Politik

Diesem Herrn könnten wahrscheinlich auch Experten einer Corona-Kommission, die die Freien Wähler fordern, nicht helfen. Anderen aber vielleicht schon. (Foto: Felix Hörhager/dpa)

25.09.2020

Absurde Corona-Regeln ausbremsen

Freie Wähler fordern eine Corona-Kommission – auch um Kritik an den Maßnahmen der Staatsregierung abzufedern

Manchmal hängt alles an nur 7,5 Zentimetern. Das Überleben einer Friseurkette zum Beispiel. Wegen fehlender 7,5 Zentimeter zu dem vorgeschriebenen 1,5-Meter-Abstand zwischen den Schneideplätzen musste in den Läden von Top Hair mit Sitz im Landkreis Augsburg bislang jeder zweite Platz frei bleiben. Die Folge: ein dickes Umsatzminus.

Es sind solche „absurden Auswirkungen“ der Corona-Verordnungen, die Fabian Mehring, Parlamentarischer Geschäftsführer der Freien Wähler, mitverantwortlich dafür macht, dass Menschen das Vertrauen in die Politik verlieren. Sie seien genauso „Wasser auf die Mühlen der Aluhüte“ wie der Umstand, dass Corona-Regeln wiederholt gerichtlich revidiert werden, so Mehring.

Seine Idee: Eine Corona-Kommission aus Experten könnte pragmatische Lösungen für einzelne Härtefälle finden. „Und berechtigte Kritik schon im Vorfeld einer gerichtlichen oder gesellschaftlichen Eskalation abfedern.“ Vorbild für das neue Gremium könnte der runde Tisch zum Artenschutz sein. Oder, so Mehring, der in der Corona-Krise von der Staatsregierung einberufene Ethikrat übernimmt die Aufgabe, entsprechend erweitert.

Chef-Fraktionschef Kreuzer: "keine gute Idee"

Seinen Fraktionschef hat der FW-Abgeordnete überzeugt. Da die Corona-Pandemie in der Gesellschaft erhebliche Veränderungen bewirkt, sei es wichtig, die Folgen von Corona mit einer Kommission zu begleiten, sagt Florian Streibl. Neben Medizinern sollen ihr auch Staatsrechtler, Philosophen, Ethiker und Gesellschaftswissenschaftler angehören. FW-Chef Hubert Aiwanger indes hält sich bedeckt. „Ziel ist ein pragmatischer Umgang mit dem Coronavirus, ohne Hysterie und Verschwörungstheorien zu verbreiten“, habe Aiwanger bereits im Sommer gefordert, heißt es aus der FW-Landesgeschäftsstelle. Eine Kommission sei nun eine von einigen Ideen, wie man offen über das Thema Corona diskutieren könne.

Die Rufe nach einer Corona-Kommission sind übrigens nicht neu. Die Landtags-Grünen forderten eine Kommission zur Begleitung und Aufarbeitung der Krisenbewältigung bereits im Mai. Allerdings als parlamentarisches Gremium, besetzt mit Abgeordneten analog der Mehrheitsverhältnisse im Landtag. Bis auf die FDP lehnten alle Fraktionen den Antrag ab. Hauptbegründung: Diese Aufgabe könnten auch die einzelnen Fachausschüsse im Landtag übernehmen.

Ob die Expertenkommission der Freien Wähler auf mehr Zustimmung trifft? Beim großen Koalitionspartner CSU jedenfalls nicht. „Wir halten die Einsetzung einer Corona-Kommission für nicht notwendig und für keine gute Idee“, erklärt CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer. Maßnahmen würden im Vorfeld mit Experten, Verbänden und Betroffenen besprochen. „Natürlich werden auch die Auswirkungen auf Einzelfälle überprüft und gegebenenfalls ein Praxischeck durchgeführt“, betont er.

Schade, denn solch ein Expertengremium hätte ja auch das Potenzial, Menschen von der Notwendigkeit einzelner Maßnahmen überzeugen zu können. So aber bleibt Zweiflern weiterhin einzig der Gang zum Anwalt. Immerhin für die Friseurkette Top Hair zeichnet sich auch so eine pragmatische Lösung ab. Dort sollen jetzt Plexiglasscheiben zwischen den Sitzen den mangelnden Abstand kompensieren.
(Angelika Kahl)

Kommentare (1)

  1. Schlawiner99 am 25.09.2020
    Warum eine Expertenkommission, wenn es auch "par ordre de Mufti" geht? Es hat zudem Methode, die Frage der Verhältnismäßigkeit den Gerichten zu überlassen. Dann kann man diesen ggf schön den Schwarzen Peter zuschieben. "Man hätte ja gewollt, aber das Verwaltungsgericht..."
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.