Politik

Wegen der extrem geringen Niederschläge war der Wasserstand des Bodensees in den letzten Jahren häufiger außergewöhnlich niedrig. (Foto: dpa/Hildenbrand)

29.04.2022

Der Kampf ums kostbare Nass

Immer wieder gibt es Meldungen über Grundwassermangel: Was ist dran?

Die TV-Sendung Bis zum letzten Tropfen hat uns nervös gemacht“, sagt Rainer König, Leiter des Wasserwirtschaftsamts Deggendorf. Die Ausstrahlung ist schon über einen Monat her, doch die Nervosität bleibt, auch bei seinen Amtskolleg*innen. Doku und Film seien aus Anlass des Weltwassertags zwar eine dramatisierende Darstellung des Kampfes um Grund- und Trinkwasser gewesen, heißt es, doch im Kern sehr realistisch.

Muss man sich in Bayern Sorgen machen um die künftige Versorgung? Nein, versichert das Landesamt für Umwelt (LfU): Obwohl das Grundwasser, aus dem knapp 90 Prozent unseres Trinkwassers gewonnen werden, deutlich abnimmt und in manchen Regionen sogar schon knapp ist, „wird es bei uns in Bayern nicht ausgehen“.

So sehen es auch die Wasserwirtschaftsämter zwischen Aschaffenburg und Deggendorf, Kronach und Weilheim sowie in der Landeshauptstadt München. Johannes Barth, Inhaber des Lehrstuhls für angewandte Geologie an der Universität Erlangen-Nürnberg, betont ebenfalls: „Unser Trinkwasser ist sicher.“
Das Problem liegt woanders. Die Versorgung mit dem wichtigsten Lebensmittel ist bei uns so selbstverständlich geworden, dass wir zu sorglos damit umgehen. Wir sehen, wie es aus der Leitung fließt, kümmern uns aber nicht, woher es kommt. „Das Unsichtbare sichtbar machen“ war denn auch das Motto des Weltwassertags 2022. Geologe Barth spricht von teilweise alarmierenden Absenkungen von Grundwasserständen, die sich zwar auch wieder erholen können, aber eben nur langsam. Und oft, sagt Barth der Staatszeitung, „geht Wasserknappheit auch mit einer geringeren Qualität einher“. Dazu gibt es auch ein anschaulichen Video (https://www.fau.tv/clip/id/41094).

Wozu brauchen kleinere Orte eigene Brunnen?

Die niedrigen oder sehr niedrigen Stände kann man auf einer LfU-Karte der rund 400 Grundwasser-Messstellen im Freistaat gut sehen (https://www.nid.bayern.de/). Sie sind die große Mehrheit, vor allem in Schwaben und Oberbayern, nur 37 Prozent melden kein Niedrigwasser. So etwas habe es in den letzten Jahren häufiger gegeben, erläuterte ein LfU-Sprecher, seit fast 20 Jahren gebe es ein Defizit. Das könne „als Auswirkung des Klimawandels mit lang anhaltenden Trockenperioden angesehen werden“.

In Südbayern seien zusätzlich extreme Wetterlagen hinzugekommen. Starkregen, das betont auch Johannes Barth, brächten dem Grundwasser wenig. Im letzten Winter habe der Schnee gefehlt, der beim Schmelzen gut in den Boden einsickern könne. Trotz allem, versichert das LfU, sei die Wasserversorgung insgesamt gesichert, „weil insbesondere die ergiebigen Grundwasservorkommen trotz niedriger oder sehr niedriger Wasserstände viel Grundwasser gespeichert haben“.

Doch „örtlich kann dies anders aussehen“. Zum Beispiel in der Gemeinde Hurlach im Landkreis Landsberg/Lech. Der Bürgermeister hatte laut Medienberichten jüngst alle Haushalte zum Wassersparen aufgefordert und sogar die öffentlichen Brunnen der Gemeinde abgestellt. Er muss Wasser von anderen Gemeinden zukaufen. Der stellvertretende Leiter des zuständigen Wasserwirtschaftsamts (WWA) Weilheim, Andreas Kolbinger, betont jedoch, Hurlach sei untypisch, insgesamt sei der Wasserhaushalt stabil.

Franken steht noch relativ gut da. Im mittelfränkischen Raum begünstige die Bodenbeschaffenheit die Nachbildung von Grundwasser, erläutert Gloria Godzik vom WWA Ansbach. Besonders wichtig sei die Wasserüberleitung von Donau- und Altmühlwasser über Europakanal, Roth- und Brombachsee ins Regnitz-Main-Gebiet. Jährlich werden rund 125 Millionen Kubikmeter in das wasserärmere südliche Mittelfranken gepumpt, um die Grundwasserneubildung zu fördern.

Das oberfränkische WWA Kronach sieht sich in der glücklichen Lage, über ausreichend Tiefengrundwasser zu verfügen – und, sagt Amtsleiter Hans Hemmerlein, über die Trinkwassertalsperre Mauthaus. „Der Vierjahresspeicher ist immer gut gefüllt und kann 400 000 Menschen mit Wasser versorgen.“ Genug, dass noch weitere Gemeinden sich anschließen könnten und sollten. Das WWA Deggendorf sieht zwar im Raum Straubing/Bogen Probleme und wird deshalb keine neuen Beregnungsanlagen mehr genehmigen, hat dafür aber im eher trockenen Bayerischen Wald ebenfalls eine Trinkwassertalsperre. „Das ist unser zweites wichtiges Standbein“, sagt Rainer König.

Was kann man sonst tun? Wasserwirtschaftsämter raten, die Flächenversiegelung so gering wie möglich zu halten. Kleinere Gemeinden sollten auf eigene Brunnen verzichten und sich mit anderen Orten zusammenschließen. Geologe Barth unterstützt das und sieht in der künstlichen Grundwasseranreicherung weitere Möglichkeiten. Außerdem müsse es in der Forschung und Anwendung Modellierer geben, um künftige Entwicklungen vorhersagen und rechtzeitig reagieren zu können. Es liegt auch an den Einzelnen, Wasser zu sparen, im Haushalt oder im Garten. „Den ewig grünen Rasen braucht niemand“, findet der Chef eines bayerischen Wasserwirtschaftsamts.
(Herbert Fuehr)

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