Politik

Ski-Idylle im Zugspitzmassiv: In den Wintersportgebieten wird eifrig an Konzepten für die bevorstehende Saison gefeilt. (Foto: dpa/Sven Hoppe)

09.10.2020

Bloß kein bayerisches Ischgl

Bayerns Wintersportorte rüsten sich für die Skisaison – die soll keinesfalls coronabedingt ausfallen

Für manchen dürfte diese Nachricht ein Schock gewesen sein: Mitte August gab das kleine Schweizer Skigebiet Fideriser Heuberge bekannt, dass man die Lifte im Winter 2020/2021 nicht öffnen wird: Wegen der Corona-Pandemie befürchtet man in der Graubündner Region, dass ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich ist.

In bayerischen Touristenorten hingegen sollen Skifahrer auf ihre Kosten kommen. Derzeit wird eifrig an Konzepten für die bevorstehende Saison gefeilt.

Denn eines ist klar: Ohne umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen geht’s nicht. Zu frisch ist die Erinnerung an Ischgl, wo sich vor gut sieben Monaten Tausende von Urlaubern infizierten und das Virus dann in ganz Europa verbreiteten.

Florian Weindl, Leiter der Tourist-Information in Reit im Winkl, hebt hervor, dass es in der oberbayerischen Gemeinde keine riesigen Bettenburgen gibt, sondern hauptsächlich kleine Übernachtungsbetriebe, in denen Gäste problemlos Abstand halten könnten. Und dass die berüchtigten Après-Ski-Partys, bei denen sich in Tirol wohl viele angesteckt haben, in den Chiemgauer Bergen gar nicht veranstaltet werden. „Bei uns“, sagt Weindl, „suchen die Gäste Ruhe, Sonne und Schnee.“

Doch was ist mit den Menschentrauben, die sich gerade an Wochenenden beim Anstellen an Kassen und Liften bilden? Mit der Enge in Gondeln und Kabinenbahnen? Auch darüber mache er sich keine Sorgen, sagt der Tourismuschef. Platz gebe es ja genug, sodass man Abstand halten könne – „die Warteschlange ist dann eben länger“. Außerdem gehörten Helm, Handschuhe sowie Multifunktionstuch oder Skimaske vor Mund und Nase ohnehin zur Grundausstattung der Sportler. Das reduziere die Ansteckungsgefahr, zumal man sich ja fast nur an der frischen Luft aufhalte.

Wie das Sicherheitskonzept im nahe gelegenen Skigebiet Winklmoosalm für diesen Winter genau aussehen wird, steht nach Angaben der Betreiberfamilie Höflinger noch nicht fest. Das hängt unter anderem davon ab, wie sich das Pandemie-Geschehen bis dahin entwickelt, sagt Hans Höflinger und verweist auf den Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte (VDS). Dieser stimmt sich zurzeit noch mit den zuständigen Ministerien ab, teilt eine Sprecherin mit.

Masken und Online-Tickets

Seit Anfang Mai gebe es ein Hygienekonzept für Seilbahnen, auf dessen Grundlage die Betreiber individuelle Regelungen entwickelt und im Sommer umgesetzt hätten. „Das wurde von den Gästen gut akzeptiert“, sagt die Sprecherin. „Somit kann die Branche in der Vorbereitung auf den Winter bereits auf die Erfahrungen einer ganzen Saison zurückgreifen.“ Bisher stehe fest, dass Großkabinen-Bahnen maximal zu 80 Prozent belegt würden, „obwohl 100 Prozent erlaubt wären“. Außerdem gilt dort, wo die vorgeschriebenen Abstände nicht eingehalten werden können, eine Maskenpflicht.

Ähnliches ist aus anderen Skigebieten zu hören, wo man die Infektionszahlen ebenfalls ständig im Auge behält, um Vorschriften im Bedarfsfall zu verschärfen. Momentan sei das „ein komplettes Stochern im starken Nebel“, seufzt Andreas Stadler, Pressesprecher der Arber-Bergbahn im Bayerischen Wald. Aktuell dürfen sechs Personen mit Mund-Nasen-Schutz in die Gondel. Die Maske muss auch an den Stationen selbst sowie beim Kauf der Tickets getragen werden. In den sechs Restaurants am Großen Arber werde Sicherheit ebenfalls großgeschrieben: unter anderem mit größeren Abständen zwischen den Tischen und penibler Registrierung der Gäste, sagt Stadler: „Das bedeutet natürlich einen gewissen Aufwand, aber wir ziehen das ganz streng durch.“ Gerade arbeite man auch an einem Online-Ticketshop, um Wintersportlern das Anstellen an der Kasse zu ersparen.

Falls der Zustrom zu groß werden sollte, könne man ihn durch Zeitkontingente reglementieren – „die einen dürfen dann vormittags fahren, die anderen nachmittags“, so der Pressesprecher. Die Parkplatzmöglichkeiten seien ohnehin begrenzt, ebenso die Kapazitäten der Skibusse, die man in diesem Jahr vorsichtshalber nicht erhöht habe. Dass solche Lenkungsmaßnahmen nötig werden, damit rechnet im Bayerischen Wald jedoch kaum jemand. Overtourism sei hier bisher ebenso ein Fremdwort wie Après-Ski, sagt Stadler.

In den Skigebieten Sudelfeld, Spitzingsee-Tegernsee, Brauneck-Wegscheid und Wallberg, die allesamt zum Alpen-Plus-Verbund gehören, baut man ebenfalls darauf, dass mehr Skifahrer als bisher ihre Skipässe online kaufen, teilt Alpen-Plus-Pressesprecherin Antonia Asenstorfer mit. Eine kontaktlose Alternative zum Kassenautomaten hält man auf mehreren Stellplätzen bereit: den digitalen Parkschein per Smartphone-App. Fast müßig zu sagen, dass die Maske obligatorisch sein wird – überall dort, wo man die Mindestabstände nicht einhalten kann. Und falls die Saison vorzeitig beendet werden müsste, könnten Inhaber von Saisonskipässen einen Teil des Kaufpreises zurückbekommen, sagt Asenstorfer.

Ob sich die Wintersportler darauf einlassen? Mit einiger Sorge hat man im bayerischen Wirtschaftsministerium registriert, dass die Übernachtungszahlen im Freistaat in der Wintersaison 2019/2020 nach Jahren des Höhenflugs zurückgingen, wegen des coronabedingten Einbruchs Anfang März. Doch in den Touristengemeinden selbst gibt man sich optimistisch. Nicht nur wegen der Beteuerungen von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW), dass Urlaub in Bayern auch im Winter „eine sichere Angelegenheit“ sei. Sondern auch wegen der Erfahrungen in den Sommermonaten, als gerade in der Alpenregion die Gäste- und Übernachtungszahlen wieder in die Höhe schnellten, weil Reiseziele im Ausland wegfielen. Für die Wintersaison registrieren Tourismusverantwortliche ebenfalls vermehrt Anfragen. Denn, sagt Antonia Asenstorfer, „die Leute wollen einfach raus“.
(Brigitte Degelmann)

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