Politik

(Foto: dpa/Sören Stache)

23.02.2024

Bauen? Schön wär’s

Wohnungsmangel ist Thema im Landtag

Wenn es um öffentlichkeitswirksame Ankündigungen geht, schwingt Markus Söder (CSU) gerne die ganz große Keule. So versprach er 2018 bei seinem Amtsantritt als Ministerpräsident, über die neu zu gründende staatliche Baugesellschaft BayernHeim bis 2025 insgesamt 10.000 Wohnungen zu bezahlbaren Mietpreisen bauen zu lassen. Geht man davon aus, dass er Ende 2025 gemeint hat, sind noch knapp zwei Jahre Zeit. Zu wenig, um das Ziel zu erreichen, wie Bauminister Christian Bernreiter (CSU) nun im Landtag einräumte. Immerhin erklärte er aber, bis Ende 2025 die 10 000 Wohnungen zumindest „vertraglich unter Dach und Fach“ zu haben.

Konkret sieht es aktuell so aus: 267 Wohnungen hat die BayernHeim vermietet, den größten Teil davon hat sie aber nicht selbst gebaut, sondern aus dem Bestand zugekauft. 1762 Wohnungen sind im Bau, weitere 6321 „in Planung und Entwicklung“.

Dass Söders Vorgabe kaum zu schaffen sein wird, war Insidern der Branche von Anfang an klar. Doch mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine und der folgenden Inflation sowie dem vorübergehenden Zusammenbruch von Lieferketten und Materialnachschub haben sich die Rahmenbedingungen noch einmal dramatisch verschlechtert. Um den Bedarf in Bayern zu decken, müssten jährlich rund 80.000 Wohnungen neu entstehen – vom privaten Einfamilienhaus bis zur staatlich geförderten Sozialwohnung. Noch liegen die Daten für 2023 nicht vor, aber in den ersten drei Quartalen sank die Zahl der Fertigstellungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nach Angaben des bayerischen Baugewerbeverbands um 30 Prozent auf 42 740. Der Trend geht weiter nach unten. Nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Landesamts wurden 2023 rund 25 Prozent weniger Wohneinheiten genehmigt als 2022 – und schon da gab es ein Minus. Da hilft es wenig, dass die Zahlen bundesweit noch tiefer in den Keller rutschen.

Materialknappheit und hohe Energiepreise

Die Gründe sind schnell ausgemacht. Die Baukosten sind rasant in die Höhe geschossen. Nach einer zweistelligen Steigerung 2022 nannte das Bundesbauministerium für 2023 ein weiteres Plus von durchschnittlich 6 Prozent. Vor allem Materialknappheit und die hohen Energiepreise haben dafür gesorgt. In Kombination mit den inflationsbedingt explodierten Bauzinsen ist das eine toxische Mischung. Statt bisweilen unter einem Prozent liegen die Darlehenszinsen nun je nach Laufzeit zwischen 3,5 und 4,5 Prozent. Viele Bauwillige, egal ob private Häuslebauer oder kommerzielle Bauträger, verschieben deshalb Projekte oder lassen die Finger gleich ganz davon.

Die Stimmung in der kürzlich dank Niedrigstzinsen noch boomenden Baubranche ist miserabel, der Geschäftsklimaindex Bau des Ifo-Instituts ist auf den tiefsten je gemessenen Wert abgestürzt. Wer kann, hält sich mit Altaufträgen oder Tiefbauprojekten über Wasser. Vor diesem Hintergrund klopfte sich Bernreiter selbst für den vor einem Jahr gestarteten „Wohnraum-Booster“ der Staatsregierung auf die Schulter, der mit besserer Dotierung, höheren Fördersätzen und zinsverbilligten Darlehen die Bautätigkeit anschieben soll.

Weniger Bauvorschriften würden auch helfen

Die Baubranche lobt das Programm, laut Bernreiter „werden uns die Fördermittel aus der Hand gerissen“. Wie schon 2023 stellt Bayern – inklusive Bundesmitteln – auch 2024 und 2025 jeweils mehr als eine Milliarde Euro für die Wohnbauförderung zur Verfügung. Der Freistaat sei damit in Krisenzeiten ein „stabiler und verlässlicher Partner“.


Ganz anders als der Bund, vergaß Bernreiter nicht anzumerken. Dessen Instrumente über die KfW-Förderbank seien viel zu niedrig ausgestattet, zudem sorgten plötzliche Förderstopps oder Änderungen in den Bedingungen für Verunsicherung. „Ich kann als Freistaat nicht alles auffangen, was der Bund nicht macht“, klagte Bernreiter im Bauausschuss. Eine Feststellung, die der Grüne Jürgen Mistol so nicht stehen lassen wollte. Trotz Wohnraum-Booster seien 2023 in Bayern weniger Wohnungen öffentlich gefördert worden als 2022, monierte er. „Auch Bayern kann und muss besser werden.“ Und dass die Mittel in der bayerischen Wohnbauförderung nach oben gingen, liege vor allem an den Bundeszuschüssen. Während der Freistaat heuer und im kommenden Jahr jeweils 30 Millionen Euro drauflege, kämen vom Bund einmal gut 100 und dann weitere 55 Millionen Euro dazu. Eine Rechnung, die wiederum Bernreiter zum Widerspruch anregte. „Die großen Hebel hat Berlin in der Hand“, stellte er fest.

Bei allem kleinlichen Zwist über bundes- oder landespolitische Verantwortlichkeiten wurde in der Debatte aber ein Thema vergessen, das die Baubranche schon länger umtreibt: die immer komplexer werdenden Bauvorschriften. Vieles davon nervt nämlich nicht nur, sondern macht das Bauen noch teurer, als es ohnehin schon ist. Hier könnten Bund und Land in einen einmal wirklich befruchtenden Wettstreit über das einfachere Bauen eintreten.
(Jürgen Umlauft)

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