Auch der Landtag leistet sich eine Betriebs-Kita – auf Initiative von Landtagspräsidentin Barbara Stamm (rechts), die den Kleinen diese Woche zwei Holztiere übergab. Gefertigt wurden die Spielsachen vom Forstbetrieb Berchtesgaden. (Foto:Landtag/Poss)
Führungsfrauen verzweifelt gesucht: Noch immer sind Top-Jobs in der Wirtschaft vorwiegend mit Männern besetzt. Immer mehr Betriebe wollen das ändern – und bemühen sich, den Kandidatinnen das passende Umfeld zu bieten, Kinderbetreuung inklusive.
Besonders ausgeprägt ist der Mangel an weiblichen Führungsfrauen im Bankensektor. Der Frauenanteil in den Vorständen deutscher Großbanken ist mit 8 Prozent lächerlich niedrig: Europaweit sind es 40 Prozent.
Dabei kam eine Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) bereits im Jahr 2014 zu dem Schluss, dass das Rekrutieren weiblicher Führungskräfte häufig an unzureichenden Kinderbetreuungsangeboten scheitert: Mehr als zwei Drittel der Betriebe (68 Prozent) berichten, dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit deswegen reduzieren müssen. Längere und flexiblere Betreuungszeiten, hieß es in der Studie außerdem, würden mehr Müttern den beruflichen Aufstieg ermöglichen.
Trotz des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz gilt vor allem in Ballungsräumen nach wie vor: Kita-Plätze in der Nähe sind rar. Denn was nützt ein Kindergarten am anderen Ende der Stadt? Oder einer, der um 16 Uhr schließt und in den Ferien geschlossen hat.
Viele Unternehmen entscheiden sich deshalb für Betriebs-Kitas. Die genauso von öffentlichen Fördergeldern profitieren wie Kitas freier Träger. In Bayern gibt es derzeit 128 Betriebskindergärten. Diese erhalten sowohl Zuschüsse fürs Personal – Kommunen und Freistaat tragen jeweils 40 Prozent der Kosten – wie auch eine Baukostenförderung. Die kann bis zu 90 Prozent betragen. Die Freien Wähler im Landtag haben allerdings wiederholt bemängelt, das Zuschuss-Verfahren sei zu kompliziert. Und die Landtags-SPD wünscht sich zusätzliche Anreize, um die betriebliche Kinderbetreuung voranzutreiben.
Generell gilt: Betriebskindergärten lohnen sich erst ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl. Kleinere Unternehmen setzen daher eher auf Belegplätze in bestehenden Einrichtungen.Dafür hat sich auch die Bayerische Landesbank entschieden. Sie verfügt über 23 Belegplätze in einem nahe gelegenen städtischen Kindergarten. „Für Betreuungsengpässe gibt es im Haus auch ein Eltern-Kind-Büro“, sagt eine Unternehmenssprecherin.
Auch der Bayerische Landtag und der Süddeutsche Verlag leisten sich Betriebskindergärten
Die Stadtsparkasse München wiederum bietet ihren Mitarbeitern zwei klassische Betriebskindergärten – mit Öffnungszeiten von 7.30 bis maximal 18.30 Uhr. Und stark reduzierten Ferienzeiten. Träger beider Einrichtungen ist die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die viel Erfahrung mit betrieblichen Kitas besitzt. 17 solcher Einrichtungen, unter anderem für Siemens, Infineon oder Airbus, betreut sie im Großraum München. Davon sind knapp die Hälfte reine Betriebskitas, die anderen nehmen auch externe Kinder auf.
Gebremst wurde der Trend zu Betriebskindergärten vom Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz im Jahr 2013, sagt Julia Sterzer, Referatsleiterin Kindertagesstätten beim AWO-Kreisverband München Stadt. „Mit Ausnahme von Infineon hatten wir seither keine einzige Anfrage mehr“, bedauert Sterzer. Offenbar dachten die Betriebe, jetzt sorge ja die öffentliche Hand für alles. Ein fataler Irrtum: Denn auch das Recht auf einen Kita-Platz kann nicht das Mega-Problem der Eltern lösen: einen Platz in der Nähe zu finden.
Das wissen auch der Bayerische Landtag und der Süddeutsche Verlag (SV); beide haben eigene Kitas mit attraktiven Öffnungszeiten, beiden rennen interessierte Eltern die Bude ein. Das Kinderhaus der „SV Pressezwerge“ befindet sich im Hochhaus der Zentrale in München-Zamdorf. Während das Landtagsamt selbst Träger der Kita ist, hat sich der SV für einen externen Betreiber entschieden: die gemeinnützige Kindereinrichtung Kibiku. Die Warteliste für die 25 SV-Kindergarten- und 12 Krippenplätze ist lang, obwohl hier ein Platz teurer ist als in einer städtischen Einrichtung. 535 Euro im Monat kostet die Betreuung der Pressezwerge in der Krippen-Gruppe. 420 Euro zahlen einkommensstarke Eltern in einer städtischen Krippe. Dafür werden die Kinder des SV zweisprachig (Deutsch und Englisch) gefördert, und in jeder Gruppe gibt es einen Betreuer mehr als gesetzlich vorgeschrieben.
2005 hat Kibiku-Gründer und Geschäftsführer Andreas Kurzlechner die erste Betriebskita eröffnet – für die kassenärztliche Vereinigung. Damals wurde er noch gefragt: „Lohnt sich das überhaupt?“ Darüber kann Kurzlechner inzwischen nur lachen. „Heute spricht man nicht mehr davon, dass solche Maßnahmen zu einem Wettbewerbsvorteil für einen Betrieb führen“, sagt er. „Es ist ein klarer Nachteil, wenn man nichts macht.“
(Angelika Kahl, Waltraud Taschner)
Kommentare (0)
Es sind noch keine Kommentare vorhanden!