Politik

Auch bayerische Schulen und Kitas sind von Abschiebungen betroffen – der Flüchtlingsrat warnt vor Traumatisierungen. (Foto: dpa/Christoph Reichwein)

15.09.2025

Abschiebungen aus Schulen: Zahl der betroffenen Kinder steigt deutlich

Mitten im Unterricht abgeholt: In Bayern und bundesweit häufen sich Fälle, in denen Kinder und Jugendliche direkt aus Schulen oder Kitas abgeschoben werden. Laut Bundesregierung waren im ersten Halbjahr 2025 über 2000 Minderjährige betroffen – mehr als elf Prozent aller Abschiebungen. Kritiker sprechen von einem Bruch mit den Kinderrechten

Zum Schuljahresbeginn wächst die Sorge über Abschiebungen von Kindern und Jugendlichen aus Bildungseinrichtungen. Im Februar dieses Jahres kam es in der Oberpfalz zu einem Vorfall, der die Debatte über Abschiebungen von Kindern neu befeuert hat: Zwei Kinder im Alter von vier und sieben Jahren wurden morgens aus Kindergarten und Grundschule abgeholt, begleitet von Polizei und Jugendamt. Weil die Mutter nicht angetroffen wurde, misslang die Abschiebung der gesamten Familie, der Vater wurde jedoch noch am selben Tag allein außer Landes gebracht. Die Kinder, in Deutschland geboren und seit Jahren hier verwurzelt, kamen in die Obhut des Jugendamts. Der Bayerische Flüchtlingsrat spricht von einem Beispiel dafür, wie gravierend die Folgen von Abschiebungen aus Bildungseinrichtungen sein können.

Die Sorge, dass solche Situationen künftig häufiger vorkommen, ist nicht unbegründet. Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion geht hervor, dass im ersten Halbjahr 2025 bundesweit 11.807 Menschen abgeschoben wurden, darunter 2040 Minderjährige im Alter von 6 bis 18 Jahren. Damit lag der Anteil von Kindern und Jugendlichen bei über elf Prozent. Hinzu kommen zahlreiche Kinder unter sechs Jahren, die in der Statistik gesondert erfasst sind. Besonders häufig betroffen waren Minderjährige aus Georgien (300), Nordmazedonien (228), Serbien (186) sowie aus der Türkei (161) und Syrien (167).

Bayern geht besonders konsequent vor

Kritisch sehen Menschenrechtsorganisationen vor allem, dass Familien dabei nicht selten auseinandergerissen werden. Nach Angaben aus der Anfrage wurden im gleichen Zeitraum 137 Minderjährige zurückgeschoben, davon 119 ohne Begleitung von Erziehungsberechtigten. Für den Bayerischen Flüchtlingsrat ist das ein Hinweis darauf, dass Kindeswohl und Kinderrechte in vielen Fällen keine ausreichende Beachtung finden. Sprecherin Jana Weidhaase warnte, dass Schulen und Kitas „nicht zu Orten der Angst vor Abschiebung werden dürfen“.

Auch Zahlen für Bayern zeigen, wie bedeutsam das Thema im Freistaat ist. Laut der Bundestagsanfrage wurden allein hier 1788 Abschiebungen veranlasst – fast so viele wie in Baden-Württemberg (1816) und deutlich mehr als in Niedersachsen (628) oder Hamburg (422). Für die Kritiker ist das ein Zeichen dafür, dass Bayern besonders konsequent vorgeht.

Der Flüchtlingsrat und andere Organisationen fordern daher, Abschiebungen von Kindern und Jugendlichen grundsätzlich zu stoppen. Statt sie aus ihrer Umgebung zu reißen, brauche es Perspektiven für junge Menschen, die in Deutschland zur Schule gehen oder eine Ausbildung beginnen. Weidhaase betont, dass Abschiebungen aus Bildungseinrichtungen nicht nur die betroffenen Kinder traumatisieren könnten, sondern auch Mitschüler:innen und Lehrkräfte. Das Vertrauen in staatliche Institutionen werde dadurch massiv belastet. (loh)

Kommentare (1)

  1. MariWei vor 1 Tag
    Der Flüchtlingsrat und die Organisationen ignorieren vollkommen, dass Abschiebungen von Kindern aus Kita und Schule nicht sein müssten, wenn, ja wenn die Eltern die Möglichkeit dDDer freiwilligen Rückkehr nutzen würden. Die Eltern könnten die Kinder auf die Rückkehr vorbereiten und es wäre für diese wesentlich leichter und verständlicher. Alle Betroffenen wissen, dass das Asylgesuch abgelehnt wurde und, wenn die freiwillige Ausreise nicht erfolgt, abgeschoben wird. Und so übernachtet man bei Bekannten (dann ist die Familie nicht vollzählig), man wird plötzlich sehr krank und begibt sich in ein Krankenhaus oder man springt bei der Abschiebung aus dem Fenster, hauptsache man verhindert die Abschiebung, denn solch eine Versorgung wie in Deutschland gibt es im Herkunftsland nicht. Die meisten Abschiebungen von Familien finden in sog. sichere Herkunftsländer statt, Syrer werden nur innerhalb der EU in erste EU-Land, in welchem sie registriert wurden, zurückgeführt. Das ist richtig und wichtig, es kann nicht sein, dass keine Abschiebungen stattfinden, nur weil Kinder und Jugendliche betroffen sind. Das würde heißen, dass alle Familie bleiben können, auch mit abgelehntem Asylantrag. Das ist gegen das Gesetz und das müssen letztlich auch die Flüchtlingshelfer einsehen. Eine Abschiebung ist nicht unmenschlich, sie ist das Ergebnis der Weigerung der freiwilligen Ausreise!
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