Politik

Manuel Knoll (35), ein Betriebswirt, sitzt seit 2023 für die CSU im Landtag, seit Anfang Oktober 2025 ist er JU-Chef. (Foto: dpa/Pia Bayer)

14.11.2025

JU-Chef: "Die Mütterrente ist eine systemfremde Leistung"

Manuel Knoll, Landtagsabgeordneter und bayerischer JU-Chef, über gerechte Rentenpolitik, die Zukunft der Wehrpflicht und den Vorwurf, zu brav zu sein

BSZ: Herr Knoll, Frauen und Männer um die 60 oder älter debattieren über Themen mit großen Auswirkungen auf junge Menschen. Haben Sie ein gutes Gefühl dabei?
Manuel Knoll: Generationengerechte Politik kann man unabhängig vom eigenen Lebensalter machen. Die Richtung der aktuellen Rentendebatte halte ich trotzdem für problematisch. Schon jetzt ist ein Viertel des Bundeshaushalts als Zuschuss für die Rentenkasse gebunden. Bald werden aus den jetzt noch beitragszahlenden Babyboomern Beitragsempfänger. Wenn man vor diesem Hintergrund das jetzige Rentenniveau über 2031 fortschreiben will, wie das Sozialministerin Bas vorhat, dann habe ich schon große Bauchschmerzen. Nach Berechnungen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft kostet das den Steuerzahler 500 Milliarden Euro zusätzlich. Das verteilt sich auf die Schultern künftiger Beitragszahler und macht junge Menschen potenziell ärmer.

BSZ: Wie könnte eine Lösung aussehen?
Knoll: Wir müssen das Rentensystem auf mehrere Säulen stellen. Dazu gehören die Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge, aktienbasierte und kapitalmarktgestützte Systeme und der Ausbau von Freiwilligenmodellen, wenn jemand länger arbeiten will. Ich sehe da in der neuen Bundesregierung schon gute Ansätze, die jetzt weiter gepflegt und gestärkt werden müssen. Es reicht einfache Mathematik, um zu erkennen, dass das jetzige System eines Tages gegen den Eisberg läuft.

BSZ: Auf der JU-Landesversammlung gab es Kritik an der von CSU-Chef Markus Söder in Berlin durchgeboxten Mütterrente. Zu Recht?
Knoll: Die Mütterrente ist jetzt beschlossen, wir als Junge Union stehen dazu. Aber ich kann verstehen, dass sich viele damit schwertun. Es geht nicht darum, Müttern etwas wegzunehmen. Man darf nicht vergessen, dass viele auch die Wahlmöglichkeit aufgrund fehlender Betreuungsangebote in der damaligen Zeit nicht hatten. Aber es bleibt eine systemfremde Leistung, die uns 5 Milliarden Euro im Jahr kostet. Dass junge Menschen damit Sorgen für ihre Zukunft verbinden, kann ich nachvollziehen. Was ich aber unabhängig von der Mütterrente bei der aktuellen Rentendiskussion nicht verstehe, ist, dass das für Jugendorganisationen anderer Parteien, vor allem für die unseres Koalitionspartners SPD, gar kein Thema ist. Die Belastung durch Steuern und Abgaben trifft schließlich alle jungen Menschen. Die Sorge vor Wohlstandsverlusten auch wegen der Rententhematik ist ein Nährboden, der junge Menschen für die Parolen extremer Parteien empfänglich macht.

BSZ: Ein anderes Thema, das junge Menschen gerade umtreibt, ist die Wehrpflicht. Sind Sie dafür oder dagegen?
Knoll: Ich bin mittlerweile dafür, weil wir erleben, dass es immer weniger Kontakte zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft gibt. Jeder steckt in seiner Filterblase, es findet immer weniger Austausch statt. Da könnte die Wehrpflicht einen Beitrag für ein Gemeinschaftsgefühl über regionale und gesellschaftliche Grenzen leisten. Zudem müssen wir die Wehrhaftigkeit Deutschlands im Blick behalten angesichts der hybriden Kriegsführung Russlands auch gegen den Westen. Dagegen müssen wir unsere Demokratie, unsere Werte und unseren Wohlstand verteidigen. Die aktuellen personellen Ressourcen der Bundeswehr reichen dafür nicht aus.

