Politik

30.04.2021

#allesdichtmachen: Corona-Kritik muss erlaubt sein

Ein Kommentar von Tobias Lill

Es war eine provokante Aktion: 53 Schauspieler*innen machten unter dem Hashtag #allesdichtmachen ihrem Unmut über die Corona-Politik Luft. Die ironisch-satirischen Videos waren teils stark überzeichnet. Ein Tatort-Kommissar etwa blies abwechselnd in zwei Tüten und kommentierte dazu: „Wenn jeder die Zwei-Tüten-Atmung benutzen würde, hätten wir schon längst keinen Lockdown mehr.“ Der Clip endete mit den Worten: „Ich geh jetzt mal Luft holen.“

Jan Josef Liefers bedankte sich mit ironischem Unterton „bei allen Medien unseres Landes, die seit über einem Jahr unermüdlich verantwortungsvoll und mit klarer Haltung dafür sorgen, dass der Alarm genau da bleibt, wo er hingehört, nämlich ganz, ganz oben“. Natürlich müssen die Künstler nun damit leben, dass ihnen Zynismus oder „Stumpfheit“ vorgeworfen wird. Angesichts von Menschen, die mit einer Corona-Infektion erstickten, wirkte das Tüten-Video unweigerlich verstörend. Auch ist es wenig zielführend, Journalist*innen pauschal als Regierungs-Lautsprecher zu diffamieren. Die berechtigte Kritik, dass Teile der Medien ihrem Job, die Handlungen der Mächtigen stets zu hinterfragen, während der Pandemie phasenweise nicht nachkamen, ging im anschließenden Twitter-Getöse unter.

Verbal abrüsten!

Manche Spots enthielten legitime Kritik. Etwa der von Ulrich Tukur, der überspitzt forderte, einfach gleich alles zu schließen. Tatsächlich müssen Lockdowns hinterfragt werden. In vielen Firmen ging der Corona-Schutz mit Billigung der Politik lange gegen null, während Kulturschaffenden die berufliche Existenz entzogen wurde. Zugleich sind die Hilfen für Künstler unzureichend. Darüber muss gesprochen werden.

Doch der Ton der Debatte ist vergiftet – auf allen Seiten. Ein Journalist warf den Künstlern vor, im Stil von NS-Propagandachef Goebbels zu agieren. Auch die mittlerweile zurückgenommene Forderung eines SPD-Politikers, die Öffentlich-Rechtlichen müssten die Zusammenarbeit mit den Beteiligten beenden, ist ein No-Go. Welchen Wert hat Kunstfreiheit, wenn man für einen verfehlten Beitrag mit Berufsverbot rechnen muss?

Die Lehre aus den Shitstorms sollte verbales Abrüsten sein. Denn auch nach der Corona-Pandemie müssen wir alle irgendwie miteinander auskommen.

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