Politik

Der Verbrennermotor zählt zu den deutschen Vorzeigeerfindungen. Karl Benz entwickelte 1886 das entsprechende Gefährt. (Foto: dpa/Amthor)

05.09.2025

Erfinderland a.D.

Technologisch war Deutschland mal Weltspitze – ist lang her

Paypal, ChatGPT, Amazon: Aus Deutschland, dem einstigen Land der Erfinder, kommt keine dieser Ideen beziehungsweise Firmen. Generell liegen in den Schlüsselbereichen Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI) andere Länder vorne. Auch bei Batteriespeichern, Solarmodulen und Computerchips ist man längst auf das Ausland angewiesen.

Noch ist Deutschland in einigen Bereichen vorne mit dabei: bei Chemie und Pharma, Optik und Präzisionsinstrumenten, Elektronik, Maschinenbau und dem Automobilbereich. Aber der Vorsprung wird kleiner – wenn es überhaupt noch einer ist. Das zeigt sich am schwindenden Absatz, am geringeren Anteil von Patenten am Weltmarkt und dem Zurückfallen in Innovationsrankings. Es muss dringend etwas passieren.

Das mahnt auch die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission Forschung und Innovation in ihrem neuen Jahresgutachten an. „Die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands ist besorgniserregend“, heißt es da. Sowohl bei der Wachstumsdynamik als auch bei Forschung und Entwicklung liege man weit hinter China, Japan, Südkorea und USA und sogar unter EU-Durchschnitt.

Digitale Rückständigkeit der Verwaltung

Das Gutachten zweifelt, ob Deutschland bei Schlüsseltechnologien wie KI, Biotechnologie, der Erforschung neuer Materialien und Produktionstechnologien in der Spitze mithalten kann. Die Kommission kritisiert die alte Bundesregierung, eine neue Forschungs- und Entwicklungspolitik zwar angekündigt, aber nicht umgesetzt zu haben. Die größten staatlichen Bremsen aus Sicht der Kommission: die digitale Rückständigkeit der Verwaltung, die schlechte Breitbandversorgung, hohe Energiekosten, der stockende Ausbau der Strominfrastruktur – und die Bürokratie.

Man merke, dass 49 Prozent der Führungskräfte im öffentlichen Dienst Juristen seien, sagt Dietmar Harhoff, Direktor am Münchner Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb. So viele wie in kaum einem anderen Land. Den Leitungen fehle es oft an Praxiserfahrung. Der frühere Chef der Expertenkommission beklagt auch das zu starre Korsett an Regularien, das es Firmen erschwere, produktiv zu arbeiten – oder Risikokapital in Start-ups zu investieren. Generell hat man sich zu lange auf die alten Wohlstandsbringer wie den Automobilbau verlassen, findet Harhoff. „Das rächt sich jetzt.“ Es sei auch nicht gelungen, wissenschaftliche Erkenntnisse systematisch in wirtschaftlichen Erfolg umzumünzen.

Das sieht man auch in der Wirtschaft so: „Wichtigstes Ziel muss es sein, Forschungsergebnisse am Standort in Innovationen, Produkte, Anwendungen und Wertschöpfung umzusetzen“, erklärt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft.

Wer hat Zugriff auf Technologien?

Länder wie die USA und China achten sehr genau darauf, wer Zugriff auf ihre Technologien hat. Benjamin Adjei, digitalpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, fordert hier ähnliches strategisches Denken. Ein Optikunternehmen wie Zeiss SMT, das an der Produktion der meisten Mikrochips weltweit beteiligt sei, müsse in deutscher Hand bleiben.

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Christoph Birghan, selbst Patentanwalt, fürchtet ein Abwandern des weltgrößten Chemiekonzerns BASF mit vielen Patenten nach China. Zu hohe Energiekosten, zu viel Bürokratie, zu viel Regulierung, heißt es vom Konzern. Der nächste Schlag für den Standort droht.

Immerhin: Die Staatsregierung finanziert nun den Aufbau eines Entwicklungszentrums für KI-Chips an der TU München. Dabei kooperiert man mit dem taiwanischen Chiphersteller TSMC. Ohne Entwicklungshilfe aus Fernost geht es nicht mehr.
(Thorsten Stark)

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