Politik

Heimatminister: „Die Aufgabe ist ein Marathon.“ Markus Söder (CSU) in offizieller Ministerkluft in seinem Münchner Büro. (SZPhoto)

18.10.2013

"Ich hab keine Karrierestrategie mehr"

Finanzminister Markus Söder über seine neue Zuständigkeit für „Heimat“, seine künftige Zusammenarbeit mit Wirtschaftsministerin Aigner und persönliche Aufstiegsambitionen

Bloß keine Zeit verlieren! An Markus Söders Sprechtempo merkt man: Der Mann steht unter Strom. Klar, als einziges bayerisches Regierungsmitglied soll er eine Regierungs-Außenstelle installieren, in Franken. Gleich muss er wieder in die ministerielle Arbeitsgruppe, die das genaue Aufgabenfeld des Heimat-Ressorts festzurrt. Ihm pressiert’s, weshalb er sich auch nicht groß um ministerielle Dress-Codes schert – Söder trägt Jeans und Pulli. BSZ: Herr Söder, nervt Sie der Titel Heimatminister, den Sie jetzt auch tragen? Klingt ja ein bisserl nach Folklore.
Söder: Es kommt nicht darauf an, wie spektakulär eine Aufgabe klingt, sondern wie gut man sie erledigt. Ich bin Finanzminister und habe jetzt noch die Zuständigkeit für Landesentwicklung. Das ist schon eine der anspruchsvollsten Aufgaben, die es im Kabinett gibt, insbesondere deswegen, weil es eben nicht um Folklore geht, sondern darum, ein Leitbild für die Zukunft zu entwerfen: Bayern soll kein Land der zwei Geschwindigkeiten sein! Es darf nicht so sein, dass es nur starke Metropolen gibt und einen ländlichen Raum, der um den Anschluss kämpft. Mir wurde jetzt vom Ministerpräsidenten aufgetragen, eine gesamtbayerische Perspektive zu entwickeln. Das ist die vielleicht landespolitischste Aufgabe schlechthin. BSZ: Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse – das fordert die Opposition seit Jahren. Wie kommt es, dass sich die CSU erst jetzt drum kümmert?
Söder: Zunächst mal: Die Verhältnisse in Bayern sind bereits jetzt besser als woanders. Ministerpräsident Horst Seehofer hat aber nun traditionell gesplittete Zuständigkeiten gebündelt. Man hat ja bei der Flutkatastrophe im Frühjahr gesehen, dass es sich bewährt, wenn man einem Ministerium die Federführung für eine Mammutaufgabe überträgt. Die Zuständigkeit für die Bewältigung der Flutkatastrophe lag damals bei mir. Jetzt kommt die nächste Managementaufgabe. BSZ: Wie ist Ihre Agenda? Wo soll Bayern nach fünf Jahren Heimatministerium stehen?
Söder: Das Ganze ist ein Marathon-Lauf. Das ist keine Herausforderung, mit der man schnelle Schlagzeilen macht. Man kann das vergleichen mit den anderen großen Strukturveränderungen, die Bayern in den letzten 50 Jahren bewältigt hat: Das war die Entwicklung vom Agrar- zum Industrieland und vom Industrieland zum Hightech-Land. Beide Entwicklungen sind nachhaltig gelaufen, aber es gab dabei gewisse Unschärfen. Denn nicht alle Regionen haben sich gleich stark entwickelt. Diesen jetzt dabei zu helfen, weiter nach vorn zu kommen, das ist die moderne Form von Heimatpflege. Zuständig zu sein für Heimat und Internet: Das ist das politische Update von Laptop und Lederhose.

