Politik

Eine Person steigt in einen Zug am Bahnsteig in Ansbach. (Foto: dpa/Daniel Löb)

30.01.2023

Ein Ticket – und noch viele offene Fragen

Trotz des nun von Bund und Ländern festgelegten Starttermins sind beim 49-Euro-Monatsticket für Busse und Bahnen im Regionalverkehr noch viele Themen ungeklärt – auch aus Bayern gibt es vor allem einen noch unerfüllten Wunsch

Die Pläne für das 49-Euro-Monatsticket für Busse und Bahnen im Regionalverkehr werden konkreter. Bund und Länder einigten sich am Freitag auf das Startdatum 1. Mai. Der Verkauf soll Anfang April losgehen. Aber noch immer sind Detailfragen ungeklärt. Dabei geht es auch um die Frage, ob das Ticket tatsächlich rein digital angeboten wird – womit gerade Bayern ein Problem hätte. Ein Überblick.

Das Ticket: Das 49-Euro-Monatsticket für den ÖPNV gilt als Nachfolge-Angebot für das im vergangenen Sommer ausgelaufene 9-Euro-Ticket. Mit ihm können Inhaber bundesweit Busse und Bahnen des Regionalverkehrs benutzen - für 49 Euro im Monat. Das Angebot soll vor allem die unübersichtliche Angebotsstruktur der zahlreichen Verkehrsverbünde in Deutschland vereinfachen und mehr Menschen in den ÖPNV bringen. Das Ticket ist jeweils für einen Monat gültig und wird automatisch verlängert, wenn der Inhaber nicht rechtzeitig kündigt.

Die Einigung: Nach monatelangem Streit einigten sich Bund und Länder auf der Sitzung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe am Freitag: "Das, was viele sich wünschen, wird zum 1. Mai Realität", sagte der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne), im Anschluss. Verkaufsstart des Abos ist demnach der 3. April.
Entschieden haben beide Seiten auch über das sogenannte Jobticket: Demnach haben Arbeitgeber die Möglichkeit, ihren Beschäftigten das 49-Euro-Ticket als Jobticket bereitzustellen. Wenn sie dabei einen Abschlag von mindestens 25 Prozent gewähren, geben Bund und Länder einen weiteren Abschlag von fünf Prozent dazu. Arbeitnehmer könnten auf diese Weise das Ticket also für mindestens 30 Prozent weniger erhalten. 

Ein bürokratisches Detail: Der neue Tarif wird zunächst nicht - wie sonst üblich - von den regional zuständigen Behörden genehmigt, sondern einheitlich über den Bundesgesetzgeber. Damit drohen keine schwarzen Flecken bei der Gültigkeit, weil hier und dort noch eine Tarifgenehmigung aussteht. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nannte die Einigung am Freitagnachmittag ein "gutes Signal für all die Menschen, die dringend auf die Einführung des Tickets warten". Auch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) äußerte sich zufrieden. "Es ist gut, dass man einen großen Schritt weitergekommen ist", teilte er mit. "Die restlichen Fragen sollten so schnell wie möglich abgearbeitet werden, damit der 1. Mail als Starttermin auf jeden Fall klappt."

Daran könnte es noch scheitern: Weil der Bund die Verkehrsunternehmen für ihre Umsatzeinbußen durch das 49-Euro-Ticket mit Milliardensummen kompensiert, berührt das Vorhaben beihilferechtliche Fragen auf EU-Ebene. Der Bund steht derzeit mit der Kommission im Austausch, die dem ganzen noch zustimmen muss. Bleibt das grüne Licht aus Brüssel aus, dürfte das das vorläufige Ende für das 49-Euro-Ticket bedeuten.

Diese Fragen bleiben ungeklärt: Aus Sicht des Fahrgastverbands Pro Bahn braucht es bald Klarheit etwa beim Ziel, das Ticket digital zu gestalten. "Wenn es überall gelten soll, muss es elektronisch überall gelesen werden können", sagte Pro-Bahn-Ehrenvorsitzender Karl-Peter Naumann der Deutschen Presse-Agentur. In den Verbünden könnten dafür einheitliche Lösungen gefunden werden. Doch insbesondere in Bayern oder Mecklenburg-Vorpommern gebe es Regionen, in denen Verkehrsunternehmen auch außerhalb von Verbünden operierten und keine digitalen Lesegeräte hätten. Hier müssten Bund und Länder sicherstellen, dass sich diese Unternehmen solche anschaffen könnten.
Es brauche zudem eine bundeseinheitliche Lösung was Zusatzangebote wie Fahrrad- oder Personenmitnahme angehe, betonte Naumann. "Wenn Sie von Berlin nach Wismar an die Ostsee fahren, darf es nicht passieren, dass Sie in Wittenberge aussteigen müssen, weil dort das zusätzlich gekaufte Fahrradticket nicht mehr gilt", sagte er. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) äußerte sich ähnlich. "Aus unserer Sicht kann es am 1. Mai losgehen", teilte VDV-Präsident Ingo Wortmann auf Anfrage mit. "Es stehen aber noch politische Entscheidungen aus, die wir nicht beeinflussen können, die es aber zwingend braucht damit die Fahrgäste dann ab Mai mit dem Ticket bundesweit den ÖPNV nutzen können."

