Politik

11.04.2024

Ist die geplante neue Kindergrundsicherung sinnvoll?

Das Bundesfamilienministerium will die Kindergrundsicherung als zentrale Leistung für alle Kinder einführen, um alle bisherige Förderungen zu bündeln. Die Bundestagsabgeordnete Stephanie Aeffner (Grüne), Expertin für Sozialpolitik, befürwortet das. Thomas Huber, sozialpolitischer Sprecher der CSU-Fraktion im Landtag, lehnt die Reform dagegen ab

JA

Stephanie Aeffner, Berichterstatterin für Sozialpolitik in der Fraktion der Grünen im Bundestag

In Deutschland wächst jedes fünfte Kind in Armut auf. Das können wir nicht länger hinnehmen. Armut macht krank und verringert Bildungschancen. Der Chancenmonitor 2023 zeigt, dass Bildungserfolg vom sozioökonomischen Status des Elternhauses abhängt. Die Folgekosten von Kinderarmut – über 100 Milliarden Euro pro Jahr – übersteigen die Kosten der Einführung einer Kindergrundsicherung um ein Vielfaches.

Kinderarmut raubt aber nicht nur den Kindern Lebenschancen, sondern auch dem Land Zukunftschancen. Mit der Reform sorgen wir dafür, dass alle Kinder ausreichend finanziell abgesichert sind, um an Bildung teilzuhaben. Wir alle gewinnen bei der Kindergrundsicherung, denn bessere Chancen für Schul- und Bildungsabschluss bedeuten auch bessere Wege in die Arbeitswelt und damit langfristig auch dringend benötigte Fachkräfte. 
Zur Bekämpfung von Kinderarmut braucht es mehrere Bausteine: Kinder brauchen gute Bildungsangebote. Eltern brauchen Arbeit, von der sie gut leben können. Eine Voraussetzung hierfür ist ein gutes Betreuungsangebot. Drittens braucht es aber auch eine finanzielle Unterstützung für die Familien, denn mit leerem Magen lernt es sich schlecht. Diese Punkte müssen alle zusammen bedacht werden.

In unserem äußerst komplexen Sozialleistungssystem gehen bisher viele Menschen verloren. Der Kinderzuschlag etwa wird im Moment nur von einem Drittel der Leistungsberechtigten in Anspruch genommen. Mit der Kindergrundsicherung bündeln wir die vielen unterschiedlichen Unterstützungsleistungen, machen sie einfacher zugänglich und werden so vor allem verdeckte Armut bekämpfen. Das betrifft circa 3,7 Millionen Kinder, deren Eltern arbeiten und trotzdem nicht genug zum Leben haben. Heute müssen die Familien selbst herausfinden, ob ihnen eine Unterstützung zusteht und von wem. In Zukunft ist für alle Kinder der Familienservice (die heutige Familienkasse) zuständig. So wird an einer zentralen Stelle die finanzielle Unterstützung für alle Kinder sichergestellt. Wir lichten für die Familien endlich den Bürokratiedschungel und werden Leistungen immer mehr automatisieren. 

NEIN

Thomas Huber, sozialpolitischer Sprecher der CSU-Fraktion im Landtag

Die geplante neue Kindergrundsicherung der Ampel mag vielleicht gut gemeint sein, ist aber in dieser Form alles andere als gut gemacht. Bundesministerin Paus schafft damit ein Bürokratiemonster, das den Familien das Leben erschwert, nicht erleichtert. In einer Zeit, in der eigentlich allen klar ist, dass wir Bürokratie abbauen müssen, will die Ampel dafür eine neue Behörde „Familienservice“ mit bis zu 5000 neuen Stellen unter dem Dach der Bundesagentur für Arbeit aufstellen. Gut ein Viertel der jährlich veranschlagten Summe von 2 Milliarden Euro würde in dieser Behördenbürokratie landen – und nicht bei Kindern und Familien! Dafür hagelt es zu Recht von Jobcentern, Sozialverbänden, dem Städtetag und sogar innerhalb der Ampel-Koalitionäre Kritik. Für uns als CSU ist klar, dass dieser Gesetzentwurf ein großer Flop ist und eingestampft werden muss.

In Bayern zeigen wir, wie es besser geht. Unser Leitbild ist die kinder- und familienfreundliche Gesellschaft. Mit dem bayerischen Familiengeld, dem Krippengeld, Beitragsentlastungen für die gesamte Kindergartenzeit und dem stetigen Ausbau der Kinderbetreuung unterstützen wir Familien und deren Kinder wie kein anderes Bundesland. Der Erfolg dieser Maßnahmen gibt uns recht: In keinem anderen Land leben so wenige Kinder in Armut wie in Bayern.

Statt eines kostenintensiven Bürokratiemonsters müssen die kindlichen Bedürfnisse nach familiärer Gemeinschaft, Herzensbildung, Persönlichkeitsbildung, Bildung, Betreuung und Erziehung durch die Eltern im Mittelpunkt stehen. Das wird von der Ampel völlig ignoriert. Es braucht ein Kinderzukunftsprogramm, das auf die Verbesserung der Bildungsinfrastruktur und nicht auf die Ausweitung von Transferleistungen setzt. Denn: Bildung ist der Schlüssel für Zukunftschancen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat dafür ein Zehn-Punkte-Programm vorgeschlagen, das meines Erachtens die weit bessere Lösung wäre. 
 

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