Politik

Schwule Männer: Der Umgang von CSU und FW mit dem Thema könnte entspannter sein. Gleiches gilt beim Thema Transidente. Im Landtag haben weder CSU noch FW eigene Ansprechpartner. (Foto: dpa)

13.12.2019

Bayern vorn: leider nicht überall

Der Freistaat tut sich noch immer schwer damit, Homosexuelle und Transidente besser vor Diskriminierung zu schützen

„Leben und leben lassen“ ist eine gern zitierte Floskel, wenn es um das Miteinander im Freistaat geht. Auch von der Liberalitas Bavariae ist oft die Rede. Tatsächlich ist die Empörung vor allem dann groß, wenn Bekannt-Althergebrachtes verächtlich gemacht wird. Wehe, wenn ein Mundart sprechendes Kind wegen seines baierischen Idioms verspottet wird! Ganz anders sieht es noch immer aus, wenn es um Homosexualität geht. Oder um Transidentität.

Letzte Woche forderte der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) in Bayern wieder mal besseren Schutz gegen homophobe und transfeindliche Übergriffe. Anlass war diesmal ein schwulenfeindlicher Angriff in einem Münchner U-Bahnhof.

Warum hat Bayern keine Ansprechpartner bei der Polizei?

Betroffenenverbände wie der LSVD wünschen sich zweierlei: mehr Prävention. Und eigene Ansprechpartner bei der Polizei. Vor allem Letzteres, sagt Grünen-Abgeordnete Tessa Ganserer, „wäre ein wichtiges Signal“. Sie verweist auf eine sächsische Studie, wonach 70 bis 90 Prozent aller homophoben Übergriffe nicht angezeigt würden, weil die Betroffenen fürchten, von der Polizei nicht ernst genommen zu werden. Andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Berlin oder Hamburg haben solche Ansprechpartner.

Damit es erst gar nicht zu homophoben Angriffen kommt, wären vor allem die Schulen gefordert. Wer im Klassenzimmer erfährt, dass Homosexualität und Transidentität zur Lebenswirklichkeit gehören, wird Betroffene – und davon gibt es sehr viele – nicht reflexhaft anfeinden. Schätzungen zufolge sind rund 10 Prozent der Bevölkerung homosexuell, ein weiteres Prozent ist transident. Umgerechnet auf die 13 Millionen Bayern sind das 1,3 Millionen beziehungsweise 130 000 Menschen.

Doch ausgerechnet an Schulen mangelt es an der gebotenen Sensibilität. Kai Kundrath, Geschäftsführer des Münchner schwulen Kommunikations- und Kulturzentrums, beklagt, dass Schulbücher nach wie vor das traditionelle Familienmodell mit heterosexuellen Eltern zeigten. Und dass die Sensibilisierung für Homosexualität und Transidentität in der Lehrerausbildung praktisch nicht vorkomme. So sei „nachvollziehbar, dass Lehrer bei dem Thema hilflos sind“.

Überforderte Lehrkräfte

Zwar gibt es Fortbildungen für Lehrkräfte – auf freiwilliger Basis. Stefan Zippel, der an der Uni München eine solche Fortbildung anbietet, hat oft erlebt, wie unbeholfen Pädagogen bei Diskriminierungen homosexueller Schüler sind: „Ich stelle immer wieder fest, dass Lehrkräfte nicht wissen, wie sie sich im konkreten Fall verhalten sollen und deshalb dann einfach gar nichts tun“, so Zippel.

Zu den besonders Angefeindeten zählen Transidente. Auch hier ist Bayern keineswegs liberal. Das musste auch Christian Stern (Name geändert) erfahren. Der 24-jährige wissenschaftliche Mitarbeiter an der Uni Regensburg kämpfte ein Jahr lang dafür, dass sein neuer männlicher Vorname in der E-Mail-Adresse und am Türschild erscheint. Die Uni argumentierte formaljuristisch, es müsse erst ein offizielles Dokument vorliegen. Geschadet hätte das Entgegenkommen niemandem. So aber musste Stern die ungute Situation ertragen, dass an der Tür ein Frauenname stand, Besucher dann aber einen Mann antrafen.

Was die schwarz-orange Koalition in Bayern zu all dem sagt? Man würde es gern herausfinden. SPD, Grüne und FDP im Landtag haben eigene Ansprechpartner für die Themen Homosexualität und Transidentität, CSU und Freie Wähler leider nicht.
(Waltraud Taschner)

Kommentare (2)

  1. Neu am 15.04.2020
    Es geht hier aber nicht um Praktiken, sondern um eine dauerhafte sexuelle Neigung. Auch Homosexuelle leben in stabilen Beziehungen. Das ist kein Phänomen von Heterosexuellen. Warum man diese Beziehungsfrom bevorzugen sollte, bleibt fraglich. Sie haben das politische Problem offensichtlich nicht verstanden.
  2. Gunther Schoss am 13.12.2019
    Aha, es ist also verwerflich wenn an Schulen das klassische Familienmodell dominiert. Mehr als 90 Prozent der Kinder wachsen aber nun mal bei heterosexuellen Eltern bzw Alleinerziehenden auf. Warum muss jeglicher Minderheit derart Raum gegeben werden? Die überwiegende Mehrheit steht auch nicht auf Sado Maso Sex, Fetische oder Gruppensex. Das alles sind, sofern freiwillig, legale Praktiken und wer drauf steht - gerne! Aber man muss Kinder nicht zwanghaft mit all dem drangsalieren.
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