Politik

Viele Familien tun sich schwer, Wohneigentum zu schaffen. Die bayerische Wohnraumförderung soll dabei helfen. (Foto: dpa/Jan Woitas)

12.04.2024

Ein Booster fürs eigene Zuhause

Die Ausweitung der bayerischen Wohnraumförderung stößt auf großes Interesse – Lob kommt sogar von der Opposition

Angesichts der stark gestiegenen Immobilienpreise und Zinsen ist die Zahl der Käufe und Neubauten im vergangenen Jahr auch in Bayern eingebrochen. Die Staatsregierung hat darauf reagiert: Seit 1. September 2023 haben deutlich mehr Menschen als zuvor Anspruch auf verbilligte Kredite und Zuschüsse, wenn sie Wohneigentum kaufen oder bauen wollen.

Mit der Anhebung der Einkommensgrenzen um 25 Prozent erfüllt beispielsweise ein Ehepaar mit zwei Kindern, das zusammen 109.000 Euro brutto im Jahr verdient, noch die Kriterien. Und mit jeder weiteren im Haushalt lebenden Person erhöht sich die Grenze weiter. Die Familie aus dem Beispiel müsste sich finanziell trotzdem strecken und könnte sich – ohne immens viel eigenes Kapital – kaum Wohnraum in einem Ballungsgebiet leisten.

Voraussetzung für die Förderung ist ohnehin eine Eigenkapitalquote von mindestens 20 Prozent. Das bayerische Wohnungsbauprogramm würde der Familie beim Bau und Ersterwerb von Eigentum einen um drei Prozentpunkte verbilligten Kredit in Höhe von bis zu 30 Prozent der Gesamtkosten gewähren. Wer ein bereits gebautes Haus oder eine bereits gebaute Wohnung erwerben will, erhält bis zu 40 Prozent sowie einen Zuschuss von 10 Prozent der förderfähigen Kosten bis maximal 50.000 Euro.

Für alle Bauwilligen sieht das Programm auch einen Zuschuss in Höhe von 7500 Euro pro Kind vor. Gefördert wird auch Wohnraum, der später – zum ortsüblichen Preis – an Verwandte oder Verschwägerte vermietet wird. Beim Kredit kann eine Zinsbindung von zehn, 15 und 30 Jahren gewählt werden. Nach deren Ablauf gelten wieder die marktüblichen Zinsen. Die Tilgungsrate beträgt 2 beziehungsweise – bei 30 Jahren – 2,89 Prozent. 

Laut dem Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr nahmen zwischen September 2023 und Ende Februar dieses Jahres 1272 Haushalte die Förderung in Anspruch. Das ist in etwa eine Verdreifachung der Zahlen aus dem Vorjahreszeitraum. Im unterfränkischen Landkreis Miltenberg beispielsweise wurden in den ersten drei Monaten 2023 drei Wohnhäuser so gefördert. Im gleichen Zeitraum dieses Jahres sind es laut Landratsamt sieben Häuser, dazu kommen drei bewilligungsreife Anträge und drei in der Vorprüfung. 

Die Förderung ist ein Bestandteil des sogenannten Wohnbau-Boosters Bayern. Die andere Säule des Programms ist die Förderung der Errichtung von sozialen Mietwohnungen. Insgesamt standen im Haushaltsjahr 2023 für diese staatliche Wohnraumförderung eine Milliarde Euro zur Verfügung, 389 Millionen Euro davon sind Bundesmittel. In dieser Größenordnung soll der Booster jährlich fortgeführt werden – so steht es auch im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern. Die Nachfrage sei ungebrochen hoch, erklärt Bauminister Christian Bernreiter (CSU) der Staatszeitung. „Der Wohnbau-Booster Bayern ist damit eine Erfolgsgeschichte, zu der wir regelmäßig auch Anfragen aus anderen Bundesländern erhalten.“

Das findet sogar Anklang in der Landtagsopposition. Als „sehr gut“ beurteilt Sabine Gross, die baupolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, die Anhebung der Einkommensgrenzen. Gut findet sie auch die flexibleren Zinsbindungsmöglichkeiten bei den Förderkrediten. „Aber es wurde immer noch zu wenig Wohnraum geschaffen – und von der Kritik nehme ich die Bundesregierung gar nicht aus.“ Denn trotz aller Ankündigungen kommen Bund, Länder und Kommunen seit vielen Jahren ihrer Pflicht nicht nach, bezahlbaren Wohnraum für alle zu schaffen.

Eine Trendwende ist das leider noch lange nicht

Für Gross muss das ein Staatsziel sein – wie zuletzt bei der Verteidigung. Dabei geht es ihr besonders um den Mietmarkt, auch in Bayern wohnt schließlich die Mehrheit zur Miete. Die Förderung solle massiv erhöht und eine neue Wohngemeinnützigkeit eingeführt werden. Heißt: Wohnbauunternehmen, die dauerhaft günstige Mieten anbieten, werden von der Steuer befreit oder erhalten Investitionszulagen. Es müsse aber auch das Ziel sein, mehr Menschen ins Eigenheim zu bringen, denn damit würde der Mietmarkt auch entlastet. Gross könnte sich vorstellen, Kommunen mehr Spielraum beim Kauf von potenziellem Bauland zu geben – etwa, indem man ihnen gestattet, rentierliche Schulden zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu machen.

Der Bayerische Sparkassenverband will die Effekte der Anpassung der Wohnbauförderung noch nicht bewerten. Dafür sei es zu früh, heißt es vom Verband. Nach einem eher schlechten Jahr 2023, in dem bei den bayerischen Sparkassen 43 Prozent weniger Wohnungsbaufinanzierungen abgeschlossen wurden als im schon durchwachsenen Vorjahr, ist das Interesse Anfang dieses Jahres wieder gestiegen. Doch das hat wohl eher mit einer generellen Normalisierung des Marktes zu tun, so schätzt der Verband. Erwartet wird eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank. „Von einer Trendwende kann aber noch nicht die Rede sein.“

Sparkassenpräsident Matthias Dießl betont, dass er wenig von der starren Setzung von Einkommensgrenzen für die Kreditvergabe hält. Stattdessen bräuchte es aus seiner Sicht Förderungen wie die „Senkung der Grunderwerbsteuer oder die Wiedereinführung der Steuerabzugsmöglichkeit von privaten Bauzinsen“ – und eine generell höhere Verlässlichkeit der Verfügbarkeit der Fördermittel. Kritik äußert Dießl an dem seit über einem Jahr geltenden Risikopuffer bei Immobilienkrediten. Seitdem müssen Banken für jedes Darlehen Eigenkapital zur Absicherung hinterlegen, was die Kredite verteuere. „Der private Wohnungsbau darf nicht ausgebremst werden.“ (Thorsten Stark)
 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Sollen Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.