Politik

Kita-Anmeldungen kann man in München und Würzburg digital erledigen. Und Regensburg plant einen Online-Traukalender. (Foto: dpa/Dittrich) ´

26.02.2021

Ins Rathaus per Bayern-App

Statt stundenlangem Anstehen: Im Freistaat kann man jetzt mit dem Smartphone Behördengänge erledigen – allerdings nur, wenn auch die Kommune mitmacht

Per Smartphone und Laptop lässt sich inzwischen vieles erledigen. Einkäufe, Urlaubsbuchungen – und sogar Behördenangelegenheiten. Letzteres will die neue Bayern-App erleichtern, die Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) kürzlich vorstellte. Sie ermöglicht den Zugang zu staatlichen und kommunalen Verwaltungen: mit Links zu mehr als 150 Online-Diensten und rund 6000 Behörden. Schon in den ersten Tagen habe man hier 15 000 Downloads registriert, sagt eine Sprecherin des Ministeriums.

Eine Geburtsurkunde anfordern, Familiengeld beantragen oder den neuen Hund anmelden – das funktioniert damit auch ohne Gang zum Rathaus. Allerdings nur dann, wenn die jeweilige Stadt oder Gemeinde den Service tatsächlich online anbietet. Was längst nicht überall der Fall ist. Die Kommunen seien hier noch sehr unterschiedlich aufgestellt, räumte Gerlach ein. Das legt auch ein Blick auf das digitale Bürgerservice-Portal der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) nahe, mit dem Anträge online erfasst und direkt an die zuständige Behörde weitergeleitet werden können. Nur 214 Kommunen und Landkreise sind hier aufgelistet. Dabei gibt es im gesamten Freistaat mehr als 2000 Städte, Märkte und Gemeinden.

In den Großstädten ist schon einiges digital möglich

Dennoch betont AKDB-Pressesprecher Florian Kunstein, dass die bayerischen Kommunen im bundesweiten Vergleich weit fortgeschritten seien. Auch die Nachfrage nach solchen Diensten nehme zu, gerade in Corona-Zeiten. In den ersten sechs Wochen dieses Jahres sei die Zahl der Transaktionen in den Bürgerservice-Portalen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum immerhin um 40 Prozent gestiegen. Auch die bayerischen Bürgerkonten – vergleichbar mit den Nutzerkonten beim Online-Einkauf – gewinnen immer mehr Anhänger. 2020 habe ihre Zahl im Vergleich zum Vorjahr um fast 80 Prozent zugenommen, sagt der AKDB-Pressesprecher.

Nicht alles lässt sich jedoch bequem vom Wohnzimmersofa aus managen. Wer beispielsweise einen neuen Personalausweis oder einen neuen Reisepass braucht, muss sich nach wie vor auf den Weg zur Behörde machen. Da hilft auch die Bayern-App nicht weiter: „Zur Prüfung der Identität muss der Personalausweisinhaber grundsätzlich persönlich bei der Personalausweisbehörde erscheinen“, heißt es dort lapidar.

Abgesehen davon ist in bayerischen Großstädten online schon manches möglich, wie eine Nachfrage in München, Nürnberg, Regensburg, Augsburg und Würzburg zeigt: von der Anforderung von Ehe-, Geburts- und Sterbeurkunden bis zur Abmeldung ins Ausland; von der Melderegister-Auskunft bis zum Antrag auf Briefwahlunterlagen oder einen Bewohnerparkausweis. In München können selbst Baugenehmigungen, Kita-Anmeldungen und Anträge auf Einbürgerung auf digitalem Weg erledigt werden. Letzteres bietet auch die Stadt Augsburg an, während Würzburger Eltern ihre Sprösslinge ebenfalls online in Kitas anmelden können. Und Regensburg plant für nächstes Jahr unter anderem einen Online-Traukalender. Die Stadt Nürnberg wiederum hält die Plattform Mein Nürnberg bereit, mit der registrierte Nutzer Online-Formulare besonders schnell ausfüllen können, weil persönliche Kontodaten gleich übernommen werden. Rund 350 PDFs, 340 Online-Assistenten und 20 Workflows stehen dort zur Verfügung. Ein Service, den nach Auskunft der Stadt schon etwa 18 000 Bürger*innen in Anspruch nehmen.

