Politik

China: ein riesiges Land mit Millionen Konsumenten – für bayerische Unternehmen bietet das durchaus Chancen. (Foto: Getty Images/xia yuan)

29.03.2019

Chinas Begehrlichkeiten

Investoren aus dem Reich der Mitte in Bayern: Fluch oder Segen?

Erst kaufen die Chinesen den Transrapid – eine deutsche Erfindung – und bauen ihn einfach nach. Dann erwerben sie den Augsburger Roboterhersteller Kuka, und Ende Dezember 2018 ist der Münchner Technologiekonzern Krauss-Maffei in Shanghai an die Börse gegangen. Wirtschaftsexperten beäugen das chinesische Engagement in Bayern seit Langem mit Skepsis. Tatsächlich hat sich jetzt gezeigt, dass die Warnungen der China-Kritiker so weit hergeholt nicht sind: Der von chinesischen Investoren aufgekaufte Roboterhersteller Kuka hat angekündigt, im Augsburger Werk 350 der insgesamt 4000 Stellen abzubauen. Dabei sollte eine Investorenvereinbarung eigentlich Jobs und Standorte bis 2023 sichern.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber ist entsetzt über die Entwicklung in seiner Heimatstadt: „Ich wollte immer eine europäische Lösung für Kuka. Das hat nicht funktioniert. Jetzt zeigt sich, dass China nie an Kuka, sondern nur an der Technologie interessiert war.“ Bereits seit Langem fordert er von Brüssel einen selbstbewussteren Umgang mit China und eine bessere Investitionskontrolle. „Das Gewicht des EU-Binnenmarkts als größter Wirtschaftsraum der Welt müssen wir stärker in die Waagschale werfen“, sagt Ferber. Außerdem verlangt er, chinesische Firmen nicht in den Binnenmarkt zu lassen, solange europäischen Unternehmen im Reich der Mitte kein fairer Marktzugang gewährt wird.

„Grundsätzlich hat er recht“, meint Stefan Geiger, Geschäftsführer und Vorstandsmitglied des Wirtschaftsverbandes Chinaforum Bayern e.V. Er findet einen kritischen Umgang mit den Chinesen durchaus angemessen. „Aber China als Buhmann hinzustellen, ist nicht gerecht“, so Geiger.

Exportiert werden vor allem Fahrzeuge und Fahrräder

Tatsächlich läuft es in einigen Fällen auch ordentlich. Zumindest bisher. Bei Krauss-Maffei beispielsweise ist man mit der Übernahme durch ChemChina durchaus zufrieden. Das Münchner Traditionsunternehmen wird weiterhin aus der bayerischen Landeshauptstadt heraus geführt. Einziger Unterschied: Durch die Börsennotierung in Shanghai kann der Spezialmaschinenbauer für die Kunststoff und Kautschuk verarbeitende Industrie schneller wachsen, weil er jetzt Zugang zum chinesischen Kapitalmarkt hat. Auch die Belegschaft und die Gewerkschaft sind damit zufrieden, denn das alles verheißt Arbeitsplatzsicherheit und sogar Schaffung zusätzlicher Jobs.

Auch beim Autositzhersteller Grammer aus dem oberpfälzischen Amberg waren chinesische Investoren willkommen, um die bosnische Investorenfamilie Hastor aus dem Aktionärskreis zu drängen. Inzwischen hält der chinesische Autozulieferer Ningbo Jifeng über 80 Prozent der Grammer-Aktien, und im benachbarten Ursensollen (Landkreis Amberg-Sulzbach) entsteht gerade für 40 Millionen Euro eine neue Konzernzentrale.

