Politik

In den Impfzentren stehen jetzt viel Zweitimpfungen an - für Erstimpfungen wird deshalb der Impfstoff knapp. (Foto: dpa/Daniel Karmann)

19.05.2021

Dürfen Schüler schon geimpft werden?

Mit der Impfung gegen das Corona-Virus sind viele Freiheiten verbunden. Doch wer darf zuerst geimpft werden? Ein heiß diskutiertes Thema. Auch weil der Impfstoff für Erstimpfungen knapp wird

Für Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums bei München wäre es am Freitag soweit gewesen: Nach Monaten des Wartens hätten sie endlich die Erstimpfung gegen das Corona-Virus erhalten und damit die Aussicht auf ersehnte Lockerungen. Doch Impfstoff ist immer noch rar und so gab es erregte Debatten. Warum die Jungen und nicht die vielen Älteren und Kranken, die immer noch auf einen Termin warten? Nun ist die Impfaktion in Planegg geplatzt. Aufgrund der öffentlichen Diskussion habe die Gemeinschaftspraxis ihr Angebot zur Impfung der Jugendlichen zurückgezogen, teilte das Gymnasium im Landkreis München am Dienstagabend mit.

"Wir bedauern das, können aber die Entscheidung nachvollziehen", sagte Schulleiter Matthias Spohrer. Deutliche Kritik war zuvor von dem Münchner Landrat Christoph Göbel (CSU) gekommen. Er hatte im Umgang mit Impfungen mehr Verantwortungsbewusstsein und Sensibilität gefordert. Auch wenn die Rechtslage ein Schlupfloch biete und für die Aktion kein Impfstoff aus dem Kontingent des Landkreises München zum Einsatz komme, sollten Mediziner den Impfstoff für diejenigen bereit halten, die ihn am nötigsten brauchen.

Göbel sagte, er könne den Wunsch von Eltern und Schülern nachvollziehen, schnell zu einem halbwegs normalen Schul- und Alltagsleben zurückzukehren. "Ich kann jedoch niemandem vermitteln, dass gesunde Jugendliche geimpft werden, wenn ich noch eine Vielzahl vulnerabler Personen auf der Warteliste habe." Das Landratsamt erhalte viele Bürgereingaben.

Ab Donnerstag müssen Hausärzte Impfreihenfolge nicht mehr einhalten

Dabei hatte sogar Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kürzlich vorgeschlagen, auch Jugendliche ab 16 Jahren vermehrt zu impfen, da gerade bei ihnen die Inzidenz am höchsten sei. In Bayern ist der Weg dafür frei: Von diesem Donnerstag an dürfen Hausärzte Patienten unabhängig von der Impfreihenfolge mit sämtlichen Corona-Impfstoffen impfen dürfen. Auch Jugendliche ab 16 können sich dann von einem Hausarzt impfen lassen, allerdings momentan nur mit dem Impfstoff der Firma Biontech. Bei Kindern ab 12 Jahren sei mit einer Zulassung für das Vakzin von Biontech im Laufe des Juni zu rechnen, sagte ein Sprecher des Bayerischen Gesundheitsministeriums. "Wir bereiten uns intensiv darauf vor, hierfür ein Konzept zu erarbeiten."

Derweil gibt es angesichts der für Zweitimpfungen verstärkt benötigten Impfstoffe von Biontech und Moderna Verwirrung im Umgang mit Erst-Impfungen. Aus den Landratsämtern in Bayreuth und Bamberg hieß es am Dienstagabend, man sei angewiesen worden, die Erstimpfungen mit diesen Vakzinen zu stoppen und nur noch Zweitimpfungen durchzuführen. Das Gesundheitsministerium widersprach: Es habe keine Anweisung gegeben, die Erstimpfungen gänzlich zu stoppen, hieß es am Dienstagabend.

Es sei allerdings über die hohe Anzahl der nun nötigen Zweitimpfungen informiert worden. Außerdem verwies ein Ministeriumssprecher darauf, dass man derzeit den Einfluss der nun nötigen Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff nach einer ersten Astrazeneca-Impfung auf die verfügbare Impfmenge für Erstimpfungen beobachte.

Zu wenig Impfstoff für Erstimpfungen

Das Landratsamt Bayreuth hatte zuvor mitgeteilt, das Ministerium habe den Leitern der bayerischen Impfzentren mitgeteilt, dass ab Mittwoch alle verfügbaren Impfstoffe von Biontech und Moderna ausschließlich für Zweitimpfungen zu verwenden seien. Das bedeute, dass in den Impfzentren in Stadt und Landkreis Bayreuth sämtliche Corona-Erstimpftermine kurzfristig storniert werden müssten.

