Politik

Blumen und Kerzen stehen in Arnschwang für den in einer Flüchtlingsunterkunft getöteten fünfjährigen Buben vor dem Kindergarten. (Foto: Timm Schamberger/dpa)

12.06.2017

"Behördenpanne in Arnschwang ist kein Systemfehler"

Warum durfte ein als gemeingefährlich geltender Straftäter in einer Flüchtlingsunterkunft wohnen? Die politische Aufarbeitung des Falls Arnschwang ist noch längst nicht abgeschlossen

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht in der Behördenpanne von Arnschwang einen Einzelfall. "Es ist kein Systemfehler", sagte Herrmann. Das Verwaltungsgericht München hatte den Mann, der in Arnschwang in der Oberpfalz ein fünfjähriges Kind erstach, 2014 als gemeingefährlich eingestuft. Die Regierung der Oberpfalz kannte dieses Urteil aber nicht, als der Mann in der Unterkunft aufgenommen wurde. Die Menschen in der Gemeinde im Landkreis Cham nahmen mit einem Gottesdienst Abschied von dem Buben.

Herrmann sagte, er könne zwar den Ablauf in dem konkreten Fall nicht beurteilen. Die Regel sei jedoch: "Jedes Urteil, das einen Asylbewerber betrifft, egal in welchem Verfahren, ist in seine Ausländerakte aufzunehmen. Damit hat jede weitere Behörde, die später mit dem Ausländer zu tun hat, automatisch alle entsprechenden Vorgänge in den Akten."

Herrmann ergänzte: "Wieso - von dem, was ich auch nur gehört habe - dieses Urteil nicht in dem Akt war, den die Regierung der Oberpfalz hatte, kann ich nicht beurteilen." Das müssten nun die betroffenen Stellen und Mitarbeiter nachvollziehen.

Die Polizei erschoss den Täter

Ein 41-jähriger afghanischer Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in Arnschwang hatte das Kind am Samstag getötet und dessen Mutter schwer verletzt. Der sechsjährige Bruder erlitt einen Schock. Motiv für die Tat war wohl, dass sich der Mann durch die Kinder in seiner Ruhe gestört fühlte. Die Polizei erschoss den Mann.

In der Pfarrkirche St. Martin versammelten sich am Freitag die Kindergartenfreunde des getöteten Buben zur Andacht. Begleitet wurden sie von Eltern, Kindergärtnerinnen und weiteren Gemeindemitgliedern. Auch Bürgermeister Michael Multerer sowie Vertreter von Polizei und Rotem Kreuz nahmen teil.

"Es wäre gelogen, wenn wir sagen würden: Alles wird wieder gut!", sagte Pfarrer Joseph Kata. "Unser Leben ist jetzt anders. Samir wird uns unendlich fehlen." Die Kinder legten bunte Blumen vor dem Altar nieder.

Aktuell werden vier Strafttäter mit einer Fußfessel überwacht

Die Hilflosigkeit in dem Ort ist angesichts der schrecklichen Tat groß. "Es ist eine absolute Tragödie", sagte eine Frau. "Man weiß gar nicht, was man da tun kann", ergänzte eine andere. Bürgermeister Multerer forderte eine Aufarbeitung. Der Fall sei inzwischen ein Politikum. "Aber heute steht die Trauer im Vordergrund."

Als verurteilter Straftäter hätte der 41-Jährige nach Afghanistan abgeschoben werden sollen. Doch er hatte sich als Konvertit, der vom Islam zum Christentum übergetreten war, rechtlich dagegen gewehrt, so dass 2014 ein Abschiebeverbot ausgesprochen worden war. Weil für den Mann ein Kontaktverbot zu seiner Ex-Frau bestand, musste er eine elektronische Fußfessel tragen.

Nach Angaben des Innenministeriums werden derzeit vier abgelehnte Asylbewerber in Bayern als Straftäter mit einer elektronischen Fußfessel überwacht. "Diese vier verurteilten Straftäter haben in Deutschland nichts verloren", erklärte Herrmann. Eine Abschiebung sei aber "bislang leider nicht möglich". Drei der vier Gewalttäter seien Iraker. Abschiebungen in weite Teile des Iraks sind derzeit gestoppt. Herrmann will sich diese Woche bei der Innenministerkonferenz in Dresden dafür einsetzen, Straftäter und Gefährder künftig wieder in alle Landesteile des Iraks abzuschieben. Der vierte Straftäter ist ein Mann aus Westafrika, bei dem die notwendigen Reisedokumente noch nicht beschafft werden konnten.
(dpa)

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