Doch auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bleibt skeptisch: „Drohende feindliche Übernahmen von deutschen Technologieführern sind ein Problem, bei dem wir nicht tatenlos zuschauen dürfen.“ Ihm ist wichtig, dass bayerische Innovationen nicht von China gekapert werden, und er will, dass technologieintensive Unternehmen in Bayern bleiben – gute Rahmenbedingungen sollen dabei helfen. Dazu zählen steuerliche Forschungsförderung auf Bundesebene, wettbewerbsfähigere Unternehmenssteuern sowie niedrigere Stromsteuern.

CSU und FW wollen, dass Bayern vor allem bei IT-Services unabhängiger wird von Drittstaaten

Europapolitiker Ferber warnt darüber hinaus vor trojanischen Pferden in zentraler IT-Infrastruktur. Also davor, dass chinesische und andere außereuropäische IT-Technologie-Produzenten Know-how aus bayerischen Firmen abgreifen. Europäische IT-Firmen müssten generell unabhängiger werden von Drittstaaten. Das sieht auch Manfred Gößl so, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK): Eine Möglichkeit könne der gezielte Aufbau von eigenen Unternehmen als Gegenpol zu den internationalen Wettbewerbern sein, so Gößl. Er regt die Einrichtung einer Agentur für herausragende Innovationen an. Hier müsse jedoch auch der Staat tätig werden. So könne der Staat für gänzlich neue Technologien beispielsweise in der IT-Sicherheit konkrete Ziele definieren und erster Pilot-Anwender sein.

Unterm Strich bleibt China für Bayern allerdings ein überaus bedeutender Exportmarkt – auch wenn sich das Wachstum in der Volksrepublik verlangsamt. China hat immer noch enormen Nachholbedarf und ist sehr erpicht auf Konsumgüter aus dem Westen, um seine Bürger damit zu versorgen. So verwundert es nicht, dass das Reich der Mitte 2018 zweitwichtigstes Exportland für die Unternehmen im Freistaat war. Nach China geliefert wurden dabei vor allem Fahrzeuge und Fahrräder, elektrotechnische Produkte, Maschinen sowie chemische Erzeugnisse. Insgesamt wurden 2018 Waren und Dienstleistungen im Wert von 16,8 Milliarden Euro nach China exportiert. Das entspricht 18,1 Prozent der gesamten Ausfuhr Deutschlands nach China.

2018 unterhielten 1571 bayerische Firmen Geschäftsbeziehungen mit China, darunter BMW, MAN, Siemens, BayWa, Giesecke+Devrient, Diehl, Rohde & Schwarz und Kathrein. (Ralph Schweinfurth)

Kommentare (1)

  1. rustyoldguy am 29.03.2019
    Es scheint, als ob das Rennen um die wirtschaftliche Zukunft schon gelaufen ist.

    Gerade erst habe ich von einer Firma aus Hirschau gelesen, wo Geschäfte mit chinesischen Firmen deren Untergang besiegelte. Doch nicht nur China sollte man kritischer betrachten. Auch Unternehmen aus anderen, europäischen Staaten sollte man kritischer betrachten. Gerade bei uns in der Oberpfalz, im Landkreis Amberg-Sulzbach haben dies die letzten Jahre deutlich gezeigt. Offenbar zeigt es sich nun, das sich die deutsche Wirtschaft viel zu lange auf den Erfolgen vergangener Tage ausgeruht hat. Der Ausverkauf hat schon längst begonnen und ist nicht mehr aufzuhalten. Ist das Knowhow einmal transferiert, bedeutet ist das Ende nur eine Frage der Zeit.
    Es ist zu befürchten, das eine Studie der Universität Oxford, welche der deutschen Wirtschaft einen Verlust von Arbeitsplätzen bei Sage und Schreibe 18 Millionen bis zum Jahre 2030 ansiedelt, Recht behalten könnte. Siehe auch den Automobilsektor, die wegfallenden Stellen bei Audi, VW, Ford.

    Infos zur oben genannten Firma:
    https://www.onetz.de/deutschland-welt/amberg/pleite-hirschau-millionenklage-gegen-yingli-id2674824.html
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