Politik

Dortmunds künftiger Oberbürgermeister: Alexander Kalouti (57) tritt am 3. November sein Amt an. (Foto: Paul Schneider)

17.10.2025

"Ich war in einer Underdog-Rolle"

Alexander Kalouti (CDU), künftiger OB von Dortmund, über seine Pläne für mehr innere Sicherheit und darüber, wie er den rot-rot-grünen Stadtrat gewinnen will

Bundesweit war es eine Sensation. Bei der Kommunalwahl bezwang CDU-Mann Alexander Kalouti (57) in der Stichwahl den Amtsinhaber von der SPD. Somit regiert nun nach fast 80-jähriger SPD-Herrschaft ein CDUler die 600 000-Einwohner-
Stadt in NRW. Leicht wird es nicht für Kalouti. Denn im Stadtrat verfügt Rot-Rot-Grün über die Mehrheit.

 

BSZ: Herr Kalouti, in Bayern beneiden Sie einige CSUler, die auch gern einen SPD-Amtsinhaber aus einem Großstadtrathaus vertreiben würden. Wie haben Sie das geschafft?
Alexander Kalouti:  Das war das Resultat einer fantastischen Teamarbeit. Es gab den unbedingten Willen, die Wahl zu gewinnen. Ich hatte außerdem völlig freie Hand, konnte mir mein gesamtes Team selbst zusammenstellen. Alle haben ehrenamtlich gearbeitet. Es war keine leichte Gemengelage, denn ich hatte einen parteilosen Mitkandidaten aus dem bürgerlichen Lager, der sehr gut vernetzt war. Ich habe einen Wahlkampf geführt, bei dem wir sehr stark sichtbar waren, die wichtigen Themen angesprochen haben – und wir haben keine Fehler gemacht.

 

BSZ: Die Gegenseite offenbar schon. Was lief schief in Dortmund, welche Probleme sind liegen geblieben?
Kalouti: Die zentralen Themen lauten: Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung. Wir haben in Dortmund leider ein enormes Problem mit Obdachlosigkeit und mit Drogenabhängigen. Das wurde nicht wirklich angegangen. Man hat zwar immer gesagt, man sei in Gesprächen, aber die Menschen haben keine Resultate gesehen. Im Gegenteil, die Probleme wie Verwahrlosung und aggressives Betteln haben sich verschärft, und zwar nicht nur in der Innenstadt, sondern auch in den Stadtteilen. Mir haben Menschen über alle sozialen Schichten hinweg gesagt: Wir gehen nicht mehr in die Innenstadt und wir fahren auch nicht mehr im öffentlichen Nahverkehr, weil wir uns da nicht mehr sicher fühlen.

 

BSZ:  Ist auch die Kriminalität angestiegen?
Kalouti: Messerstechereien, auch Schießereien sind schon sehr sichtbar. Ebenso wie Ladendiebstähle. Mir haben etliche Ladenbesitzer ihr Leid geklagt und erklärt, sie fühlen sich hochgenommen von der Politik. Vor allem von den Grünen, die die Sicherheitsprobleme nicht nur nicht angehen, sondern die Probleme schönreden oder schlichtweg leugnen. Besonders im Bereich des öffentlichen Drogenkonsums. 

 

"Es gab den Vorschlag des Oberbürgermeisters, einen Drogenkonsumraum in die Mitte von drei Schulen zu legen"

 

BSZ:  Wie stehen Sie zu Drogenkonsumräumen?
Kalouti:  Wir brauchen Drogenkonsumräume durchaus. Aber es kommt immer auf den Standort an. Die sollen außerhalb der Innenstadt und vor allem fernab von Schulen sein. Es gab den Vorschlag des Oberbürgermeisters, einen Drogenkonsumraum in die Mitte von drei Schulen zu legen. Es gab dann so viel Druck vonseiten der Schulen, dass man gesagt hat, das verfolgt man nicht weiter. Ich habe mich von Anfang an dagegen ausgesprochen und gesagt: Dieses Projekt wird es mit mir nicht geben.

 

BSZ: Welche Bevölkerungsgruppen verursachen die größten Probleme?
Kalouti: Im Fall der Drogenabhängigen handelt es sich um Leute aus der Region, aber auch Menschen, die oftmals aus Osteuropa stammen. Im Bereich Kriminalität sind alle Bevölkerungsgruppen vertreten, Migrantinnen und Migranten sind gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung überrepräsentiert – wie überall.

BSZ: War Migration ein zentrales Wahlkampfthema?
Kalouti: Es war ein Thema für die Menschen. Gerade mit Blick auf den sozialen Zusammenhalt. Ich habe oft gehört, es sei an der Zeit, von Migranten einzufordern, dass die sich hier integrieren und unseren Way of Life stärker übernehmen. Wer zu uns kommt, hat auch eine Bringschuld. Bei unseren Grundwerten wie Toleranz, Gleichberechtigung von Mann und Frau oder die Stellung Homosexueller gibt es keinerlei Verhandlungsmasse. 


