Politik

Franz Bergmüller führte 2010 ein Aktionsbündniss gegen das absolute Rauchverbot in Bayern an. (Foto: dpa)

20.08.2018

AfD will Spitzenkandidaten rauswerfen

Machtkämpfe und Intrigen sind in der AfD Alltag. Der bayerische Landesverband ist keine Ausnahme. Schon jetzt sind heftige Reibereien in der künftigen AfD-Landtagsfraktion im Münchner Maximilianeum absehbar

Ein monatelanger Grabenkampf in der bayerischen AfD soll am Dienstag vor dem Berliner Landgericht entschieden werden: Der Bundesverband hat nach einer parteiinternen Intrige dem oberbayerischen Landtags-Spitzenkandidaten Franz Bergmüller die Parteimitgliedschaft aberkannt - dem prominentesten AfD-Bewerber im ganzen Freistaat. Der als Chef des "Vereins für den Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur" bekannte Bergmüller klagte dagegen. Das Urteil wird am 21. August verkündet, wie eine Gerichtssprecherin in der Bundeshauptstadt auf Anfrage sagte.

Bergmüller selbst blickt dem Termin grimmig entgegen: "Dienstag ist der Tag der Abrechnung, so oder so." Es sei nicht verständlich, dass die Partei ausgerechnet einen überregional bekannten und seit 32 Jahren ehrenamtlich tätigen Mann ausschließen wolle.

Der offizielle Grund für den Versuch des Bundesverbands, Bergmüller faktisch aus der Partei werfen zu wollen, liegt fünf Jahre zurück: Bevor der Gastronom aus Rosenheim 2013 der AfD beitrat, war er noch Mitglied bei den Freien Wählern. Doppelmitgliedschaften seien nicht erlaubt, heißt es in der Stellungnahme des AfD-Bundesverbands. "Franz Bergmüller trat im März 2013 in die AfD ein und im Mai 2013 bei den Freien Wählern aus. Das ergibt eine Überlappung von zwei Monaten." Zudem hat Bergmüller laut Parteizentrale nur eine Fördermitliedschaft beantragt - was dieser anders sieht. Die anstehende Entscheidung des Berliner Landgerichts will der AfD-Bundesverband nicht kommentieren.

Bergmüller ist das bekannteste Gesicht der Bayern-AfD

Tatsächlich geht es keineswegs nur um acht Wochen Doppelmitgliedschaft, sondern um Macht und Einfluss. Die AfD wird nach derzeitigem Stand am 14. Oktober mit einem zweistelligen Ergebnis in den Landtag einziehen. Landesweit bekannt wurde Bergmüller im vergangenen Jahrzehnt, als er die Opposition der Wirte gegen das Rauchverbot in der Gastronomie anführte. Kein anderer AfD-Kandidat im Freistaat hat je eine größere Rolle auf der landespolitischen Bühne gespielt.

Und der oberbayerische Bezirksverband repräsentiert als größte AfD-Gliederung im Freistaat allein etwa die Hälfte der bayerischen Mitglieder. Was bedeutet: Bergmüller wäre ein quasi natürlicher Kandidat für den Fraktionsvorsitz im Landtag. Damit würde er zu einem mächtigen Mann in der Partei werden. Nichtmitglieder können zwar auf AfD-Listen kandidieren, dürfen jedoch keine Parteiämter übernehmen.

Die AfD zieht als einzige Partei ohne einen Spitzenkandidaten in die Landtagswahl. Dafür hatten sich die Mitglieder beim Parteitag im Juni in Nürnberg mit deutlicher Mehrheit entschieden. Die sieben AfD-Bezirke stellen damit gleichberechtigte Kandidaten.

Der Wirt aus dem Weiler Unterlaus betont, wie viel er in den vergangenen fünf Jahren für die Partei getan habe: den Kreisverband Rosenheim aufgebaut und die Partei finanziell unterstützt. "Der Landesvorstand sitzt auf meinen Sesseln", sagt er. "Ich habe die Einrichtung gespendet."

Bergmüller beschuldigt den AfD-Bundesschatzmeister Klaus Fohrmann, sich mit seinen parteiinternen Gegnern verbündet zu haben und den Parteiausschluss zu betreiben. Bergmüller war zwischenzeitlich auch Vorsitzender des oberbayerischen Bezirksverbands und hatte sich dabei gegen seinen Vorgänger Florian Jäger durchgesetzt. AfD-intern wird vermutet, dass Jäger und dessen Spezln anschließend gegen Bergmüller zu wühlen begannen. Bergmüller hingegen wird dem Vernehmen nach vorgehalten, ein machtbewusster Strippenzieher zu sein, der sich frühzeitig Einfluss sichern wolle.

Und so lässt sich eines absehen: die Fortsetzung der Grabenkämpfe im Landtag.
(Carsten Hoefer, dpa)

Kommentare (2)

  1. Miiich am 22.08.2018
    Die AfD beginnt ja schon früh mit den Parteiinternen "Säuberungsaktionen". Kaum ist die 5%-Hürde kein Thema mehr schon werden die unangenehmen Helferlein der Gründungszeit nach und nach ausgeschaltet und aus der Partei gedrängt. Angefangen hat´s mit Lucke, dann kam Petry und nun Bergmüller. Der Umbau zur últrarechten, nur noch deutschnationalen Partei ist im vollen Gange. Nur der Wähler zwickt seine Äuglein gläubig zu...sie ist doch seine Alternative.....da können noch so viele Höcke´s ihre Propagandsprüche herausbrüllen, da können noch so viele glatzköpfige Springerstiefelträger auf Parteiveranstaltungen und Pegida-Märschen (vor allem im Osten) ihre Parolen und Lieder mit erhobener rechter Hand gröhlen. Man sieht nicht was man nicht sehen will.

    Was Bergmüllers Überzeugungen sind, und was ihn in dieser Partei hät, weiß ich nicht.
    Aber scheinbar hat er auch keine grundsätzlichen Ptrobleme mit der ultrarechten Richtung, die diese Partei eingeschlagen hat, sonst würde er lautstark seinen Austritt erklären, und zur Nichtwahl dieser Partei hier in Bayern aufrufen.
  2. Naja am 21.08.2018
    Derartiges Gebaren ist keines Wegs ein Alleinstellungsmerkmal der AfD, in allen anderen Parteien sind ähnliche Intrigen und Machtkämpfe zu beobachten.

    Wo es um Macht und somit um Geld geht wurde selbst in der Antike schon so gehandelt, da wurde auch vor Mord nicht zurückgeschreckt.

    Ich möchte nicht wissen, was unsere Starpolitiker der Nachkriegszeit, bis in die 80er Jahre hinein, alles auf dem Kerbholz haben.
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