Politik

Im Landtag wird die Schottdorf-Affäre untersucht. (Foto: dpa)

06.04.2015

"Es ist kaum etwas so spottbillig wie ein korrupter Politiker"

Dieser Spruch soll von dem Augsburger Laborarzt Bernd Schottdorf stammen. Die CSU warb bei ihm Spenden ein

Die CSU hat bei dem mehrfach von der Staatsanwaltschaft verfolgten Augsburger Laborarzt Bernd Schottdorf aktiv um Spenden geworben. Das geht aus schriftlichen Unterlagen von Schottdorfs Labor hervor, die dem Untersuchungsausschuss des Landtags vorliegen und dort im Lauf der kommenden Monate Thema sein werden. Zum Dank für seine Zuwendungen wurde der Mediziner 2005 und 2006 zu «Spenderessen» mit dem damaligen Parteichef Edmund Stoiber eingeladen, er nahm jedoch nach CSU-Angaben nur im Sommer 2005 einmal teil.
Der Untersuchungsausschuss soll klären, ob politische Einflussnahme dazu führte, dass die Augsburger Staatsanwaltschaft Anfang 2009 die Ermittlungen gegen betrügerische Ärzte einstellte, so dass deutschlandweit mehrere tausend Mediziner straffrei ausgingen. Die Spendenfrage ist brisant, weil Schottdorf laut Zeugenaussage des LKA-Ermittlers Robert Mahler 2007 bei einer Vernehmung zum Leiter der SoKo Labor gesagt haben soll: «Es ist kaum etwas so spottbillig wie ein korrupter Politiker.» Schottdorf gehörte der CSU viele Jahre an, ob er heute noch Mitglied ist, gibt die CSU-Landesleitung aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht bekannt.
Belege für den Vorwurf der Einflussnahme hatten im Ausschuss aber weder Mahler noch der ehemalige SoKo-Chef Stephan Sattler präsentiert. Bis zum Sommer wird der Untersuchungsausschuss weitere LKA-Ermittler als Zeugen hören. 2006 hatten die Ermittler des Landeskriminalamts bei einer Razzia in Schottdorfs Firmensitz auch Geschäftsbriefe und den Terminkalender des Laborarztes beschlagnahmt. Für den 20. Juli 2005 fand sich in Schottdorfs Kalender der Vermerk: «1900 Essen München H Stoiber». Dabei handelte es sich nach Angaben der CSU um einen Fundraising-Abend der CSU in München, zu dem jeweils einige Dutzend Gäste eingeladen werden. «Bei derartigen Anlässen spricht in der Regel der Parteivorsitzende über die aktuelle politische Lage und wirbt generell um Spenden zur Unterstützung der politischen Arbeit», heißt es in der Antwort der CSU-Landesleitung. Das sei ein gesetzlich anerkannter und üblicher Weg von Parteien zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags. «Deshalb sind auch Spendenaufrufe an Mitglieder ebenso wie an Privatleute und Unternehmen bei allen Parteien üblich.»

2005 spendete Schottdorf 25 000 Euro an die CSU

Im Jahr 2005 spendete Schottdorf 25 000 Euro an die CSU, die im Rechenschaftsbericht der Partei vermerkt sind. Diese Spende war in den vergangenen Jahren Thema vieler Medienberichte. Persönliche Gespräche Stoibers mit Schottdorf habe es weder laut dem Terminkalender noch nach der Erinnerung des heutigen CSU-Ehrenvorsitzenden gegeben, sagt der Sprecher Stoibers. Eine weitere Schottdorf-Spende in Höhe von 18 000 Euro findet sich im CSU-Rechenschaftsbericht für das Jahr 2007. Schottdorf war seit Ende der achtziger Jahre mehrfach wegen Betrugsverdachts ins Visier der Augsburger Staatsanwaltschaft geraten, jedoch nie verurteilt worden. Ein erstes großes Verfahren endete in den neunziger Jahren gegen Geldauflage, ein zweites im Jahr 2000 mit einem Freispruch.
Schottdorf wurde jedoch auch von der CSU persönlich angesprochen. Sein Terminkalender vermerkt für den 16. März 2003 ein Treffen mit «Familie Ruck» in Stadtbergen - dabei handelte es sich mutmaßlich um den früheren Augsburger CSU-Bundestagsabgeordneten Christian Ruck. In den folgenden Wochen gab es sowohl telefonische als auch schriftliche Kontakte zwischen Schottdorfs Labor und der CSU. So vermerkte ein Mitarbeiter des Laborarzts schriftlich, dass eine Frau R. von der CSU München Schottdorf um eine Spende gebeten habe. In der CSU-Landesleitung heißt es dazu, ob damals eine Frau R. in dieser Richtung für die CSU tätig geworden sei, lasse sich nicht mehr eruieren. Am 9. Januar 2004 überwies Schottdorf dann exakt 10 000 Euro an den Augsburger CSU-Bezirksverband, wie aus den 2006 von der SoKo Labor des LKA beschlagnahmten Unterlagen hervorgeht. Diese Spende taucht im CSU-Rechenschaftsbericht des Jahres 2004 nicht auf - veröffentlicht werden müssen Spenden über 10 000 Euro. (Carsten Hoefer, dpa)

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