Politik

Die Mitinitiatoren der Aktion "Rettet die Bienen" feiern ihren Erfolg vor dem Landtag. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

04.04.2019

Getriebene zum Schutz der Bienen

Den historischen Erfolg des Volksbegehrens "Rettet die Biene" konnte am Ende auch die Staatsregierung nicht mehr ignorieren. Schon im Mai soll nun über die Reform des Naturschutzgesetzes abgestimmt werden

Nein, ein Getriebener wollte Markus Söder nie sein. Und doch sind der bayerische Ministerpräsident und seine schwarz-orange Regierung in Sachen Artenschutz jetzt genau das. Denn letztlich muss die Koalition nun das bayerische Naturschutzgesetz so reformieren, wie es CSU und Freie Wähler eigentlich nie wollten: Hin zu einem mehr an Natur- und Artenschutz, auch dort, wo es die Bauern im Land ablehnen. Für Söder geht es an dem "historischen Tag", der besondere politische Führung verlange, aber um mehr.

"Es wäre nicht richtig, das Empfinden von zwei Millionen Menschen zu ignorieren", sagt der CSU-Chef, und es klingt wie ein Appell an seine eigenen Leute und eine Entschuldigung an die Landwirte in einem Satz. So wundert es auch nicht, dass Söder in der ihm innewohnenden Art die Situation nutzte, um aus der - wie es auch bei CSU und Freien Wählern von vielen bezeichnet wurde - Niederlage eine Tugend zu machen.

"Wir wollen keinen Gegenentwurf, sondern werden im Landtag ein großes Versöhnungsgesetz annehmen." Dabei kann auch diese Wortwahl eines nicht verdecken: Söder will sich zwar - wie immer - als aktive, treibende Kraft geben. Vielmehr kann er gar nicht anders. Denn auch Söder weiß, hätten CSU und Freie Wähler im Landtag gegen den Gesetzesentwurf des Volksbegehrens gestimmt, hätte bei dem dann notwendigen Volksentscheid eine noch viel herbere Niederlage gedroht - mit langfristigem Imageschaden inklusive. Und genau das will Söder natürlich verhindern, denn noch eine Wahlpleite der CSU wie vor einem Jahr bei der Landtagswahl kann auch er nicht verkraften.

Dem Strategen Söder dürfte der Gang der Dinge - so heißt es in seinem Umfeld - schon klar gewesen sein, als der Landeswahlleiter ausgerechnet am Valentinstag das Rekordergebnis von mehr als 18 Prozent verkündete. Dass er danach einen Runden Tisch unter der Leitung von Alt-Landtagspräsident Alois Glück einberief, sei seine Brücke gewesen, um die sich sofort aufbauenden Frontlinien zu beruhigen - sowohl die Landwirte um Bauernverbandspräsident Walter Heidl als auch die Kritiker in den eigenen Regierungsreihen, allen voran CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. Beide - das ist an diesem Mittwoch auch in ihren Gesichtern zu sehen - sind alles andere als erfreut über den Lauf der Dinge.

Dass sie dennoch zustimmen - die CSU-Fraktion stimmt in ihrer Sitzung nach teils sehr kritischer Wortmeldungen gar einmütig dafür, bei den Freien Wählern sind 5 der 26 Anwesenden dagegen - hat neben der drohenden Niederlage noch einen anderen Grund. Denn parallel zum Gesetzentwurf des Volksbegehrens soll ein großes Paket für mehr Umwelt- und Artenschutz beschlossen werden, was Söder gar einen neuen Gesellschafts- und Generationenvertrag nennt.

Söder will die CSU grüner machen

Aiwanger ist weniger pompös: Die Forderungen der Artenschützer müssten nun verbessert und praxistauglich werden. Im Entwurf gebe es "viele Punkte, die der Landwirtschaft weh tun." Davon war in den vergangenen Wochen schon immer wieder viel zu hören, im Kern fürchten die Bauern aber vor allem eines: wegfallende Subventionen, sinkende Erträge und rückläufige Einnahmen. Kreuzer spricht von einem "Kraftakt", der nun zwingend zum Erfolg geführt werden müsse.

Bleibt die Frage, warum Söder und Co das unangenehme Thema nun Wochen vor der letzten Sitzung des Runden Tischs am 26. April abräumen. Das hat zeitliche Gründe: Denn schon in der kommenden Woche muss sich das Kabinett entscheiden, ob es den Gesetzentwurf des Volksbegehrens annehmen wird oder nicht. In der CSU treibt Söder zudem einen Reformprozess voran, der die Partei nicht nur weiblicher und jünger machen soll, sondern auch grüner.

Den Initiatoren des Volksbegehrens ist das alles völlig egal. Sie haben es geschafft, in einer emotional geführten Kampagne die Bayern für den Artenschutz zu begeistern. Und sollte am Ende die von Söder mit einem "mittleren zweistelligen Millionenbetrag" taxierte Umsetzung auch den Bauern mehr Geld in die Kasse spülen, etwa durch lukrative Förderprogramme für Jungbauern, Ökolandbau und Blühstreifen, könnte es am Ende tatsächlich viele Gewinner geben.
(Marco Hadem und Christoph Trost, dpa)

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