Politik

15.12.2022

Halten Sie die Verschiebung des Schulstarts um eine Stunde nach hinten für sinnvoll?

Bayerns Schulkinder sollen später aufstehen dürfen - fordern die Jungen Liberalen Bayern. Ihr Vorsitzender Felix Meyer ist von der Sinnhaftigkeit eines Schulstarts erst um 9 Uhr überzeugt – ganz anders als Michael Schwägerl, der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbands

JA

Felix Meyer, Landesvorsitzender der Jungen Liberalen Bayern

Die entscheidende Frage für uns ist: Für wen sind unsere Schulen da? Und diese Frage lässt sich leicht beantworten: Schulen sollen Bildungseinrichtungen für unsere Schülerinnen und Schüler sein und dabei ein bestmögliches Lernumfeld bieten. Ausgehend von diesem Kerngedanken müssen wir überlegen, ob der Unterrichtsbeginn um 8 Uhr wirklich ein Lernumfeld ermöglicht, das zum Biorhythmus von Schülerinnen und Schülern passt.

Verschiedene Studienergebnisse legen nahe, dass innere Uhr und Schlafrhythmus von Jugendlichen sich zumindest ab der Pubertät nach hinten verändern. Das liegt an der Umstrukturierung des Hormonhaushalts und neurologischen Aktivitäten und führt eben dazu, dass vor allem ältere Schüler erst ab 9 Uhr wirklich aufnahmefähig sind.

Dieser hormonell bedingt veränderte Rhythmus kann nicht einfach dadurch umgangen werden, dass Schülerinnen und Schüler früher ins Bett gehen. Langfristig kann sich, vor allem in der Mittel- und Oberstufe weiterführender Schulen, nur eine Anpassung des Unterrichtsbeginns positiv auf die Aufnahmefähigkeit von Jugendlichen auswirken. Uns ist bewusst, dass diese Verschiebung nur einer von vielen Schritten ist, die gegangen werden müssen, aber sie ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Viele Eltern machen sich berechtigte Sorgen, wer nach ihren Kindern sieht, wenn sie schon früh zur Arbeit müssen. Hier wollen wir mit einem Betreuungsangebot gerade für jüngere Schülerinnen und Schüler ansetzen, um Eltern auch weiterhin einen frühen Arbeitsbeginn zu ermöglichen.

Eine solche Umstellung funktioniert natürlich nicht von heute auf morgen. An die Verschiebung müssen sich schließlich auch die Aktivitäten im Ehrenamt oder in Sportvereinen anpassen. Um die Umsetzbarkeit und die Herausforderungen dieser Verschiebung zu prüfen, hat die FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag gefordert, im ersten Schritt einen Modellversuch zu starten. Diesen Vorstoß unterstützen wir ausdrücklich.

 

NEIN

Michael Schwägerl, Vorsitzender des Bayerischen Philologenverbands

Schlafforscher kritisieren den frühen Schulstart in Deutschland und raten zu einem Schulbeginn, der besser an den Tagesrhythmus von Kindern und Jugendlichen angepasst ist. Das immer wiederkehrende Ansinnen, den Schulbeginn von 8 auf 9 Uhr zu verschieben, hört sich – aus diesem Blickwinkel betrachtet – wie eine rein sachlogische Folgerung an. Doch wie so vieles hat auch diese Frage mehrere Facetten, die es zu bedenken gilt.

Denn die biologische Komponente ist nur einer der Aspekte, der bei einem früheren Schulbeginn betrachtet werden muss: Da ist zunächst der Schulweg, der nicht immer per Rad, zu Fuß oder mit flexibel nutzbaren öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden kann. Schulbusse sind in der Regel Linienbusse mit einer eigens festgelegten Taktung im Rahmen einer langfristigen, vertraglichen Bindung. An dieser Stelle wäre in der Fläche eine immense Umstellung im Transportwesen nötig.

Dazu kommt, dass die komplette Arbeitswelt in Deutschland auf einen früheren Arbeitsbeginn als 9 Uhr ausgerichtet ist. Um 8 Uhr das erste Meeting, die Schule des Kindes beginnt aber erst um 9 Uhr? Gerade für Eltern jüngerer Schülerinnen und Schüler entsteht bei einem späteren Schulbeginn eine zeitliche „Betreuungslücke“ am Morgen.

Und last, not least: Laut einer Analyse des Forschungszentrums Demografischer Wandel der Frankfurt University of Applied Sciences aus dem Schuljahr 2018/19 spricht sich auch die Mehrheit der 7700 befragten Schülerinnen und Schüler der neunten Jahrgangsstufe (52 Prozent) bei einem regulären Schultag mit sechs Stunden für einen Unterrichtsbeginn um 8 Uhr aus.

Bei einem „langen“ Schultag mit acht Schulstunden entscheiden sich sogar knapp 70 Prozent für den früheren Schul- und damit auch Freizeitbeginn. Denn die Jugendlichen stehen lieber früher auf, als nachmittags länger in der Schule zu sitzen. So bleibt mehr Zeit für Hobbys, eigene Interessen, die Nachbereitung des Schultags und einen entspannteren Abend. 
 

 

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