Aber auch kleinere Kommunen müssen sich nicht verstecken. Spiegelau und Frauenau im Bayerischen Wald etwa, wo seit dreieinhalb Jahren das Modellprojekt „Digitales Dorf“ läuft. Eine Initiative, die beide Gemeinden auch für die Modernisierung ihrer Verwaltungen nutzten. „Wir sind zu 90 Prozent ein digitales Rathaus“, sagt Spiegelaus Bürgermeister Karlheinz Roth.

Digitale Signaturen: Es fehlt an klaren Vorgaben

Die Einwohner von Bessenbach im Landkreis Aschaffenburg können ebenfalls bereits auf manchen Gang zum Rathaus verzichten – dank Bürgerservice-Portal. „Bei uns laufen die Daten und nicht die Bürger“, heißt es dazu auf der gemeindeeigenen Homepage. Selbst Anträge auf Windel-Zuschüsse für Kleinkinder oder auch für ältere Menschen seien online möglich, berichtet Bürgermeister Christoph Ruppert. Rege genutzt werde auch die Online-Meldung der Wasserzählerstände. Und wer sich für ein Baugrundstück in der Gemeinde interessiert, kann sich per Smartphone oder Laptop auf die entsprechende Liste setzen lassen. Sogar Meldungen über Schäden an Straßen, Sitzbänken und Spielplätzen im Gemeindebereich funktionieren per Digital-Formular. Für Ruppert selbstverständlich: „Wir wollen eine moderne, serviceorientierte Dienstleistungsbehörde sein. Gerade im Hinblick auf Corona muss wirklich jede Kommune merken, wie wichtig das ist.“

In der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Helmstadt im Landkreis Würzburg sieht man das ähnlich. Sie sei vor gut sieben Jahren eine der ersten gewesen, die das Bürgerservice-Portal der AKDB eingeführt habe, erinnert sich Geschäftsleiter Ralf Büttner. Der Digitalisierungsprozess hatte jedoch schon Ende der 1990er-Jahre begonnen. Das hängt auch mit der regionalen Wirtschaftsstruktur zusammen. Angesichts vieler Firmen in der Umgebung sei es gar nicht so einfach, geeignete Mitarbeiter für die Behörde zu finden, sagt Büttner. Um das zu kompensieren, setzte die VG schon früh auf Investitionen in Hard- und Software.

Damit war aber auch ein Mentalitätswandel verbunden, mit dem mancher seine Schwierigkeiten hatte. Als der Geschäftsleiter beispielsweise vor drei Jahren den Antrag stellte, ein bis zwei Tage pro Woche im Homeoffice zu arbeiten, weg vom täglichen Trubel in der Behörde, runzelte mancher Gemeinderat die Stirn. „Ja, schafft der dann überhaupt was?“, hieß es. Schließlich gab es doch grünes Licht. Und nun, während der Corona-Pandemie, seien alle Bedenken vergessen, sagt Büttner lachend. „Jetzt sind sie alle Verfechter von Homeoffice.“ Kein Wunder, schließlich habe die VG die Lockdown-Phasen bisher gut bewältigt, auch dank der technischen Innovationen früherer Jahre.

Eines jedoch bemängelt er: Es fehle an klaren Vorgaben des Freistaats zu diesem Thema. Etwa im Hinblick auf die digitale Signatur. Nach längerem Hin und Her hat sich die VG zur Nutzung des Authega-Zertifikats entschlossen. Aber, sagt Büttner, wenn die Staatsregierung in zwei Jahren entscheide, dass dafür doch die eID-Funktion des Personalausweises herangezogen werden solle, dann müsse man alles wieder umstellen. „Solche Rahmenbedingungen sollten von vornherein festgelegt werden“, fordert er.
(Brigitte Degelmann)

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