Das digitale Ticket: Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) fordert eine ausschließlich digitale Lösung. Denkbar wäre etwa ein QR-Code in der App oder eine Chipkarte, auf der die Daten digital gespeichert sind. Doch nicht alle Verkehrsverbünde können diese digitalen Möglichkeiten anbieten. Der VDV und auch die Länder hatten deshalb gefordert, zumindest für eine Übergangslösung auch noch Papiertickets zuzulassen. Bund und Länder einigten sich darauf, dass es diese Papierlösung übergangsweise bis Ende des Jahres nur für die Verbünde geben soll, die zumindest grundsätzlich technisch in der Lage sind, auch Chipkarten auszugeben und dafür nur etwas Zeit brauchen. Voraussetzung: Auch das Papierformat muss digital auslesbar sein, etwa über einen QR-Code. Doch was ist mit den Verbünden, die gar keine digitalen Möglichkeiten haben? Krischer zufolge blieb diese Frage offen. Spätestens in einigen Wochen kommen Bund und Länder wieder zusammen auf der Verkehrsministerkonferenz. Gut denkbar, dass das Thema auch dann wieder eine Rolle spielen wird.

Bayerns Rolle: Bayern schließt einen Alleingang beim 49-Euro-Ticket aus. Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) bekräftigte am Sonntag zwar seine Kritik an den Plänen von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), der eine ausschließlich digitale Lösung fordert. "Einen bayerischen Sonderweg kann es aber nicht geben, weil die Fahrgäste sonst womöglich in anderen Bundesländern ihr Ticket nicht nutzen könnten", sagte Bernreiter der Deutschen Presse-Agentur. Ob Bayern zum geplanten Ticketstart am 1. Mai als Alternative für Menschen ohne Smartphone eine Chipkarte oder andere digital kontrollierbare Lösungen anbietet, soll in den kommenden Wochen geklärt werden.
Bernreiter betonte, ihm sei es wichtig, neue Fahrgäste für den öffentlichen Personennahverkehr zu gewinnen und niemanden auszuschließen. "Auf jeden Fall wäre ein Papierticket für die Übergangsphase bis Ende des Jahres die bessere Alternative gewesen als eine Chipkarte oder ein QR-Code", sagte er und kritisierte, dass sich der Bund "für die umständlichere Lösung entschieden" habe. Gerade die vielen mittelständischen Busunternehmen dürften bei der Aufteilung der Einnahmen aus dem Ticket nicht das Nachsehen gegenüber den größeren Konkurrenten haben, so Bernreiter. 

Kritik am Startzeitpunkt: Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, hält das 49-Euro-Monatsticket für den Regionalverkehr und den geplanten Start zum 1. Mai für eine schlechte Idee. "Es wird erst einmal in ganz Deutschland an allen Ecken und Enden holpern", sagte der CDU-Politiker der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Montag). "An jeder Ecke wird nachgebessert werden müssen." Anstatt vor allem in ein besseres Nahverkehrsangebot zu investieren, zerbräche sich die Politik nun den Kopf darüber, wie das Ticketangebot zu finanzieren sei. "Das ist eine absurde Situation, in die uns die Politik gebracht hat." Ein Billigticket löse nicht die Probleme des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV).
"Das war schon der Fehler des 9-Euro-Tickets. Was nutzt mir ein 9-Euro-Ticket für einen Bus, der nicht fährt?", sagte Sager. "Jetzt versuchen wir es mit einem 49-Euro-Ticket. Aber der Bus fährt in vielen Gegenden noch immer nicht." Bund und Länder hatten sich am Freitag grundsätzlich auf einen Start des 49-Euro-Tickets zum 1. Mai geeinigt. Mit dem Abo sollen Inhaber in Bussen und Bahnen des Regionalverkehrs durch ganz Deutschland fahren können - für 49 Euro im Monat. Das Abo gilt als Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket aus dem vergangenen Sommer, das ebenfalls bundesweite Fahrten im ÖPNV ermöglichte. (Matthias Arnold, Andreas Hoenig und Marc Zeilhofer, dpa)

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