Auch aus dem Landkreis Bamberg kam eine ähnliche Information: Ohne Vorwarnung seien die Impfzentren angewiesen worden, ab Mittwoch nur noch Zweitimpfungen durchzuführen und alle geplanten Erstimpfungen abzusagen. Bayernweit müssten Reserven der Impfstoffe von Biontech und Moderna aufgebaut werden, um die Zweitimpfungen sicherzustellen.

Auch andernorts müssen Erstimpfungen eingeschränkt werden, die Rede war aber nicht von einem Stopp. Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte, sein Gesundheitsamt sei informiert worden, dass das Impfzentrum in den nächsten Wochen kaum Erstimpfungen durchführen könne, damit genug Vakzin für Zweitimpfungen zur Verfügung stehe. "Das ist nicht die Strategie, die ich mir vorstelle und erfüllt auch nicht das, was uns Kommunen von Monat zu Monat immer wieder aufs Neue zugesagt wurde", kritisierte er.

Söder will im Außeneinsatz impfen lassen

Unterdessen will  Markus Söder die Arbeit der Impfzentren nach der Aufhebung der Priorisierung stark auf einen Außeneinsatz ausrichten, um breite Bevölkerungsschichten zu erreichen. Die Impfzentren würden nun wichtig, um strategisch zu impfen, sagte der CSU-Vorsitzende der "Augsburger Allgemeinen" (Mittwoch). Mobile Teams könnten über Betriebsärzte ganze Unternehmen durchimpfen. "Dann sollen im Juni in Schulen die Abschlussklassen geimpft werden und vielleicht noch vor den Sommerferien Schülerinnen und Schüler ab zwölf Jahren, sobald die Impfstoffe zugelassen sind."

Auch solle es gezielt in Stadtteilen Impfangebote geben, in denen viele Menschen mit Migrationshintergrund lebten und es noch Vorbehalte gegen die Impfung gebe, sagte Söder. "Wir müssen auch unkonventionelle Wege gehen. Warum bieten wir nicht auch mal einen Impftag im Umfeld einer Moschee oder eines Kulturvereins an?", fügte er hinzu. "Zudem sollten auch Menschen in sozial schwierigen Verhältnissen beispielsweise über die Tafeln erreicht werden."

Die Impfzentren hätten weiter eine zentrale Bedeutung: "Erstens, um die versprochenen Zweitimpfungen zu gewährleisten. Und zweitens werden die Impfzentren auf der langen Zielgeraden der Pandemie noch wichtig, um strategisch zu impfen", sagte Söder. Man werde weiter impfen und verschiedene Impfstoffe bestellen müssen. "Zum einen, um den Grundschutz auszubauen. Zum anderen, um auf mögliche Mutationen reagieren zu können."
(dpa)

Impfzentren fokussieren auf Zweitimpfungen
In Bayerns Impfzentren gibt es vorerst kaum noch Erstimpfungen - weil die Vorräte für die anstehenden Zweitimpfungen gebraucht werden. "Ich gehe davon aus, dass wir ab der Kalenderwoche 23 in den Impfzentren wieder mit Erstimpfungen weitermachen können, die übrigens auch bei den Hausärztinnen und Hausärzten und Fachärzten weiter abgegeben werden", sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Mittwoch in München.
Bis zum 7. Juni aber müssten sich die Impfzentren angesichts der noch immer nicht ausreichenden Liefermengen auf die anfallenden Zweitimpfungen konzentrieren. Als Grund nannte Holetschek, dass durch die Verlängerung des Impfintervalls bei den Vakzinen von Moderna und Biontech im April besonders viele Menschen ihre erste Spritze erhalten hatten; bei ihnen steht nun der zweite Durchgang an. Hinzu komme der Wechsel des Impfstoffs von Astrazeneca auf die mRNA-Impfstoffe bei den Zweitimpfungen der unter 60-Jährigen.
"Dass wir uns jetzt eine Zeit lang auf die Zweitimpfungen konzentrieren, ist jetzt eigentlich nichts Überraschendes", betonte Holetschek deshalb. In den Impfzentren stünden in den kommenden vier Wochen mehr als 1,1 Millionen Zweitimpfungen an. In der Zwischenzeit übernähmen die Haus- und Fachärzte die allermeisten Erstimpfungen. Allerdings liege der Bedarf bei sämtlichen Impfstoffen weiterhin über dem Verfügbaren.
Der vom Bund geplanten Aufhebung der Priorisierung auch in den Impfzentren steht Holetschek derweil skeptisch gegenüber. Bayern werde voraussichtlich zunächst beim bisherigen Verfahren mit Priorisierungen anhand von Vorerkrankungen und Berufsgruppen bleiben, sagte er.
(dpa)

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