Politik

Auch für Nachhilfe und Schulessen gibt's Geld aus dem Bildungspaket. (Foto: Bilderbox)

29.04.2011

Antragsfülle verdutzt Behörden

Das Interesse Betroffener am Bildungspaket des Bundes ist in Bayern deutlich höher als andernorts

Bayerns Jobcenter und Städte wehren sich gegen die angebliche Pleite beim Bildungspaket des Bundesfamilienministeriums. Vor zwei Wochen berichteten namhafte Zeitungen, dass bundesweit nur zwei Prozent der Berechtigten einen Antrag auf Unterstützung gestellt haben. Nach BSZ-Informationen ist die Quote in Bayern aber teils falsch berechnet worden. Und sie ist teils sogar dramatisch in die Höhe geschnellt – auf bis zu 34 Prozent in Regensburg. Schuld an den noch immer niedrigen Quoten ist laut den Jobcentern nicht nur der bürokratische Aufwand für den Antragssteller. An manchen Orten machen Wohlfahrtsverbände und Spendenaktionen das Bildungspaket ohnedies überflüssig.
Die Staatszeitung hat sich bei insgesamt zehn Jobcentern und Städten in Bayern erkundigt, wie sich die Antragszahlen beim Bildungspaket entwickelt haben. Antragsberechtigt sind in Deutschland Familien von 2,5 Millionen bedürftigen Kindern, die Hartz-IV, Sozialhilfe, Wohngeld oder einen Kinderzuschlag erhalten. Über das Bildungspaket können sie Zuschüsse für Sport, Musik oder Kultur, Schulausflüge und für das Mittagessen in Schulen erhalten. Auch gibt es Unterstützung für Schulunterlagen oder Nachhilfe.
Als Sieger steht die Stadt Regensburg da: 34 Prozent der 2700 Berechtigten stellten laut dem Jobcenter seit Anfang des Monats einen Antrag auf Unterstützung. Die Modalitäten dafür sollen demnächst noch verbessert werden. Denn derzeit müssen wie vielerorts manche Berechtigte die Anträge bei der Stadt, andere wiederum beim Jobcenter stellen. „Wir hoffen, dass die offenen rechtlichen Fragen zur Übertragung der Aufgaben auf eine Stelle sehr rasch geklärt werden“, sagt Birgitt Ehrl, Geschäftsführerin des Jobcenters Regensburg. Ihr Ziel: den Betroffenen eine Anlaufstelle zu bieten, an der alle die Leistungen „aus einer Hand bürokratiearm und bürgernah bekommen“.
Nicht nur in Städten, sondern auch im ländlichen Bereich liegen die Antragsquoten weit über dem medial verbreiteten Bundesdurchschnitt: So haben in Kempten bereits 20 Prozent der 2500 Familien, die einen Anspruch auf das Bildungspaket haben, einen Antrag gestellt. Die Stadt hat dort seit Anfang März Werbung gemacht – in Schulen, Kindertagesstätten und Sozialämtern. Maria Ruppolt, Leiterin des Sozialamtes: „In meinem Amt haben wir zwei neue Stellen zur Abarbeitung des Bildungspaketes besetzt.“


Traunstein ist Schlusslicht


In den Jobcentern und Städten wertet man das Bildungspaket als Erfolg. Auch Maria Ruppolt sieht das so: „Besonders positiv finde ich, dass eintägige und mehrtägige Klassenfahrten und Ausflüge zu hundert Prozent bezuschusst werden, da bisher diese Teilnahme eindeutig oft am Geld gescheitert ist.“ Weil die Zeit der Klassenausflüge erst im Frühjahr beginnt, rechnen viele Jobcenter bald verstärkt mit Anträgen.
Vor zwei Wochen war die Meldung eines angeblichen Flops des Bildungspaketes in München samt einer Antragsquote von nur 2 Prozent durch die Medien gegeistert. Das Sozialamt zählte umgehend alle Anträge nach und kam zu dem Schluss, dass immerhin 9,4 Prozent der berechtigten Hartz-IV-Empfänger und 13 Prozent der Sozialhilfeempfänger einen Antrag stellten. Die Antragszahl dürfte sich inzwischen noch erhöht haben. Zur Unterstützung des Bildungspaketes hat die Stadt allen berechtigten Eltern ein Antragsformular zugeschickt.
Auch in anderen bayerischen Städten wird das Bildungspaket gut nachgefragt: So haben nach Angaben der Stadt Augsburg 7,5 Prozent der berechtigten Familien einen Antrag gestellt, in Nürnberg waren es nur 5,5 Prozent. Und auch dort gibt man sich gelassen. Ernst Quitterer, Verwaltungsleiter der Stadt, sagt: „Die Kosten für Mittagsverpflegung für sozial schwache Kinder können Eltern bei uns unbürokratisch über den Nürnberg-Pass abwickeln. Gäbe es das System nicht, wäre die Zahl der Anträge wohl höher.“
In Forchheim zählt man derzeit 60 Anträge auf 1000 Antragsberechtigte. Roland Dauer, Geschäftsführer des Jobcenters Forchheim, versteht die Aufregung um das Bildungspaket nicht: „ Erst seit Anfang April ist klar, wie alles läuft, und in den letzten Jahren haben alle neuen Sozialleistungen eine Anlaufzeit gebraucht.“
Der Durchschnitt der von der BSZ befragten zehn Städte verzeichnet Antragsquoten von über 10 Prozent. Schlusslicht der BSZ-Umfrage ist Traunstein mit einer Antragsquote von 3,3 Prozent. Thomas Wendrich, Geschäftsführer vom Jobcenter Traunstein, begründet das so: „Ein Grund dafür, dass keine Anträge gestellt wurden, kann sein, dass es den Familien zu viel Aufwand ist.“ Zudem biete die Stadt viele der Angebote aus dem Bildungspaket bereits gratis an: „Bei uns gibt es für Kinder von bedürftigen Familien bereits ehrenamtliche Nachhilfe, und Vereine sind kulant beim Mitgliedsbeitrag für sozial Schwache.“
(Felix Scheidl)

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