"Starke müssen mit Starken zurechtkommen"

BSZ: Ist das nicht Augenwischerei? Auf der ganzen Welt konzentriert sich das wirtschaftliche und kulturelle Geschehen um die Metropolen. Wie stark kann die Politik da gegensteuern?
Söder: Die Mega-City-Entwicklung ist jedenfalls genau die Entwicklung, die wir nicht brauchen. Die Mega-City-Entwicklung hat weltweit eher zur Verarmung in den Cities geführt und zur Verödung des Umlandes. Und die Fehler, die andernorts gemacht wurden, brauchen wir in Bayern nicht zu wiederholen. Im Gegenteil: Wir probieren es genau andersherum.
bsz Wichtig ist doch auch, dass sich Unternehmen auf dem Land ansiedeln. Wie animiert man die dazu?
söder Mit aktiver Standortpolitik. Dazu gehört auch eine gute Behördenstruktur, ein gutes Angebot von Straßen und Internet – und von Bildungseinrichtungen. Und mit gezielter Regionalförderung für die mittelständische Wirtschaft. BSZ: Das heißt, Sie müssen künftig auch eng mit Ihrer Kollegin Aigner zusammenarbeiten?
Söder: Das tue ich doch jetzt schon jeden Tag. BSZ: Zur Behördenstruktur: Ist es in Zeiten von E-Government wirklich noch nötig, Behörden zu verlagern?
Söder: Ja. Am Beispiel der Finanzschule Kronach hat man das doch gesehen: Das wird zu einer echten Belebung der örtlichen Wirtschaft führen. Ein Ort, der Behörden hat, ist automatisch attraktiver, es siedeln sich Leute drum herum an. Um einen Computer allein hat sich noch keiner angesiedelt. BSZ: Welche Behörden wollen Sie aufs flache Land verlagern?
Söder: Das überlegen wir in Ruhe. Wir machen jetzt eines nach dem anderen. Von den Aufgaben her ist das Finanzministerium eines der größten in Bayern. Da gibt es viel zu tun. Auch hier gilt das Motto: Die Aufgabe ist ein Marathon, ich will keine Schnellschüsse. BSZ: Aber ein paar Dinge haben Sie doch sicher schon im Hinterkopf?
Söder: Zunächst mal muss die Struktur in der neuen Außenstelle in Nürnberg geklärt werden. BSZ: Haben Sie sich explizit um das Heimatressort beworben? Oder hat Seehofer Ihnen das von sich aus angeboten?
Söder: Anders als in jungen Jahren habe ich heute keine karrieretechnischen Strategiepläne. Wer was wird und wer was werden könnte, das interessiert mich nicht. Es wäre ermüdend, sich dauernd darüber den Kopf zerbrechen zu müssen. Ich gehe die Dinge pragmatisch an und orientiere mich an den Aufgaben, die zu lösen sind. BSZ: Aber Sie haben doch vor der Wahl schon klargemacht, dass Sie gerne die Zuständigkeit für die Digitalisierung wollen.
Söder: Das Finanzministerium ist mit seinen 1400 IT-Spezialisten und 51 Vermessungsämtern strukturell am besten für die digitale Herausforderung geeignet. BSZ: Echt? Sie überlegen nicht, wer in Seehofers Personaltableau in der Pole-Position ist?
Söder: Nein. Ich denke, Horst Seehofer hat bei seiner Personalauswahl auf das FC-Bayern-Konzept gesetzt: Er hat eine Mannschaft aufgestellt, die entsprechend ihrer Fähigkeiten eingesetzt wird. In einem guten Führungsteam müssen Starke mit Starken zurechtkommen. Wenn Starke nur mit Schwachen können, dann sind sie nicht führungsfähig. Ich freue mich, dass wir ein Team von Starken sind.
(Interview: Waltraud Taschner)

Kommentare (2)

  1. splash77 am 21.10.2013
    Na Herr Söder, dann passen Sie mal auf, dass der "Trainer" kein flexibles Positionsspiel verlangt und Sie ganz schnell auf die Bank rotieren.
  2. Alexander am 18.10.2013
    Aber, aber Herr Ministerpräsident Söder!
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