Politik

„Schlechte Gesetze und fehlende juristische Konsequenzen leisten dem Risiko der Korruption durch Abgeordnete Vorschub“, beklagt Transparency International (Foto: dpa/Josef Horazny)

31.07.2020

Beeinflussung transparenter machen

Die Freien Wähler wollen ein Lobbyregister für Bayern – der CSU-Koalitionspartner ist mäßig begeistert

Flugreisen, Luxushotels, Champagner und Aktienoptionen in Höhe von einer Viertelmillion US-Dollar: Neben seinem Bundestagsmandat war der CDU-Politiker Philipp Amthor für das IT-Unternehmen Augustus Intelligence tätig und warb bei der Bundesregierung um Unterstützung für das Start-up. Das Gerichtsverfahren wegen Bestechlichkeit gegen Amthor aber wurde jetzt eingestellt. „Enttäuschend“, nennt Transparency International das Urteil. „Schlechte Gesetze und fehlende juristische Konsequenzen leisten dem Risiko der Korruption durch Abgeordnete Vorschub.“ Das sehen die Freien Wähler in Bayern genauso.

„Angesichts der jüngsten Vorfälle ist es höchste Zeit, die bisherige Praxis des systematischen Wegschauens infrage zu stellen“, unterstreicht deren Parlamentarischer Geschäftsführer Fabian Mehring. Die FW-Fraktion fordert daher nach dem Vorbild Österreichs für Bayern ein verpflichtendes Lobbyregister, das Auskunft über Auftraggeber und Finanzierung von Lobbyisten gibt und klare Regeln und Standards für Lobbyarbeit festlegt. Damit rennt sie bei der Opposition offene Türen ein. Schwieriger dürfte es allerdings werden, den Koalitionspartner zu überzeugen.

Die CSU hatte schon in der letzten Legislaturperiode ein Lobbyregister abgelehnt. Und auch aktuell mahnt deren Parlamentarischer Geschäftsführer Tobias Reiß, „die Kirche im Dorf zu lassen“. Seine Fraktion stehe dem Thema zwar grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber, aber es gebe im Landtag kein Transparenzdefizit. Die „Lobbyisten“ im Maximilianeum seien Lehrerverbände oder Polizeigewerkschaften. Momentan haben 43 Verbände durch einen Sonderausweis Zugang zur bayerischen Volksvertretung. Darunter sind tatsächlich viele Berufsverbände – aber zum Beispiel auch fünf Unternehmen.

Ein Transparenzdefizit gibt es nicht, heißt es aus der CSU

Natürlich ist es nicht per se schlecht, wenn unterschiedliche Organisationen bei zunehmend komplexeren Gesetzen ihre Expertise einbringen, Interessen bündeln und einen Gesetzentwurf auf seine Praxistauglichkeit prüfen. Allerdings herrscht längst keine Waffengleichheit mehr zwischen den gesellschaftlichen Gruppen. Die meisten Lobbyisten arbeiten für finanzstarke Unternehmen, Wirtschaftsverbände und Anwaltskanzleien. Von solchen finanziellen Ressourcen können Vertreter kommunaler Behörden, öffentlicher Einrichtungen oder klammer Verbände nur träumen. Ihre Interessen gehen entsprechend unter.

In vielen EU-Ländern gibt es bereits Lobbyregister, ebenso in Kanada und den USA. Auch drei Bundesländer haben bereits ein Register eingeführt: Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Diese orientieren sich aber eher an der Verbändeliste des Bundestags und sorgen daher nicht wirklich für Transparenz. Denn für Verbände besteht keine Pflicht, sich einzutragen. Unternehmen und Kanzleien könnten es nicht einmal, selbst wenn sie es wollten. Nach der Sommerpause will die Große Koalition die Regeln verschärfen. Eine Ankündigung, die es schon öfter gab. Bislang aber haben CDU und CSU verbindliche Regelungen verhindert.

Der Verein LobbyControl nennt die Ankündigung der Freien Wähler zwar einen Schritt in die richtige Richtung. An Österreich solle sich Bayern aber lieber nicht orientieren. „Dort fehlen wichtige Angaben oder sind nicht öffentlich einsehbar“, sagt dessen Sprecher Timo Lange. Echte Transparenz lasse sich nur herstellen, wenn das Register die Ziele der Lobbyarbeit in Parlament und Regierung gleichermaßen erfasse.

Ein besseres Vorbild für Bayern ist laut LobbyControl das EU-Lobbyregister. Dort werden nicht nur die Termine der Regierung mit Lobbyisten erfasst, sondern es wird auch ein legislativer Fußabdruck erstellt. So wird protokolliert, welche Organisationen ein Gesetz an welchen Stellen beeinflusst haben. Das gibt es seit Anfang 2019 auch in Thüringen und wirkt abschreckend auf übereifrige Lobbyisten. Wie heißt es sonst immer von konservativer Seite: „Wer nichts zu verbergen hat, braucht nichts zu befürchten.“ (David Lohmann)

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