Politik

Die seit Frühjahr 2024 nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erlaubte und in Bayern inzwischen verpflichtende Bezahlkarte scheidet die Geister. (Foto: dpa/Michael Bihlmayer)

23.05.2025

So wird in vielen Kommunen die Bezahlkarte für Flüchtlinge unterlaufen

Die Zahl der Umtauschinitiativen wächst - derlei Angebote gibt es in Kleinstädten wie Ebersberg und Metropolen wie Nürnberg. Die BSZ zeigt, welche weiteren Kommunen betroffen sind

Für die einen ist sie ein Baustein im Kampf gegen illegale Migration. Andere sehen die Bezahlkarte für Asylbewerber als Freiheitseinschränkung, bezeichnen sie als „diskriminierend“. Gegner greifen das System an, indem sie Kartentauschaktionen anbieten.

Die seit Frühjahr 2024 nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erlaubte und in Bayern inzwischen verpflichtende Bezahlkarte scheidet die Geister. Hinter den Kulissen leistet sich der Freistaat mit Flüchtlingshelfern eine Art Duell. Letztere bieten Geflüchteten an, mit der Bezahlkarte Gutscheine in Discountern, Supermärkten oder Drogerien zu erwerben. Die Bevölkerung wird sodann aufgerufen, die Gutscheine in Wechselstuben zu kaufen.

In Würzburg geschieht dies fast täglich an wechselnden Stellen. Etwa in den Lokalen „Kult“ oder „Senza Limiti“. Solidarische Bürger kaufen die Gutscheine, das Geld bekommen die Flüchtlinge ausgehändigt.

Die Zahl der Umtauschinitiativen wächst. So organisierte die Münchner Kampagne „Offen!“ inzwischen ein Netz an Stellen, wo Gutscheine mit der Asyl-Bezahlkarte erworben werden können. Dazu gehören die Allianz Arena, die „Schlau-Schule“ und das Kreisbüro der Linkspartei. Laut „Offen!“ bildeten sich ähnliche Initiativen in Ebersberg, Erlangen, Freising, Ingolstadt, Kempten, Landshut, Nürnberg, Passau, Regensburg und Rosenheim. Inzwischen wurde auch ein bundesweites Netzwerk der Umtauschinitiativen gegründet.

Sozialleistungen werden mitunter ins Ausland überwiesen

Allerdings gibt es sie noch nicht an jedem Ort. Dem Landkreis Günzburg zum Beispiel ist nicht bekannt, dass es eine solche Initiative geben würde, erklärt die Pressestelle. Günzburg gehörte in Bayern zu den vier Pilotkommunen in Sachen Asyl-Bezahlkarte. Bereits im März 2024 wurden die ersten Karten ausgegeben. „Insgesamt sind es bisher rund 1700“, so Sprecherin Angela Brenner. Die Karte wird in allen Geschäften akzeptiert, in denen auch mit EC-Karte bezahlt werden kann. Schwierig kann es sein, damit in kleinen Cafés zu bezahlen. Darum können monatlich 50 Euro abgehoben werden.

Ein Hauptargument für die Bezahlkarte war das Wissen darum, dass Sozialleistungen nicht selten ins Ausland überwiesen werden. 2023 sollen laut Bundesbank rund 22 Milliarden Euro ins Ausland überwiesen worden sein. Von wem das Geld überwiesen wurde, steht jedoch nicht fest. Einer Umfrage von 2024 zufolge senden lediglich 7 Prozent aller Geflüchteten Geld ins Ausland. Auf Basis aktueller Zahlen würde dies bedeuten, dass knapp 245 000 Flüchtlinge Geldtransaktionen ins Ausland vornehmen.

Zwei junge Flüchtlinge aus Bayern, die namentlich nicht genannt werden wollen, erzählen davon, dass von ihnen Zahlungen an die Familie im Herkunftsland erwartet werden. Sie berichten, dass manche Kinder von ihren Familien nicht in erster Linie wegen Krieg oder Terror, sondern vor allem deshalb auf den weiten und gefahrvollen Weg nach Europa geschickt werden, weil die Familie dringend Geld benötigt. Unrealistischerweise werde von einigen Familien erwartet, dass die Kinder im „Schlaraffenland Deutschland“ monatlich mehrere Tausend Euro schicken.
In Bayern ist die Bezahlkarte seit Ende Juni 2024 verpflichtend. Rund 70 000 Karten befinden sich im Umlauf.

Die Zahl der freiwilligen Ausreisen schnellte laut der Deutschen Presse-Agentur seit der flächendeckenden Einführung der Karte in die Höhe, und zwar um knapp 30 Prozent zwischen Juli 2024 und Dezember 2024. Nahezu 7800 Ausreisen wurden in diesem Zeitraum registriert. Im Vorjahreszeitraum waren es lediglich knapp 6000.

Der Freistaat geht davon aus, dass Migranten, wissen sie um die Bezahlkarte, überhaupt nicht erst nach Deutschland kommen werden. (Pat Christ)
 

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