Filmleute richten jedes Mal ihr Basislager bei der Feuerwehr ein.

Schwieriger wird es dann, wenn mal wieder Komparsen offiziell gesucht werden. Beim letzten Dreh kamen rund 2000 Interessenten, es gab lange Schlangen und ein handfestes Verkehrschaos. Selbst bei dem Dreh des gestürzten Maibaums, der den Wagen von Eberhofers Vorgesetztem Moratschek alias Sigi Zimmerschied zerstörte, harrten einige Hundert Fans bis weit nach Mitternacht aus.

An Ideen mangelt es den Frontenhausenern nicht. Ein Open-Air-Kino auf dem Marienplatz ist angedacht und eine Karte, auf der aufgezeichnet ist, wo sich die Eberhofer-Fans mit Sauerkraut, Leberkäs, Winterkartoffelknödeln und Grießnockerl (alle Folgen heißen nach einer Speise aus dem Kochbuch von Oma Eberhofer) versorgen können. Der Stoff wird nicht ausgehen. Gerade ist das neueste Buch aus der Reihe auf den Markt gekommen, es trägt den Titel Guglhupfgeschwader.
(Georg Weindl)

Bild im Text (Constantin): Von seinem Leibgericht kann der Eberhofer nicht genug bekommen. Da dürfen die Portionen auch mal etwas größer sein.

Kommentare (1)

  1. Wolfi am 23.01.2021
    Und ich bin der ECHTE Wolfi, der Wolfgang Wolfinger - ohne Scheiss!
Die Frage der Woche

Sollen Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.