Politik

85 Seiten umfasst der neue Koalitionsvertrag von CSU und FW. (Foto: Stark)

26.10.2023

Der neue Koalitionsvertrag: Knapp 90 Seiten, aber viel Altbekanntes

"Freiheit und Stabilität" lautet die Überschrift des neuen Koalitionsvertrags von CSU und Freien Wählern. Überraschendes oder fundamental Neues sucht man auf den knapp 90 Seiten vergeblich

Mit rund 90 Seiten ist der neue Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern deutlich länger als der aus der vergangenen Legislaturperiode. Er steht unter dem Motto "Freiheit und Stabilität" und dekliniert eine Vielzahl von Vorhaben für die kommenden fünf Jahre. Wirklich fundamental neues liefert er aber nicht. Vielmehr fasst er meist nur Themen und Inhalte zusammen, die CSU und Freie Wähler schon einmal angekündigt hatten. Ein Überblick:

Präambel: "Es ist unser Auftrag, unsere freiheitliche demokratische Grundordnung zu schützen - vor Feinden von außen und von innen", heißt es dort etwa. "Wir treten jeglicher Form von Antisemitismus, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus entschlossen entgegen." Nachdem es in der Koalition zuletzt arg geknirscht hatte, erklären beide Seiten zudem, dass sie trotz aller Differenzen vertrauensvolle Zusammenarbeit wollten: "Optimismus statt Streit, Anpacken statt Wegducken und Vernunft statt Ideologie ist unsere Philosophie. Wir sind zwei Parteien, aber eine Staatsregierung."

Kitas: Bis 2028 sollen - wie schon einmal angekündigt - zusammen mit den Kommunen 180 000 neue Kita-Plätze geschaffen werden, 50 000 für Kinder unter sechs Jahren und 130 000 für Grundschulkinder. Vor dem letzten Kindergartenjahr soll es verpflichtende Sprachtests geben, um bei allen Kindern ausreichende Deutschkenntnisse sicherzustellen. Kinder "mit festgestellten sprachlichen Defiziten" sollen dann verpflichtend einen Deutsch-Sprachkurs besuchen müssen.

Schulen: An den Schulen soll es bis 2028 insgesamt 9000 neue Stellen geben: 6000 neue Lehrerstellen und 3000 neue Stellen "für multiprofessionelle Unterstützungskräfte, wie zum Beispiel Verwaltungsangestellte, Sozialpädagogen und Schulpsychologen". Bis 2027/28 soll die Besoldung A13 für alle Grund- und Mittelschullehrer gelten. Um die Befassung mit Werten der Verfassung zu stärken, soll es an den Schulen eine "Verfassungsviertelstunde" als wöchentliches Format geben, in der "über die Bayerische Verfassung und das Grundgesetz sowie die dort verankerten Grundsätze diskutiert wird". Bis "spätestens 2028" sollen sukzessive alle Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden. Der Schwimmunterricht soll gestärkt werden. Zudem soll es in der 1. Klasse künftig eine dritte Sportstunde pro Woche geben.

Deutschlandticket für Schüler: "Wir wollen das System der Schülerbeförderung auf den Prüfstand stellen und insbesondere klären, inwieweit allen Schülerinnen und Schülern der Zugang zum verbilligten Deutschlandticket ermöglicht werden kann", heißt es in dem Papier.

Soziales: Im Laufe der Legislaturperiode "streben wir den Einstieg in ein Bayerisches Gehörlosengeld an", heißt es im Koalitionsvertrag.

Pflege: Bis 2028 sollen weitere 8000 Pflegeplätze geschaffen werden. Das Landespflegegeld für pflegende Angehörige wird fortgeführt.

Bürokratieabbau: "Bis Mitte 2024 sollen mindestens 10 Prozent aller Verwaltungsvorschriften entfallen", heißt es im Koalitionsvertrag. Die Paragrafenbremse wird - wie auch schon angekündigt - verschärft. In der Verwaltung soll flächendeckend Künstliche Intelligenz eingesetzt werden: "So können etwa Chatbots Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern zu jeder Tages- oder Nachtzeit beantworten."

Keine Gebührenerhöhungen: Um Wirtschaft und Bürger zu entlasten, kündigt die Koalition an, man führe "ein Gebührenmoratorium für zwei Jahre ein, in denen wir staatliche Gebühren, die breite Kreise der Bevölkerung betreffen oder betreffen können, nicht erhöhen".

