Politik

Europäisches Parlaments in Brüssel, gesehen von der Rue Wiertz. (Foto: Daniel Kalker, dpa)

27.05.2019

15 Bayern in Brüssel

Die Parteien im Freistaat analysieren die Europawahlergebnisse. Und das sehr genau, schließlich stehen im März 2020 die Kommunalwahlen bevor. Die CSU zeigt sich zufrieden - sieht aber Handlungsbedarf

Nach der Europawahl sehen sich die Parteien in Bayern auf dem richtigen Kurs - mit Ausnahme der SPD. CSU-Chef Markus Söder betonte, die CSU in Bayern habe wieder zugelegt, eine "Trendumkehr" erreicht und gezeigt, dass für die Partei "Luft nach oben ist". Er sieht aber noch viel zu tun, um mehr junge Wähler anzusprechen. Zurücklehnen sei der falsche Ansatz - man müsse "durchstarten auf vielen Ebenen".

Die CSU hatte bei der Europawahl nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis mit 40,7 Prozent knapp besser abgeschnitten als 2014 - damals waren es 40,5 Prozent. Auch im Vergleich zur Landtagswahl, als es am Ende 37,2 Prozent waren, legte die CSU zu. Die Grünen landeten mit einem Rekordergebnis von 19,1 Prozent auf Platz zwei, wie schon bei der Landtagswahl. Dahinter folgten mit großen Abständen SPD (9,3 Prozent) und AfD (8,5 Prozent). Für die in Bayern mit der CSU regierenden Freien Wähler stimmten 5,3 Prozent, für die FDP 3,4 und für die ÖDP 3,1. Die Wahlbeteiligung im Freistaat stieg am Sonntag deutlich um 20 Prozentpunkte auf 60,9 Prozent.

Aus Bayern sind künftig 15 Abgeordnete im Europaparlament vertreten: sechs von der CSU (einer mehr als bisher), drei von der AfD, jeweils zwei von Grünen und SPD und jeweils einer von Freien Wählern und ÖDP.

Söder sieht CSU auf richtigem Kurs

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger sagte, nach der Landtagswahl in Bayern hätten die Wähler nun deutschlandweit "die sachorientierte und unideologische Politik" der Freien Wähler für Europa unterstützt. Diesen Schwung aus der Europawahl wolle man nun auch auf Bundesebene nutzen, "um den politischen Stillstand in unserem Land beenden".

Söder betonte, unter national und international schwierigen Umständen habe die CSU besser abgeschnitten als vor fünf Jahren, man liege knapp zwölf Punkte über dem bundesweiten Unions-Ergebnis und habe europaweit eines der besten Parteiergebnisse erreicht. Zudem sei die CSU die einzige Partei, die sich vom "negativen Trend" der großen Koalition in Berlin abgekoppelt habe. Insbesondere der klare Kurs der Abgrenzung zur AfD zeige Wirkung. Und auch der Artenschutz-Kompromiss sei offenbar richtig gewesen, betonte der Ministerpräsident.

Es könne die CSU aber auf keinen Fall kalt lassen, dass die Grünen doppelt so viele Erst- und Jungwähler hätten. "Das geht nicht. Es ist die zentrale Aufgabe, dort stärker zu werden. Wir müssen jünger, moderner, cooler werden." Söder will deshalb nun ein Konzept erarbeiten lassen, "wie wir vom Themensetting her als auch von der Ansprache schlicht und einfach jünger und jugendgerechter werden".

SPD: keine vorschnelle Personaldebatte

Zudem müsse die CSU digitaler werden. "Die alte Welt beginnt, sich zu verabschieden, und alte Maßstäbe auch." Die CSU müsse deshalb ihre digitale Kommunikation fundamental verbessern und stärken und dafür "analoge Strukturen" reduzieren und zum Teil einstellen. Wichtig sei, auf Debatten schneller, cleverer, gelassener und nachhaltiger zu reagieren - das sei auch eine Lehre aus den vergangenen Wochen.

Bei der SPD lehnte Landtagsfraktionschef Horst Arnold nach dem Fiasko bei der Europawahl und in Bremen eine vorschnelle Personaldebatte über die SPD-Bundesvorsitzende Andrea Nahles ab. "Wir sollten ruhig bleiben", sagte Arnold. Man müsse die Wahlergebnisse erst einmal genau analysieren. Auch die große Koalition sollte nach Worten Arnolds weiterarbeiten. "Die GroKo sollte ihre Arbeit fortsetzen - allerdings mit klarer sozialdemokratischer Signatur", sagte Arnold. Die SPD müsse künftig deutlicher Positionen besetzen, etwa in der Klimaschutzpolitik.

