Politik

Wohnungen gewinnbringend auf Airbnb vermarkten? Das soll künftig erschwert werden – überall fehlt bezahlbarer Wohnraum. (Foto: dpa/Sebastian Gollnow)

15.09.2023

Kampf um Wohnraum

Die EU will gegen illegale Vermietungen vorgehen

Eine Loft-Wohnung in Neuperlach? Eine Dreizimmerwohnung in Sendling? Oder ein Apartment beim Marienplatz? Weit mehr als 1000 Angebote gibt es aktuell bei Airbnb allein in der Landeshauptstadt. Die Internetplattform, Marktführer in Deutschland, vermittelt Wohnraum von Privatleuten auf Zeit für Geld. Mittlerweile machen solche Kurzzeitvermietungen in der EU rund ein Viertel aller touristischen Unterkünfte aus. Gerade Metropolen wie München oder Berlin sehen das kritisch, weil sie fürchten, dass dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt so bezahlbare Wohnungen entzogen werden.

Seit Jahren drängen sie Airbnb und andere Anbieter zur Herausgabe von Daten, weil sie Verstöße von Vermietenden gegen kommunale Satzungen vermuten. Doch regelmäßig lehnen Gerichte dies mit Blick auf geltendes Recht ab. Eine Initiative der EU-Kommission könnte den Kommunen jetzt aber mehr Handlungsspielraum geben.

Der Verordnungsentwurf sieht eine EU-weit einheitliche Registrierung für Gastgebende und die monatliche Weitergabe der Registrierungsdaten und Angaben zu Zahlen der Gäste und Aufenthalte an die Behörden vor. Stichprobenartig sollen die Plattformen auch überprüfen, ob sich Gastgeber*innen registriert haben und ob deren Angaben stimmen.

In München gilt eine Zweckentfremdungssatzung. Demnach dürfen Wohnungen nicht ohne Genehmigung als Büros und nicht länger als acht Wochen im Kalenderjahr als Ferienwohnung genutzt werden. Auch ein Leerstand von mehr als drei Monaten im Jahr ist nicht zulässig. Mit ihren bisherigen Mitteln hat die rot-grün regierte Stadt im vergangenen Jahr 404 derart zweckentfremdete Wohnungen ermittelt, die laut Stadt nun wieder dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen. 166 Wohnungen standen zuvor leer, dieselbe Zahl wurde illegal als Ferienwohnung vermietet, 72 wurden als Büros genutzt. Die Stadt erklärt dazu: „Hätten die 404 Wohnungen mit einer Gesamtfläche von rund 21 500 Quadratmetern im geförderten Wohnungsbau erstellt werden müssen, wären der Landeshauptstadt München hierfür Kosten von fast 125 Millionen Euro entstanden.“

Im Münchner Rathaus geht man davon aus, dass weitaus mehr illegal genutzter Wohnraum entdeckt würde, sollte das bayerische Zweckentfremdungsgesetz verschärft werden. „Seit Jahren fordern wir vom Freistaat eine Änderung“, erklärt ein Stadt-Sprecher. Zwar sieht das Gesetz ein Bußgeld von bis zu 500 000 Euro bei Missbrauch vor, es gibt den Kommunen aber in der Praxis wenig Instrumente, diesen aufzudecken. Eine EU-Verordnung würde auch die Mitgliedstaaten und deren Bundesländer zu einer Umsetzung zwingen.

Im bayerischen Bauministerium stößt der Entwurf der EU-Kommission auf Zustimmung. „Insbesondere Städte und Gemeinden mit hoher touristischer Attraktivität profitieren, weil so illegale Angebote besser erkannt und verhindert werden“, erklärt ein Sprecher. „Es ist im Interesse des Freistaats, dass es möglichst viel bezahlbaren Wohnraum in Bayern gibt.“ Nachbesserungsbedarf sieht das CSU-geführte Ministerium bei der Registrierung, die künftig online ablaufen soll. Unbedingt müsse abgefragt werden, ob überhaupt eine Genehmigung für die Kurzzeitvermietung vorliegt.

Albert Duin: „Erheblicher Eingriff in die Rechte“

Das Unternehmen Airbnb selbst erklärt in einer Pressemitteilung, es begrüße den Entwurf und wolle zusammen mit den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament an den konkreten Details der Verordnung arbeiten. Der typische Nutzer beziehungsweise die Nutzerin sei ohnehin eine Privatperson, die sich einfach etwas dazuverdiene wolle – im vergangenen Jahr 2022 etwas mehr als 3000 Euro.

Für Albert Duin, den wirtschaftspolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, sind Kurzzeitvermietungsplattformen nicht das Problem. „Wenn es für Vermieter so viel lukrativer ist, ihre Wohnungen kurzfristig über Airbnb zu vermieten, als langfristige Mietverträge abzuschließen, muss hinterfragt werden, woran das liegt, und man muss hier ansetzen“, erklärt er. Aus seiner Sicht wäre es sinnvoller, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Private zu erleichtern. „Und dass die bayerische Staatsregierung ihr selbst gesetztes Ziel von neuen Wohnungen endlich erreicht.“ Maßnahmen wie ein Zweckentfremdungsverbot oder die Registrierungspflicht für Vermietende auf den entsprechenden Plattformen hält Duin für einen „erheblichen Eingriff in die Rechte des Eigentümers der Wohnung“.

New York City hat jetzt eine besonders krasse Regelung beschlossen. Seit Anfang September verbietet ein Gesetz die Vermietung von ganzen Wohnungen für 30 und mehr Tage im Jahr. Zudem müssen Vermieter*innen während des Aufenthalts anwesend sein. Und: Mehr als zwei Gäste sind verboten; kinderfreundlich ist das nicht. Offiziell sind bisher Zigtausende Airbnb-Angebote verschwunden, die Hotels jubeln. Ob die Übernachtungen dort aber steigen, muss sich noch zeigen. (Thorsten Stark)

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