Vier Säulen aus Granit stehen im Garten des Ehepaares Goetz in Straßkirchen im Landkreis Straubing-Bogen. Sie sehen aus wie Kunstwerke in dem weitläufigen Grün. Und sie erzählen eine Geschichte: Im sechsten Jahrhundert nach Christus standen an der Stelle, an der Brigitte und Willi Goetz die Säulen eingepflastert haben, bereits vier hölzerne Pfosten. Wie Archäologen herausgefunden haben, waren sie die Träger für eine kleine, hölzerne Kapelle – vermutlich der ältesten in Niederbayern.
Doch das ist nicht der einzige Schatz, der sich auf dem Grund des Ehepaars Goetz verborgen hat. 402 Bajuwarengräber wurden dort entdeckt – samt Beigaben. Und die lassen sich aktuell im Gäubodenmuseum in Straubing begutachten. Dort findet nämlich gerade eine große Bajuwaren-Sonderausstellung statt, bei der auch einige restaurierte Gegenstände aus Straßkirchen gezeigt werden.
Das Ehepaar Goetz ist ein Glücksfall für die Archäologie. Wer heute Baugebiete ausweist, der hofft meistens, dass sich bloß keine archäologische Befunde ergeben. Denn die Bergung kostet den Grundbesitzer nicht nur jede Menge Geduld, sondern auch Geld. Sechs Jahre lang, von 1988 bis 1994, ließ die Familie Archäologen auf ihrem Grund und Boden graben. Diese Zeit hat auch das Familienleben geprägt. „Die Kinder stürmten nach der Schule und dem Mittagessen immer hinaus und schauten, welches Skelett wieder freigelegt wurde, denn die Archäologen nahmen sich jeden Tag ein Grab vor“, erzählt Goetz und lacht. „Es war eine ungemein spannende Zeit.“
Die Familie behielt kein einziges der Fundstücke
Seine Frau und er tolerierten auch, dass die liebevolle Bepflanzung des Grundstücks den Ausgrabungen zum Opfer fielen. Bereut haben sie es nicht. Der Familie Goetz ging es nie ums Geld, sondern immer nur um die Sache. Sie hat keine einzige der spektakulären goldenen Fibeln, die auf ihrem Grund gefunden wurden, behalten, nicht einmal eine Perle aus Bernstein – auch wenn sie das gedurft hätte. „Diese Dinge sind im Museum weit besser aufgehoben“, sagt Willi Goetz.
Das Gesetz besagt, dass die Hälfte des Fundes dem Finder – in diesem Fall den Archäologen – und die Hälfte dem Grundstückseigentümer gehört. Doch der Wert der gefundenen Stücke ist schwer zu bestimmen. Für die Archäologen sind die eigentlichen Schätze gar nicht unbedingt immer die Dinge aus

Gold, Silber, Kupfer oder Bronze, sondern die Skelette, die Aufschluss geben über Leben und Sterben der Bajuwaren. Viele Erkenntnisse können aus den Straßkirchener Funden gewonnen werden. So gibt es dank ihnen zum Beispiel eine Doktorarbeit über Kinderkrankheiten, da auf dem Areal auch über 70 Kinder begraben waren.
Bereits seit den 1930er Jahren war bekannt, dass sich auf dem Grundstück bajuwarische Gräber befanden. Die Familie Goetz beschloss schließlich, ihre Gelände für Grabungen anzubieten, um den kulturellen Schatz zu bewahren. Und schon die Probegrabungen ergaben, dass auf dem Areal Grab neben Grab in ostwestlicher Ausrichtung angelegt war. Die Gräber von ärmeren Bestatteten lagen nicht so tief in der Erde wie die Gräber der Adeligen – letzter wollte man vor Plünderern der Grabbeilagen schützen. Erfolgreich war dieses Ansinnen laut Willi Goetz allerdings nicht: „Die Gräber, die bei uns gefunden wurden, wurden schon mehrfach beraubt. Man geht davon aus, dass 80 Prozent der Beigaben geplündert wurden. Das, was wir freilegen konnten, ist also quasi nur noch der Rest!“
Der sensationellste Fund ereignete sich am Ende der Grabungen. In ungefähr drei Metern Tiefe lagen nebeneinander die wohl noch unberaubten Gräber eines Mannes und einer Frau im Alter von ungefähr 22 Jahren aus der Zeit um 500 nach Christus. Im Männergrab hatten sich eine Wurfaxt, die so genannte Franziska, und die Reste eines Schildes erhalten. Und die prächtigen Beigaben der Frau führten schnell zu Berichten über den Fund von „Fürstengräbern“. Je zwei goldene Scheiben- und Bügelfibeln mit Granateinlagen und ein Messer mit ornamentierten goldenen Griff- und Scheidenbeschlägen konnte man bergen.
Noch heute allerdings sind viele Fragen offen: Woran starben die beiden? In welchem Verhältnis standen sie? Diesen Fragen gehen Wissenschaftlicher auf den Grund. Und das Ehepaar Goetz will ihnen dabei helfen. Willi Goetz hat schon über 50 000 Euro an Geldern gesammelt, mit Hilfe derer ein winziger Teil der vielen Funde restauriert und der Rest zumindest vor dem Zahn der Zeit geschützt werden soll.
(
Melanie Bäumel-Schachtner)
Bild: Gefunden: Rüsselbecher, kostbarer Schmuck und Waffen; Foto: Bäumel-Schachtner
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