Kultur: "Wir stehen zu unserer Verantwortung, in München einen Konzertsaal im Werksviertel zu errichten, der der internationalen Bedeutung seiner Klangkörper gerecht wird", heißt es im Koalitionsvertrag. Aber: "Mit Blick auf die sich abzeichnenden Kosten werden wir die Planungen überarbeiten und redimensionieren." Es soll zudem eine neue bayerische "Dialektinitiative" gestartet werden.

Wirtschaft: Die "High Tech Agenda" wird fortgeführt und verstetigt. Zudem will die Koalition ein "Europäisches Raumfahrtforum" starten. Die Seilbahnförderung wird fortgesetzt. Beim Ladenschluss gibt es keine grundsätzliche Veränderung. Man will aber "weitere lange Einkaufsnächte sowie den durchgehenden Betrieb von digitalen Kleinstsupermärkten als neue Form der Nahversorgung ermöglichen".

Bauen: Im staatlichen Wohnungsbau soll es ein "Landesbauprogramm 2030" geben, "in dem wir Vorhaben priorisieren und durchfinanzieren". Die drei staatlichen Wohnungsbaugesellschaften (BayernHeim, StadiBau und Siedlungswerk Nürnberg) sollen zusammengefasst werden. Geprüft wird zudem das Modell einer neuen Baugesellschaft des Freistaats.

Finanzen: "Neue Schulden lehnen wir ab", heißt es im neuen Vertrag, zudem wolle man "die Staatsverschuldung konsequent abbauen".

Kommunen: Auch Bürgermeisterinnen und Bürgermeister von Gemeinden unter 5000 Einwohnern sollen grundsätzlich hauptamtlich tätig sein.

Innere Sicherheit/Justiz: Die Gesamtmitarbeiterzahl der Polizei einschließlich der Grenzpolizei soll bis 2028 insgesamt um 2000 auf über 47 000 Stellen steigen. Und jedes Justizgebäude in Bayern soll ein "Sicherheitsupdate" für einen bestmöglichen Schutz erhalten.

Migration: CSU und Freie Wähler fordern eine "eine Wende in der Migrationspolitik". "Dazu bedarf es einer realistischen Integrationsgrenze für Deutschland, die sich am Leistungs- und Integrationsvermögen der Kommunen orientiert." Für Asylbewerber soll "soweit rechtlich möglich" auf das Sachleistungsprinzip umgestellt und landesweit eine Bezahlkarten-Lösung eingeführt werden. Zudem heißt es: "Wir werden auf Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber dann verzichten, wenn ein fester Arbeitsplatz oder ein Ausbildungsvertrag besteht und keine Straftaten oder Gefährdungslagen vorliegen." Und Menschen, die auf absehbare Zeit nicht abgeschoben werden können, sollen demnach "schnellstmöglich" in Arbeit gebracht werden.

Energie: Auch das ist nicht neu: Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien soll bis 2030 verdoppelt werden. Bei der Windkraft an Land will man "mittelfristig einen Spitzenplatz in Deutschland". Es bleibt aber beim bekannten Ziel 1000 neuer Windräder bis zum Jahr 2030. Auch Geothermie soll ausgebaut werden - andererseits sollen die bayerischen Kernkraftwerke "übergangsweise" reaktiviert werden.

Umwelt/Klima: Der lange ankündigte und hinausgezögerte "Wassercent" soll endlich eingeführt werden. Naturparke sollen gestärkt werden, einen dritten Nationalpark soll es allerdings nicht geben.

Dritte Startbahn: Hier bleibt es bei einem Moratorium: "Über die Notwendigkeit einer dritten Start- und Landebahn am Flughafen München gibt es unter den Koalitionspartnern unterschiedliche Auffassungen. Die Planungen für deren Bau werden daher auch während der aktuellen Legislaturperiode nicht weiterverfolgt", heißt es im neuen Vertrag.

Agrar: Für bundes- und europarechtliche Vorschriften sollen ein "Bürokratie-Frühwarnsystem" und ein "Landwirtschaft-Praxis-Check" eingeführt werden. Weiter heißt es, für Vor-Ort-Kontrollen strebe man "eine Konzentration auf möglichst einen Termin im Jahr an".

Medien: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll weiter reformiert werden und der Beitrag der Bürger dafür stabil bleiben. Die klassische UKW-Radioübertragung soll es doch bis mindestens 2035 geben, so wie es viele Privatradios gefordert hatten, um keine Hörer durch den Umstieg auf nur noch Digitalradio zu verlieren. (Christoph Trost, Marco Hadem und Michael Donhauser, dpa)

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