BSZ: Wie kann eine Wehrpflicht gerecht sein, wo doch klar ist, dass nur ein Teil der jungen Männer gebraucht wird?
Knoll: Wir müssen langfristig dort hinkommen, dass das Verfahren für alle gerecht abläuft, auch geschlechtergerecht. Dazu bräuchte es aber eine Grundgesetzänderung, die aufgrund der aktuellen politischen Mehrheiten eher unwahrscheinlich ist. Ein erster Schritt in Richtung Gerechtigkeit wäre aber, den Wehrdienst so attraktiv zu gestalten, dass ihn möglichst viele junge Menschen als Chance sehen und sich freiwillig melden.

„Ich bin für die Wehrpflicht, weil wir erleben, dass es immer weniger Kontakte zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft gibt“

BSZ: Und wie wäre es, den Wehrdienst in ein allgemeines Pflichtjahr einzubetten?
Knoll: Das wäre natürlich noch besser. Aber auch dafür bräuchte es eine Grundgesetzänderung.

BSZ: Der Bundestag hat milliardenschwere Sondervermögen für die Bundeswehr und den Infrastrukturausbau auf den Weg gebracht. Wie stehen Sie zu neuen Staatsschulden?
Knoll: Da sind wir wieder beim Thema Generationengerechtigkeit. Wegen der steigenden Zinslast schränken Schulden die Gestaltungsspielräume künftiger Generationen ein. Deshalb sollten wir langfristig ohne neue Schulden auskommen. Angesichts der angespannten Situation ist es eine große Leistung, dass der neue bayerische Doppelhaushalt ohne neue Schulden auskommt und trotzdem wichtige Investitionen in die Zukunft leistet. Ich freue mich sehr, dass damit eine Forderung der JU Bayern umgesetzt werden konnte. Bei den beiden Sondervermögen kann ich nachvollziehen, dass man diesen Weg trotzdem gegangen ist. Zum einen wegen der Bedrohungslage durch Russland, zum anderen wegen des Nachholbedarfs bei der Infrastruktur, was am Ende ja auch der jungen Generation zugutekommt. Es muss bei neuen Schulden aber glasklar sein, dass sie die absolute Ausnahme sind und ausschließlich für zusätzliche Investitionen verwendet werden. Außerdem entbindet das nicht von der Pflicht, Strukturreformen anzugehen und Einsparpotenziale auszuschöpfen.

BSZ: Wo sehen Sie Sparpotenzial?
Knoll: (lacht) Wenn ich da konkret werde, schaffe ich mir schnell Feinde …

BSZ: Das ist doch genau das Problem, warum sich niemand ans Sparen traut!
Knoll: Absolut richtig. Ich glaube, dass wir zum Beispiel bei Entbürokratisierung und Staatsreform noch einiges rausholen können. Ein bisschen mehr Reformwille beim Abbau von Staatsaufgaben könnte nicht schaden.

BSZ: Im Vergleich zu den Jugendorganisationen anderer Parteien wirkt die Junge Union eher brav und konfliktscheu gegenüber ihrer Parteispitze.
Knoll: Ich habe doch gerade das Gegenteil bewiesen, oder?

BSZ: Wenn Sie das sagen …
Knoll: Also, es geht uns in der JU immer um die Sache. Im Gegensatz zu anderen Jugendorganisationen stehen wir auch stärker in der Verantwortung. Wir treten zum Beispiel in 33 Verbänden mit eigenen JU-Listen bei der Kreistagswahl an. Wir werden viele Kreis-, Stadt- und Gemeinderäte stellen. Wenn man vor Ort in der Verantwortung steht, ist man näher an der Realität und beschäftigt sich weniger mit den großen ideologischen Debatten. Dass wir nicht auf Krawall um des Krawalls willen setzen, sondern an Lösungen interessiert sind, ist doch keine schlechte Eigenschaft. (Interview: Jürgen Umlauft)

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