"Von linker Seite wird schnell die Rassismsuskeule geschwungen"

 

BSZ: Ein schwieriges Thema.
Kalouti: Durchaus. Von linker Seite wird da sehr schnell die Rassismuskeule geschwungen.

 

BSZ: Wie war Ihr Wahlkampf aufgebaut? Klassischer Haustürwahlkampf, soziale Medien?
Kalouti: Wir haben alles bedient. Neben Plakaten, Flyern und dem Haustürwahlkampf haben wir stark die sozialen Medien bespielt. Die klassischen Medien haben mir nicht gerade geholfen, da waren wir in einer Art Underdog-Rolle: Die hier verbreitete Zeitung war sehr konträr mir gegenüber eingestellt. Die hatte eben ihre eigene Agenda. Da kam ich als unprofessionell und blass rüber, als jemand, der keine Ahnung von Wahlkämpfen hat. Da wurde man zuweilen sehr persönlich. Das ging vielen Lesern mächtig auf die Nerven. Und über große Wahlkampfveranstaltungen, zum Beispiel mit dem Innenminister Herbert Reul oder dem Ministerpräsidenten Hendrik Wüst, wurde gar nicht erst berichtet. 

 

BSZ: Was werden Sie als Erstes in Angriff nehmen?
Kalouti: Wir brauchen mehr Streifengänge auf den Straßen. Wir müssen den kommunalen Ordnungsdienst, unsere städtischen Ordnungshüter, stärker in den neuralgischen Orten einsetzen und personell hochfahren. Dortmund hat 615 000 Einwohner, und wir haben einen Stellenpool von 78 Ordnungshütern. Normalerweise müsste eine Stadt dieser Größe 200 Stellen haben.

 

BSZ: Welche Befugnisse hat der Ordnungsdienst?
Kalouti: Die können Falschparker aufschreiben, aber eben auch Drogenabhängige vertreiben.

 

BSZ: Aber Sie könnten auch mehr Polizei anfordern, oder?
Kalouti: Polizei ist Ländersache. Aber ich kann und werde durchaus beim Dortmunder Polizeipräsidenten um Unterstützung bitten und zum Beispiel mehr Videoüberwachung anfordern.


"Die AfD hat ihr Ergebnis in Dortmund verdreifacht, und zwar maßgeblich auf Kosten der SPD"

 

BSZ: Mehr Ordnungshüter kosten Geld. Dafür brauchen Sie den Stadtrat. Dort hat aber Rot-Rot-Grün die Mehrheit.
Kalouti: Eine Mehrheit für mehr Ordnungskräfte wäre derzeit möglich, mit CDU, SPD, FDP und Bürgerliste. Es kann grundsätzlich auch immer wechselnde Mehrheiten geben, je nach Themenlage.

 

BSZ: Ausgerechnet die SPD, die den OB verloren hat, würde mit Ihnen stimmen?
Kalouti: Die SPD müsste sich halt fragen lassen, ob sie mit Rot-Rot-Grün eine Politik betreiben will gegen die Mehrheit der Bevölkerung. Im Übrigen: Die AfD hat ihr Ergebnis in Dortmund verdreifacht, und zwar maßgeblich auf Kosten der SPD. Denn die AfD hat in den ehemaligen SPD-Hochburgen gepunktet.

 

BSZ: Die AfD würde Anträgen für mehr innere Sicherheit sicher zustimmen. Akzeptabel für Sie?
Kalouti: Ich stehe absolut zur Brandmauer. Ich würde nicht mit der AfD zusammenarbeiten. Wie soll ich außerdem mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Ziel es ist, die CDU zu zerstören. Wenn die AfD aber irgendwo mitstimmt, ist das eben so. Ich kann der AfD nicht vorschreiben, wie sie abstimmen soll.

 

BSZ: Sie waren einst FDP-Mitglied. Wie kamen Sie zur CDU?
Kalouti: Nach meinem Weggang aus dem bayerischen Wirtschaftsministerium war ich für die FDP-Bundestagsfraktion tätig. Dort stellte sich bei mir eine gewisse Ernüchterung ein. Denn ich fand die FDP-Linie in Teilen völlig aus der Zeit gefallen, vor allem in der Innen- und Sicherheitspolitik. 2014 kam ich nach Dortmund, wo ich 2020 den OB-Kandidaten der CDU kennenlernte. Der fragte mich, ob ich ihn beraten und unterstützen kann. Dadurch fiel ich ein paar Leuten auf. Ich bin dann im gleichen Jahr in die CDU eingetreten.

 

BSZ:  Angenommen, die CSU hätte angefragt, ob Sie irgendwo in Bayern OB-Kandidat werden wollen: Hätten Sie zugesagt?
Kalouti: Ja. Die CSU hatte ich bereits im Kopf, als ich noch in Bayern war. Da fand ich, dass die CSU schon vieles richtig macht. Bayern ist nach wie vor ein wirklich sehr gut funktionierendes Bundesland.
(Interview: Waltraud Taschner)
 

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