Politik

Finanzminister Markus Söder (CSU) mit der Salvator-Traditionskette der Königstreuen neben Philipp Graf von und zu Lerchenfeld. Letzterer ist der Topverdiener im Bundestag. (Foto: dpa)

09.08.2016

CSU-Großverdiener im Bundestag

Fast die Hälfte der CSU-Bundestagsabgeordnetenhat teils erhebliche Zusatzeinkünfte durch Nebentätigkeiten. Die Spitzenverdiener stammen allesamt von der Union

Gut 9300 Euro Diäten kassieren Bundestagsabgeordnete derzeit. Für viele ist das wohl nur ein Zubrot: Ein Viertel der Parlamentarier gibt Nebenverdienste zu Protokoll - manche in siebenstelliger Höhe.

Fast die Hälfte der CSU-Bundestagsabgeordneten (27 von 56) hat nach Berechnungen von Abgeordnetenwatch.de teils erhebliche Zusatzeinkünfte durch Nebentätigkeiten. Bei der CDU ist es demnach gut jeder Vierte (29 Prozent), bei der SPD jeder Fünfte (21 Prozent). Insgesamt haben 162 von 630 Volksvertretern seit der Bundestagswahl 2013 mindestens einen Zusatzverdienst neben ihren Diäten (seit Juli 9327 Euro pro Monat) ausgewiesen, wie die Transparenzorganisation am Dienstag in Berlin berichtete.

Sechs Abgeordnete kämen auf Zusatzeinkünfte der nach oben offenen Höchststufe 10, also über 250 000 Euro. An der Spitze der Topverdiener steht - wie schon in der Abgeordnetenwatch-Tabelle des Vorjahres - der CSU-Finanzpolitiker und Landwirt Philipp Graf von und zu Lerchenfeld mit mindestens 1 729 500 Euro seit der Wahl 2013. Dahinter lägen mit Johannes Röring (CDU/mindestens 1 321 500 Euro), Albert Stegemann (CDU/mindestens 1 206 000 Euro) und Stephan Harbarth (CDU/mindestens 1 025 000 Euro) weitere Unionspolitiker. Auch bei den Grünen streichen 17,5 Prozent der Abgeordneten Nebenverdienste ein (11 von 63), bei der Linkspartei 14 Prozent (9 von 64), wie Abgeordnetenwatch.de mitteilte. "Insgesamt kassierten die Parlamentarier in der laufenden Legislaturperiode mindestens 18,07 Millionen Euro nebenher", aber es könnten auch bis zu 33,6 Millionen Euro sein, hieß es. Der Grund für die große Grauzone: Abgeordnete müssen nicht die tatsächliche Höhe eines Nebenverdienstes veröffentlichen, sondern ihre Einkünfte nur einer von zehn groben Stufen zuordnen.

Manche Abgeordnete verdienen mehr als die Bundeskanzlerin

Die Transparenzorganisation kritisierte: "Ob ein Abgeordneter 250 001 Euro, 1 Million Euro oder sogar mehr erhält, ist nicht ersichtlich. Von daher ist der Graubereich bei den Nebeneinkünften aller Volksvertreter sogar noch höher als die von Abgeordnetenwatch.de ermittelten 15,6 Millionen Euro." Der Bundestag teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag mit, man könne "solche Spekulationen nicht kommentieren".

"Dass einzelne Abgeordnete mit ihrem Nebenjob unter Umständen mehr als die Bundeskanzlerin (Angela Merkel, CDU) verdienen, ist skandalös. Wir müssen jetzt darüber diskutieren, ob Nebeneinkünfte nicht komplett verboten gehören", sagte der Geschäftsführer von Abgeordnetenwatch, Gregor Hackmack. Bei Freiberuflern und Selbstständigen wie Landwirten oder Rechtsanwälten sei nicht einmal bekannt, woher die Einkünfte stammen, hieß es. Nur wenige Abgeordnete wie die Landwirte Lerchenfeld und Stegemann legten immerhin freiwillig offen, wer ihre Geschäftspartner sind.

Hackmack betonte: "Wenn unsere Volksvertreter mehrere Millionen Euro von unbekannten Geldgebern kassieren, ist dies ein Einfallstor für Lobbyisten." Weitreichendere Transparenzpflichten würden etwa in Großbritannien gelten. "Britische Unterhausabgeordnete müssen ihre kompletten Einkünfte, sämtliche Geschäftspartner und sogar den zeitlichen Aufwand ihrer Nebentätigkeiten offenlegen. Es gibt keinen Grund, warum diese Transparenzpflichten nicht auch für Bundestagsabgeordnete gelten sollen." (Werner Herpell, dpa)

Kommentare (2)

  1. Zitrone am 10.08.2016
    Rund 120.000 € Jahreseinkommen sind sicher ganz ordentlich und angemessen, wenn die Gegenleistung stimmt. Wie jedoch bei dieser Arbeitsbelastung, die von allen Abgeordneten beklagt wird, noch diese Nebeneinkommen erzielt werden können, ohne dass die Hauptarbeit leidet, frag ich mich schon lange.
  2. Florian am 09.08.2016
    So befremdlich und ärgerlich ich hohe Nebenverdienste von Volksvertreterinnen und Volkvertretern finde, so finde ich dennoch, Sie sollten sich bei der Wortwahl etwas zügeln: Abgeordnete "kassieren" keine Diäten, sie erhalten diese als monatliche Entschädigung für einen arbeitsreichen Alltag und Wochenarbeitszeiten von oft 50 bis 70 Stunden.
    9.300Euro pro Monat ist dennoch für die meisten von uns ein hoher Betrag. Ich halte ihn für gerechtfertigt. Nebenbei noch ein bis zwei Mio. Zuverdienst halte ich auch noch nicht per se für schlecht. Wenn man Bücher veröffentlicht, Vorträge hält, noch Eigentümer eines Unternehmens ist, das man nicht gleichzeitig führt, oder qua Amt in Gremien vertreten ist, ist das das eine. In Aufsichtsräten von Industrieunternehmen zu sitzen, hat hingehen oft ein Geschmäckle. Kurzum: dem Artikel hätte ich mir etwas weniger reißerisch gewünschtbund ein wenig differenzierter auch.
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