Politik

18.08.2022

Braucht Bayern einen staatlichen Energieversorger?

Fabian Mehring, Parlamentarischer Geschäftsführer der FW-Landtagsfraktion, hält die Privatisierung des Bayernwerks unter der Regierung Stoiber für einen "historischen Fehler". Er fordert aufgrund der Lehren aus dem Ukrainekrieg und der russischen Erdgas-Erpressung die erneute Gründung eines bayerischen Energieversorgers in Staatshand. Ex-CSU-Chef Erwin Huber lehnt dies indes ab. Denn dadurch werde keines der derzeitigen Probleme im Energiebereich gelöst.

JA

Fabian Mehring, Parlamentarischer Geschäftsführer
der FW-Fraktion im Bayerischen Landtag

Angesichts Putins Überfall auf die Ukraine müssen wir konstatieren: Wir sind Zeugen einer neuen Art von Wirtschaftskrieg, im Zuge dessen sensible Elemente der Daseinsfürsorge als geopolitische Waffen in Anschlag gebracht werden. So droht Putins außenpolitischer Amoklauf für kalte Wohnungen und ökonomische Verwerfungen in unserer Heimat zu sorgen. Das macht uns erpressbar – als Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Diese Fehlentwicklung keimt im ungezügelten Privatisierungsrausch der 90er. Unter Edmund Stoiber hat Bayern sein volkswirtschaftliches Tafelsilber verschleudert. Darunter auch das Bayernwerk als staatseigenen Akteur auf dem Energiesektor. Ein historischer Fehler!

Keinesfalls deshalb, weil der Staat der bessere Unternehmer wäre. Wohl aber, weil der Staat sich auf Märkten, welche die Grundversorgung der Menschen sichern, niemals gänzlich aus dem Staub machen darf. Schließlich brauchen wir auch dann Energie und Wärme, wenn der Markt versagt oder von Kriegstreibern manipuliert wird. Folgerichtig würde niemand erwägen, die Trinkwasserversorgung der bayerischen Bevölkerung vollständig aus der Hand zu geben. Keiner würde die Frage, ob Wasser aus bayerischen Leitungen kommt, einem russischen Staatskonzern anheimstellen.

In der Energiepolitik haben wir exakt so agiert – das fällt uns nun auf die Füße. Zeit, diesen Fehler zu korrigieren! Wieder einen staatlichen Player auf dem Energiesektor zu haben, würde helfen, bezahlbare Energie für Menschen und Industrie zu gewährleisten. Auch ein „Turbo für die Erneuerbaren“ würde besser zünden, wenn der Staat selbst agieren könnte, statt als Bittsteller gegenüber Großkonzernen auftreten zu müssen.

Schließlich würde ein Bayernwerk 2.0 die Chance eröffnen, uns mit echter „Heimatenergie“ von der energiepolitischen Geisterfahrt der Berliner Ampel zu emanzipieren. Unsere Nachbarn machen es vor: Was Österreich und Baden-Württemberg können, können wir Bayern doch schon längst! 
 

NEIN

Erwin Huber, Ex-CSU-Chef sowie
ehemaliger bayerischer Finanz- und Wirtschaftsminister

Schon raffiniert! Mit einem Schuss drei Treffer: dem Bürger eine Lösung vorgaukeln, die CSU kritisieren und den eigenen Wirtschaftsminister anrempeln. Es geht um die FW-Leuchtrakete: ein neues Staatsunternehmen „Energieversorgung“. In Bayern sind Gas und Strom knapp, die Bürger besorgt. Flugs wird ein altes Kaninchen aus dem Hut gezaubert, wie bei staatsgläubigen Kommunisten: ein Staatsunternehmen! Prüffrage 1: Wo soll ein staatliches Start-up-Unternehmen Gas oder Strom herzaubern? Auf dem internationalen Parkett erschleichen? Andere enteignen? Also: Die Idee bringt keine Kilowattstunde mehr, keine Lösung.

Der Vorwand, bei Daseinsvorsorge muss der Staat tätig werden, ist ein alter Kalauer. Nach dieser Logik müsste man staatliche Bäckereien für die Brotversorgung gründen. Doch dann würde auch noch das Brot knapp! Die großartigen Leistungen von Staatsunternehmen kann man tagtäglich bei der Deutschen Bahn bewundern.

Die Stoiber-Regierung verkaufte das damalige Bayernwerk. Angeblich ein Fehler. Prüffrage 2: Warum wurde es verkauft? Weil die europäische Liberalisierung des Strommarkts das Monopol des Bayernwerks beseitigte. Das Beste war, sagt einer, der dabei war: versilbern und den Erlös in die technologische Zukunft Bayern investieren. Auch ein Staatsunternehmen müsste innerhalb der jetzigen prekären Marktsituation agieren. Folgt: keine Lösung! Ein Staatsunternehmen könnte vielleicht Stromleitungen bauen vom Norden nach Bayern. Wie wichtig wären jetzt solche Leitungen! Verzögert von Seehofer, stets bekämpft von den Freien Wählern. Der Bund musste eingreifen. Nun laufen die Genehmigungen.

Prüffrage 3: Was kann ein Staatsbetrieb jetzt noch bringen? Antwort: nichts. Den eigenen Wirtschaftsminister vorzuführen mit der Aufforderung, der Staat muss endlich handeln, das ist schon hinterfotzig und vor allem: keine Lösung. Was wir brauchen, sind Arbeitskräfte, Bürokratieabbau, Innovation, Steuersenkungen – aber keine neuen Staatsunternehmen.
 

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