Politik

Viehhalter werden oft jahrzehntelang nicht kontrolliert (Symbolbild). (Foto: picture alliance/imageBROKER/David & Micha Sheldon)

13.06.2025

Das Leiden der Lämmer

BSZ-Recherche: Bayerns Veterinärämter haben zu wenig Personal

Es sind schockierende Bilder, die eine Tierschutzorganisation vor einigen Wochen veröffentlicht hat: Gezeigt werden Kühe, die auf widerlichste Art und Weise gequält werden. Die Aufnahmen stammen mutmaßlich von Bayerns größtem Milchviehbetrieb in Bad Grönenbach. Es ist nicht der erste Vorfall, der dem Betrieb aus dem Unterallgäu angelastet wird. Doch trotz Anklage gibt es noch immer kein Gerichtsverfahren gegen die Betreiber.

Und es gibt weitere erschreckende Fälle, die publik geworden sind. Die Dunkelziffer dürfte jedoch deutlich höher sein. Denn kontrolliert wird nur ein Bruchteil der mehr als 50.000 Viehhalter in Bayern. Eine Anfrage der FDP im Bundestag von 2018 ergab, dass – statistisch gesehen – ein Betrieb in Bayern nur alle 48 Jahre mit einer Kontrolle rechnen muss.

Das bayerische Verbraucherschutzministerium und auch der Bayerische Bauernverband (BBV) monieren, dass die Erhebung wenig Aussagekraft habe. Fakt ist, dass die Staatsregierung reagierte: Sie schuf die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV), die sich seitdem eigens um die Kontrolle der großen Betriebe und Schlachthäuser kümmert. Zudem stockte der Freistaat die Zahl der Veterinärstellen auf. So entstanden in den vergangenen Jahren 100 weitere Stellen.

Schlechte personelle Ausstattung

Doch nach wie vor ist die personelle Ausstattung der für die Kontrollen zuständigen Veterinärämter schlecht: 500 Tierärzte kommen auf rund 50.000 Betriebe. Dass personell noch viel Luft nach oben ist, bestätigen auch mehrere von der Staatszeitung angefragte Landratsämter. 14 Personen sind etwa im Veterinäramt des Landkreises Miesbach für rund 5000 Betriebe zuständig. „Eine große Herausforderung“ nennt das eine Sprecherin. Als „dringend notwendig“ erachtet man im Landkreis München eine Aufstockung. Noch deutlicher wird die Vertreterin einer anderen Behörde hinter vorgehaltener Hand: „Wir sind seit vielen Jahren und bis heute mit der personellen Situation extrem unzufrieden.“ Die Arbeitsbelastung sei sogar höher als vor einigen Jahren. Das liegt der Sprecherin zufolge an deutlich mehr Einsprüchen von Tierhaltern und Landwirten gegen behördliche Anordnungen – und dem eigenen Wunsch, mehr für den Tierschutz zu tun. Nur etwa alle zehn Jahre werde im Schnitt ein Betrieb in ihrem Landkreis kontrolliert, beklagt eine weitere Behörde.

Doch selbst wenn die Staatsregierung jetzt beschließen würde, die Zahl der Veterinärstellen zu verdoppeln: So viel Nachwuchs fände sich auf die Schnelle gar nicht. Und mehr Kontrollen allein würden auch kaum helfen: Der eingangs erwähnte Milchviehbetrieb wurde mehrfach kontrolliert – ohne Beanstandungen.

„Eine hundertprozentige Überwachung ist weder leistbar noch bezahlbar“, findet die CSU-Landtagsabgeordnete Petra Loibl, die selbst Tierärztin und Landwirtin ist. Der Schlüssel liegt für sie unter anderem in mehr Aufklärungsarbeit in den Betrieben. Das sieht auch der BBV so: „Es ist für Mensch und Tier besser, negative Entwicklungen über Prävention von Anfang an zu verhindern, als sie hinterher durch Kontrollen aufdecken zu müssen.“

Mehr Fachwissen nötig

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Paul Knoblach, selbst Biolandwirt, fordert mehr Fachwissen bei Kontrolleuren und Ermittlungsbehörden: Oft gebe es vor Gericht Probleme mit der Verwertbarkeit der ermittelten Verstöße. So manches Urteil falle zudem zu milde aus, weil Staatsanwaltschaft und Richter Erfahrung im Umgang mit Tierschutz fehle.

Helfen könnte auch eine Datenbank mit Infos aus Molkereien, Schlachthöfen und Tierbeseitigungen, auf die Behörden Zugriff haben. So sah es die von der Ampel-Regierung geplante Reform des Tierschutzgesetzes vor. Ebenso wie eine verpflichtende Videoüberwachung in allen Schlachthöfen. Doch die Reform blieb wegen des Scheiterns der Ampel aus.

Neue Impulse aus der Politik gibt es bisher nicht – weder vom Freistaat noch vom Bund. Dabei wäre es an der Zeit. Damit es Tierquäler schwerer haben – und damit die große Zahl an Betrieben, in denen es wirklich vorbildlich läuft, nicht weiter in Verruf gerät.
(Thorsten Stark)

 

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