Politik

Razzia (Symbolbild.) Foto: dpa

30.10.2025

Ein erschreckender Trend: Hausdurchsuchungen wegen unliebsamer Meinungsäußerungen

Bagatelldelikte wie Beleidigungen oder gar unliebsame Meinungsäußerungen dürfen nicht dazu führen, dass die Polizei Wohnungen durchsucht. Doch ein ums andere Mal scherten sich Vertreter der Justiz zuletzt offenbar nicht um die im Grundgesetz verbrieften Rechte. BSZ-Kommentator Tobias Lill über eine gefährliche Entwicklung

Für Betroffene ist anschließend vieles nicht mehr so, wie es einmal war. Liegen persönliche Dinge am richtigen Ort? War jemand am Kleiderschrank? Eine unverhältnismäßige Hausdurchsuchung hat für die Opfer oft bleibende Folgen. Sie zweifeln an der Unverletzlichkeit ihrer Privatsphäre. Umso wichtiger ist es, dass Gerichte eine solche Maßnahme nicht leichtfertig anordnen. Bagatelldelikte wie Beleidigungen oder gar unliebsame Meinungsäußerungen dürfen nicht dazu führen, dass die Polizei Wohnungen durchsucht. Schließlich garantiert das Grundgesetz die Meinungsfreiheit und die Unverletzlichkeit der Wohnung.

Doch ein ums andere Mal scheren sich Vertreter der Justiz offenbar nicht um die Verfassung. Zuletzt im Fall von Norbert Bolz. Der konservative Publizist hatte einen Post der taz kommentiert. „Deutschland erwacht“, hatte das Blatt geschrieben und ein AfD-Verbot gefordert. Bolz kommentierte als Gegner eines Parteienverbots satirisch: „Gute Übersetzung von woke: Deutschland erwache!“ Er habe die links-autoritäre Verbotskultur kritisieren wollen, begründete Bolz seine Wortwahl.

„Pimmel“ oder „Suffkopf“ reichen für eine Hausdurchsuchung

Der Spruch „Deutschland erwache“ war eine Losung der Nazis. Seine Verwendung kann strafbar sein. Doch dass der Post kein Fall für den Kadi ist, sollte sich jedem erschließen. Eine Meldestelle gegen Hass im Netz gab den Post dennoch an das BKA weiter. Die Berliner Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein. Auch in anderen Fällen waren es Meldestellen, die wegen harmloser Posts die Ermittler einschalteten – so etwa beim „Schwachkopf“-Meme, von dem sich Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck beleidigt fühlte. Die Kripo durchsuchte deshalb 2024 die Wohnung eines Frührentners im Landkreis Haßberge. Begriffe wie „Pimmel“ oder „Suffkopf“ reichen hierzulande ebenfalls, damit Richter Wohnungen auf den Kopf stellen lassen.

Die Meldestellen verstehen sich teils als Bollwerk gegen Rechtsextremismus und die AfD. Doch der Übereifer einzelner Mitarbeiter ist mit schuld, dass Letztere stärker wird. Denn viele Menschen haben zunehmend das Gefühl, man dürfe nicht mehr sagen, was man denkt.

Generell ist es schwierig, Sätze ohne Kontext zu beurteilen und per se unter Strafe zu stellen, nur, weil auch Nazis oder Terrororganisationen sie nutzen. Denn folgt man dieser zweifelhaften Logik, müsste auch der Gebetsruf „Allahu akbar“ (Gott ist groß) strafbar sein. Schließlich benutzen ihn auch viele Attentäter.
 

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