Politik

Wahlplakate sind auch im Landtagswahlkampf das Medium, das am stärksten auffällt. Nicht alle sind dabei so kreativ wie FDP-Kandidat Felix Meyer. (Foto: Stark)

08.09.2023

Kaum Experimente

Fast alle setzen auf Bewährtes beim Plakatieren

Biertrinkende Affen in Tracht reißen sich um eine Frau im weißen Kleid. Das Gemälde mit dem Titel Bayerische Leidenschaft füllt rund die Hälfte des Plakats. Der Rest: viel Grau. Lars Mentrup, SPD-Kandidat aus München, will damit Aufmerksamkeit erzeugen. Viele lassen die Plakate aber ratlos zurück.

Auch vor dieser Landtagswahl investieren die Parteien viel Zeit und Geld, um ihre Botschaften auf Plakaten zu platzieren. Sie setzen dabei auf viel Erwartbares. Ein paar Ausreißer gibt es aber. Wie das Plakat von Lars Mentrup. Auch Simon Lübke, Kommunikationswissenschaftler an der Ludwig-Maximilians-Universität, kann damit wenig anfangen. Aber man müsse nicht unbedingt direkt die Wählerschaft erreichen, erklärt der Wahlkampfexperte. Man könne auch mit einer Normabweichung Medien auf sich aufmerksam machen. Doch das kann auch nach hinten losgehen: Die Aktion wurde mehrfach durch den Kakao gezogen. Auch deswegen halten sich die meisten an Schema F.

Das lautet: kurze prägnante Botschaften und Personalisierung. Auf Plakaten ist wenig Platz, meist betrachtet man sie nur im Vorbeigehen. Da sollte auf einen Blick klar sein, worum es geht – und wer hier wirbt. „Aus der Wissenschaft weiß man: Plakate dienen dazu, die Themen, bei denen der jeweiligen Partei Kompetenzen zugeschrieben werden, zu betonen“, sagt Lübke. Ziel sei nicht, den AfD-Anhänger zur Stimmabgabe für die Grünen zu bewegen. „Es geht darum, die eigene Wählerschaft zu mobilisieren und an den Wahltermin zu erinnern.“

Bei den CSU-Plakaten lobt Lübke die einprägsamen blau markierten Slogans wie „In Bayern lebt es sich einfach besser“. Einer Partei, die den Ministerpräsidenten stellt, gehe es vor allem um Stabilität. Dass die CSU nicht nur mit Markus Söder wirbt, sondern auch mit der von AfD und Freien Wählern vereinnahmten CSU-Legende Franz Josef Strauß, hält Lübke für einen klugen Schachzug.

"Wähl Klima statt Krise"

Die Grünen werben für sich mit knappen Botschaften wie „Wähl Klima statt Krise“ im grünen Rahmen und mit der bekannten Sonnenblume. „Sie setzen auf Bewährtes, das ist aber nichts Negatives“, findet Lübke.

„Anpacken für Bayern“, fordern die Freien Wähler, dazu findet sich sehr prominent das rote Kreuz auf schwarzem Kreis. „Stammwähler*innen brauchen wahrscheinlich nicht mehr“, sagt Lübke. Die starke Fokussierung auf Hubert Aiwanger könnte nach den Diskussionen um dessen Flugblatt-Affäre auch ein Vorteil sein, mutmaßt der Wahlkampfexperte.
Kurze Slogans wie „Mit Sicherheit für Bayern“, die bayerische Raute als Hintergrund – so will die AfD auf sich aufmerksam machen. „Das dürfte funktionieren“, schätzt Lübke. Mit Forderungen wie „Diplomaten statt Granaten“ betone die Partei zudem ihre Oppositionsrolle.

Von der FDP-Kampagne „Servus Zukunft“ ist Lübke richtig angetan. „Da wird das Vorwärtsgewandte mit dem Regionalen kombiniert.“ Dass man die Botschaft auch als das Gegenteil, einen Abgesang auf die Zukunft, deuten könnte, bestreitet Lübke nicht. „Aber ich glaube, dass das für die Wählerschaft der FDP genau so funktioniert.“ Aus der Parteizentrale heißt es dazu: „Im Alltag weiß jeder, ob Servus als Begrüßung oder als Verabschiedung gemeint ist.“ Niemand werde die Plakate falsch verstehen.

Wiedererkennungseffekt fehlt

Weniger aussagekräftig findet Lübke die Kampagne der Linken. Bei den Plakaten mit den Kandidat*innen, die in Alltagssituationen fotografiert wurden, fehle ihm der Wiedererkennungseffekt. Die Partei erklärt dazu, man habe die Kandidat*innen bewusst „mitten im Leben“ zeigen wollen.

Unschlüssig ist der Experte, was er von einem Plakat von SPD-Spitzenkandidat Florian von Brunn halten soll. Es zeigt einen Kopf mit unterschiedlichen Gesichtshälften. Eine gehört von Brunn, die andere einem Mieter, der Unterstützung braucht. „Ob das die Leute im Vorbeifahren kapieren?“, fragt sich Lübke. Grundsätzlich gefällt ihm aber die Ästhetik der SPD-Plakate – Schwarz-Weiß-Fotos auf SPD-rotem Grund.

In München ist in den vergangenen Wochen auch ein anderes Plakat aufgefallen: „Weniger Hubsi, mehr Kompetenz“, heißt eine Botschaft von FDP-Kandidat Wolfgang Heubisch – Spott gegen Hubert Aiwanger. „Negative Campaigning kann gut funktionieren, weil sich so was tendenziell schneller verbreitet“, erklärt Lübke. „Aber das ist eines der wenigen Plakate dieser Art.“
Dass Wahlplakate auch in Zeiten von Social Media eine große Bedeutung haben, das zeigt auch eine Anfrage der Staatszeitung bei allen größeren Parteien. „Fast jeder sieht mehrmals täglich verschiedene Plakate, egal ob man zu Fuß, mit dem Rad, Bus und Bahn oder im Auto unterwegs ist“, erklärt etwa CSU-Generalsekretär Martin Huber. „Extrem wichtig“ nennt ein Grünen-Sprecher den Plakatwahlkampf. Denn egal, wie sehr sich Menschen sonstiger Wahlwerbung verschließen: Auf die Straße müssen sie immer.
(Thorsten Stark)

 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.