Politik

04.08.2022

Soll die Schuldenbremse im Bundeshaushalt 2023 ausgesetzt werden?

Die Belastungen aufgrund des Ukrainekriegs, der Energiekrise und der Corona-Krise kosten Deutschland ebenso wie nötige Investitionen in den Klimaschutz viele Milliarden Euro. Michael Schrodi, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, fordert deshalb im kommenden Jahr, falls nötig, die Schuldenbremse des Bundes erneut auszusetzen. Alois Rainer (CSU), Vorsitzender des Finanzausschusses des Bundestags, hält dagegen: Die Schulden von heute seien die Steuern von morgen. 

JA

Michael Schrodi, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

Der von der Bundesregierung eingebrachte Haushaltsentwurf 2023 steht für eine zukunfts- und handlungsfähige Finanzpolitik. Die Schuldenbremse wird nach drei Jahren wieder eingehalten. Die Ausnahmen 2020 bis 2022 waren Corona geschuldet. Während im Juni 2020 noch mit einem Einbruch von bis zu 7,8 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt gerechnet wurde, waren es am Ende nur minus 4,9 Prozent. Deutschland ist deutlich besser durch die Krise gekommen als andere große europäische Volkswirtschaften. Die massiven Corona-Hilfen haben jedes neunte, also etwa 400 000 Unternehmen vor der Insolvenz bewahrt. Ohne die kreditfinanzierten Stabilisierungs- und Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung wäre die Wirtschaft weitaus mehr eingebrochen.

Die Haushalte 2020 und 2021 wurden von der Großen Koalition verabschiedet, also von CDU/CSU und SPD; ebenso noch die Eckwerte zum Haushalt 2022 im März 2021 – unter erneuter Aussetzung der Schuldenbremse. In der Opposition spricht sich die CSU nun gegen höhere Steuern für hohe Einkommen und Vermögen und gleichzeitig für das Einhalten der Schuldenbremse aus. 

In den nächsten Jahren stehen große Herausforderungen an: Investitionen in erneuerbare Energien, Digitalisierung, Wohnungsbau oder Verkehrsinfrastruktur, dazu die doppelte Krisenbewältigung mit Pandemie und Ukraine-Krieg. Ökonom*innen aller Denkrichtungen machen deutlich, dass für wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit, Arbeitsplätze und sozialen Zusammenhalt weiterhin große öffentliche Impulse gesetzt werden müssen. Wer heute an diesen Stellen spart, der verspielt die Zukunft der nächsten Generationen. 

Zudem sind untere und mittlere Einkommen massiv von der Inflation betroffen und müssen weiter entlastet werden, um über den Winter zu kommen. 

Wer sich im Herbst einer Debatte über eine womöglich erneut notwendige Ausnahme von der Schuldenbremse verweigert, ist schlicht unseriös und betreibt Augenwischerei und Populismus.

 

NEIN

Alois Rainer (CSU), Vorsitzender des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags 

Befürworter einer erneuten Aussetzung der Schuldenbremse sollten nicht vergessen: Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Eine zusätzliche Steuerlast ist das Letzte, das die Bürgerinnen und Bürger angesichts der derzeitigen Inflation und steigenden Energiepreise gebrauchen können.

Ich verstehe, dass in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie neue Schulden aufgenommen werden, um die Wirtschaft und viele wichtige Arbeitsplätze zu retten. Das haben wir in der vergangenen Regierung erfolgreich umgesetzt. Dass die Ampel-Koalition jetzt die Schuldenbremse umgehen und Mittel aus der Pandemiebekämpfung in den Energie- und Klimafonds überführen will, gab uns als CDU/CSU-Fraktion Anlass, verfassungsrechtliche Bedenken in Karlsruhe zu äußern. Zudem ist nicht ersichtlich, dass das Geld den Bürgern zur klimafreundlichen Umrüstung zugutekommt. Vielmehr werden neben der erneuten Aussetzung der Schuldenbremse auch noch wichtige Förderungen gestrichen, die insbesondere unser Mittelstand braucht, um sich den Heizungsumbau oder das energiesparende Heizsystem im Neubauhaus leisten zu können. Auch besitzt Deutschland eine große Bandbreite an modernsten Technologien.

Vielmehr muss die Bundesregierung, statt horrende Summen an Schulden aufzunehmen, die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen, damit neue alternative Technologien marktfähig und wir unabhängiger von Energieexporten werden.

Statt die Bürger mehr zu belasten, sollte die Bundesregierung vielmehr nun damit beginnen, bei den eigenen Personalausgaben einzusparen. Die Schaffung eines neuen Bauministeriums erfordert erneut mehr Personal, das nebenbei bemerkt nicht vom Bundesinnenministerium in der Gänze in das Bauministerium übergeht. Wir haben 2014 bis 2019 einen ausgeglichenen Haushalt erreicht. Dieses Jahr ist noch ein Ausnahmejahr mit einer unglaublich hohen Verschuldung, aber 2023 muss die Schuldenbremse eingehalten werden.
 

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