Politik

Im Plenarsaal schützen Plexiglaswände vor Viren. Viele Abgeordnete vermissen persönliche Gespräche. Das Bild zeigt Umweltminister Glauber. (Foto: dpa/hoppe)

12.02.2021

Gesprächsflaute im Landtag

Wie der Parlamentsbetrieb mit Corona klarkommt

Es ist nicht alles schlecht, was das Coronavirus an Veränderungen im Parlamentsbetrieb mit sich bringt. Das gilt zum Beispiel für Menschen, die sich mit einer Eingabe an den Landtag wenden. Theoretisch konnten sie schon immer dabei sein und mitunter auch mitdiskutieren, wenn ihr Anliegen in den Ausschüssen behandelt wurde. Doch wegen weniger Minuten von Hof, Aschaffenburg oder Lindau nach München zu fahren, das war den meisten dann doch zu viel Aufwand. Seit aber die Ausschusssitzungen gestreamt werden, weil der Landtag aus Gründen des Infektionsschutzes für Gäste geschlossen ist, können die Petent*innen live zuschauen und sich bei Bedarf in die Debatte zuschalten lassen.

„Vielleicht können wir das auch nach Corona beibehalten“, meint der stellvertretende Vorsitzende des Petitionsausschusses, Harald Schwartz (CSU). Man müsse da mal drüber reden. Denn ganz ohne Nebenwirkungen ist die Neuerung nicht. „Es macht die Sitzungsleitung schwerer“, sagt Schwartz. Manche, die in der Sitzungssituation im Landtag ruhig und sachlich argumentieren, gehen in der geschützten Umgebung des häuslichen Wohnzimmers etwas mehr aus sich heraus, formuliert es Schwartz diplomatisch. Eine weniger bürgernahe Folge hat Corona aber auch, berichtet Schwartz. Der Ausschuss sei zurückhaltender bei Ortsterminen. Denn mit Vertretern von Kommunen und Behörden kämen schnell mal zehn Personen zusammen – trotz Maske und Abstandhalten fühlen sich da nicht alle wohl.

Die Reduzierung der Kontakte ist für die meisten Abgeordneten aber das Hauptmanko in der Pandemie. Gerade jetzt fallen landauf, landab die Neujahrsempfänge aus, sonst Pflichttermine mit vielen Gesprächen.

Zeitnot trotz Corona

Die meisten versuchen, das mit Videokonferenzen zu kompensieren. „Inhaltliche Fragen lassen sich so ganz gut regeln, aber das vertrauliche Gespräch am Rande fällt flach“, klagt der Grüne Jürgen Mistol. Zwar erreiche man mit Online-Formaten oft mehr Menschen gleichzeitig als auf Präsenzterminen, aber die Qualität der Gespräche sei eine andere. Und noch etwas hat Mistol festgestellt: Den ganzen Tag in Videokonferenzen zu sein, sei deutlich anstrengender als Sitzungen in Präsenz.

Ähnlich lauten die Erfahrungen von Volkmar Halbleib (SPD). Auch er vermisst persönliche Kontakte. „Manches geht halt am Telefon oder per Video nicht.“ Unter strengen Hygieneauflagen versucht Halbleib, wenigstens einzelne Unterhaltungen im Tête-à-Tête zu führen. Der Zeitaufwand für Gespräche sei eher größer geworden, auch wegen der vielen coronabedingten Sorgen, die an die Abgeordneten herangetragen würden.

Genauso geht es Fabian Mehring (Freie Wähler). Auch er ist gerade mehr im Dialog mit den Menschen als früher, vor allem über Social-Media-Kanäle. Zudem seien ihm wegen der vielen zusätzlichen Telefonate und Videoschalten die kabellosen Earpods fast schon „am Ohr festgewachsen“. Mehring findet, dass die Schlagzahl für Abgeordnete höher geworden sei. Obwohl die Zeit für Fahrten zu Terminen wegfalle, habe man nicht mehr Freizeit. Sondern eher mehr Raum dafür, noch mehr zu erledigen. FDP-Fraktionschef Martin Hagen wiederum sieht die Bedeutung der sozialen Netzwerke wachsen. Doch er sieht auch die Nachteile: Direkte Rückkoppelung vom Gegenüber ist ihm wichtig. Weshalb er die wenigen möglichen Alltagskontakte dankbar nutzt: beim Bäcker, in der Kita oder mit Nachbarn. AfD-Fraktionsvize Roland Magerl hat sich in seinem Büro einen Zoom-Account eingerichtet, sein Bürgerbüro ist geschlossen. Auch er stellt fest, dass das Kontakthalten, egal mit wem, „sehr zeitaufwendig“ geworden ist.

Landtag tagt weiterhin nur in verkleinerter Besetzung

Weitgehende Einigkeit herrscht fraktionsübergreifend, dass der Landtag auf absehbare Zeit weiter in verringerter Besetzung tagen soll. „Wir sollten da nicht voranschreiten, solange für weite Teile der Bevölkerung noch Einschränkungen gelten“, erklärt der Grüne Jürgen Mistol. Auch Halbleib sieht das so, allerdings wünscht er sich, dass die vom Präsidium eingerichtete Taskforce nach Fasching wieder regelmäßig tagt, die sich mit den Corona-Regeln für den Landtag befasst. „Ziel muss sein, uns wieder Richtung Vollmodus zu bewegen“, sagt Halbleib. Mehring fordert für die Rückkehr zum Normalbetrieb eine Art Beweislastumkehr. Es müsse erklärt werden, warum bei sinkenden Inzidenzen der Betrieb nicht wieder voll aufgenommen werde. Nur die AfD verlangt die sofortige Rückkehr zum Normalbetrieb. „Das geben das Hygienekonzept des Landtags und die aktuellen Inzidenzwerte her“, glaubt Roland Magerl. (Jürgen Umlauft)

Anmerkung der Redaktion:
In einer früheren Version des Textes wurde fäschlicherweise Harald Schwartz (CSU) als Vorsitzender des Petitionsausschusses bezeichnet. Das stimmt nicht, Vorsitzende ist Stephanie Schuhknecht (Grüne). Wir haben diesen Fehler korrigiert.

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