Politik

28.03.2024

Genderverbot: eine Pseudolösung

Ein Kommentar von Waltraud Taschner

80 Prozent der Deutschen lehnen die Gendersprache ab, zudem steht in zwei Monaten die Europawahl und im kommenden Jahr die Bundestagswahl an. Was liegt da für einen auf Volksnähe erpichten Politiker näher, als das Wutthema Genderstern aufzugreifen? Ministerpräsident Markus Söder hat jetzt das Gendern an staatlichen Behörden verboten, es gilt auch für Personal an Schulen und Hochschulen. Dass nun die AfD frohlockt, Söder sei damit ihrer Forderung gefolgt, ist noch das geringste Problem.

Tatsächlich wirft das Verbot mehr Fragen auf, als es löst. So ist es schon ein ziemlich unerhörter Vorgang, dass Bayerns Lehrkräften etwas untersagt ist, was Schüler*innen weiterhin dürfen: die Gendersprache – auch in Hausaufgaben und Prüfungen – verwenden. Das Genderverbot düpiert auch die queere Community in Bayern, der Söder im vergangenen Jahr ein viel beachtetes Versprechen gegeben hat – nämlich einen Aktionsplan Queer auf den Weg zu bringen. Söders Verbot ist dort eingeschlagen wie eine Bombe.

Professor*innen dürfen gendern,  Lehrkräfte an Schulen nicht

Mindestens kurios ist zudem die Tatsache, dass Söder nun auch Teile seines eigenen Ladens maßregeln muss. Denn verschiedene CSU-Ortsverbände wie auch Ministerien benutzen im Schriftverkehr oder auf Webseiten durchaus die Gendersprache.

Und: Welches Problem sollte da überhaupt gelöst werden? Niemand wurde ja bislang gezwungen, den Genderstern oder Vergleichbares zu verwenden. Auch an Hochschulen ist Studierendenvertretungen kein solcher Fall zu Ohren gekommen. An den Hochschulen ändert sich durch das Genderverbot ohnehin fast nichts. Studierende dürfen weiterhin gendern, so viel sie wollen. Und das Lehrpersonal darf aufgrund der Freiheit von Forschung und Lehre ebenfalls die Gendersprache verwenden, in wissenschaftlichen Aufsätzen sowieso, aber auch in Papieren, die in Vorlesungen oder Seminaren verwendet werden. Wenn aber eine Professorin einen Text verfasst, der Verwaltungsabläufe oder ähnliches betrifft, ist der Genderstern tabu. Alles klar?

Städtische Behörden und private Unternehmen können eh schreiben, wie sie wollen. Heißt: Wer Genderschreibungen hasst, wird sie weiterhin zu sehen kriegen und womöglich noch wütend auf die CSU sein, weil man sich mehr erwartet hat.

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