Söder forderte neuen Schwung für die große Koalition - und ein Bekenntnis der SPD zum Regierungsbündnis. Er warnte die SPD davor, ständig über einen Austritt zu diskutieren. "Wer ständig in einer Beziehung nur darüber redet, dass er am liebsten ausziehen möchte, der wird keine harmonische Ehe in der Zukunft schaffen", sagte er.
(dpa)

15 Abgeordnete aus Bayern im Europaparlament
Aus Bayern sind künftig 15 Abgeordnete im Europaparlament vertreten. Dies sind:

CSU:
- MANFRED WEBER: Der europaweite Spitzenkandidat der konservativen Parteienfamilie EVP strebt das Amt des Kommissionspräsidenten an. Der Ingenieur stammt aus Niederbayern und sitzt seit 2004 im Europäischen Parlament.

- ANGELIKA NIEBLER: Seit 1999 ist die Münchnerin Mitglied des Europäischen Parlaments. Die Rechtsanwältin ist zudem seit zehn Jahren Vorsitzende der Frauen-Union Bayern.

- MARKUS FERBER: Schon 25 Jahre ist Markus Ferber Europaabgeordneter der CSU - und bleibt dies auch. Der Augsburger war bislang unter anderem Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung.

- MONIKA HOHLMEIER: Für die Oberfranken-CSU sitzt sie seit 2009 im Europaparlament. Bislang war die gelernte Hotelfachfrau unter anderem stellvertretende Vorsitzende im Haushaltsausschuss.

- CHRISTIAN DOLESCHAL: Der 31-jährige CSU-Politiker aus der Oberpfalz zieht erstmalig ins Europäische Parlament ein. Der Rechtsanwalt folgt auf den bisherigen Europaabgeordneten Albert Deß.

- MARLENE MORTLER: Die Mittelfränkin wechselt von Berlin nach Straßburg: Seit 2002 war sie Mitglied des Deutschen Bundestags und zuletzt seit 2014 die Drogenbeauftragte der Bundesregierung.

AFD:
- BERNHARD ZIMNIOK: Der 66-jährige Spitzenkandidat der Bayern-AfD und Oberstleutnant a.D. aus München zieht erstmalig in das Europaparlament ein.

- MARKUS BUCHHEIT: Zum ersten Mal wird der Politologe und Rechtswissenschaftler Abgeordneter im Europäischen Parlament. Der 35-Jährige arbeitet bereits seit 2014 im Europaparlament, zuletzt als Fraktionsberater der ENF (Europa der Nationen und der Freiheit).

- SYLVIA LIMMER: Auch die 53-Jährige aus Bayreuth ist als Abgeordnete neu im Europäischen Parlament. Die Biologin und Tiermedizinerin ist seit 2016 Mitglied der Partei.

SPD:
- MARIA NOICHL: Seit 2014 sitzt die Oberbayerin im Europäischen Parlament, davor war sie für die Sozialdemokraten im Bayerischen Landtag. Noichl war bislang unter anderem Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung.

- ISMAIL ERTUG: Seit 2009 ist der Amberger Mitglied des Europäischen Parlaments, saß dort im Ausschuss für Verkehr und Tourismus.

GRÜNE:
- HENRIKE HAHN: Die Spitzenkandidatin der bayerischen Grünen zieht zum ersten Mal in das Europaparlament ein. Die Politikwissenschaftlerin lebt mit ihren beiden Töchtern in München.

- PIERRETTE HERZBERGER-FOFANA: Vom Erlanger Stadtrat geht es für die Lehrerin nun ins EU-Parlament. Ihre Schwerpunkte sind unter anderem Entwicklungspolitik und Gender-Frauen-Politik.

FREIE WÄHLER:
- ULRIKE MÜLLER: Die bayerische Europa-Spitzenkandidatin der Freien Wähler hat es nach 2014 nun zum zweiten Mal ins Parlament geschafft. Zuletzt war die Landwirtin aus dem Oberallgäu unter anderem Vorsitzende der Delegation für die Beziehungen zu Australien und Neuseeland.

ÖDP:

- KLAUS BUCHNER: Zum zweiten Mal zieht der Münchner Physiker als Spitzenkandidat der ÖDP in das Europaparlament ein - auch weiter als einziger Abgeordneter seiner Partei.
(dpa)

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