Politik

Aus dem Boden abgepumptes Kerosin auf einer Wasserschicht in der Nähe des ehemaligen Armeeflugplatzes von Parchim. (Symbolfoto: dpa)

17.08.2018

Kerosinregen über Bayern

Flugzeuge lassen tonnenweise Treibstoff ab – aus wirtschaftlichen Gründen und mit unklaren Folgen

Alexander P. wohnt in der Nähe des Münchner Flughafens. Immer wieder hat er das Gefühl, den Geruch von Kerosin wahrzunehmen. Doch den meisten Menschen, denen er davon erzählte, sagt er, hielten ihn für einen „grünen Spinner“ – zu Unrecht.

Eine schriftliche Anfrage des SPD-Fraktionschefs im Landtag, Markus Rinderspacher, an die Staatsregierung ergab: Regelmäßig lassen Flugzeuge Kraftstoff über bayerischem Gebiet ab – allein am 2. August letzten Jahres 20 Tonnen über Niederbayern. Insgesamt wurden im Freistaat zwischen 2012 und 2017 gut 677 Tonnen Kerosin abgelassen. Nur in Rheinland-Pfalz kam es im Fünf-Jahres-Vergleich zu mehr Treibstoffschnellablässen.

Das bayerische Verkehrsministerium versucht zu beruhigen: Das sogenannte Fuel Dumping werde nur in Notsituationen durchgeführt, versichert ein Sprecher: „Es kann dann zum Einsatz kommen, wenn eine sofortige Landung des Luftfahrzeugs erforderlich ist, das Gewicht das maximal zulässige Landegewicht jedoch übersteigt.“

"Jedes Flugzeug kann trotz ‚Übergewicht’ sicher landen"

Der Flugzeughersteller Airbus widerspricht: „Jedes Flugzeug kann trotz ‚Übergewicht’ sicher landen“, heißt es aus der Hamburger Firmenzentrale. Allerdings werde bei einer Landung mit vollem Tank häufig ein sogenannter Load Report ausgelöst. Dieser zieht weitere Untersuchungen nach sich, weshalb das Flugzeug unter Umständen länger ausfällt. „Fuel Dumping ist also eher eine Frage der Wirtschaftlichkeit als der Sicherheit“, so ein Firmensprecher.

„Gewinnmaximierung kann kein Grund dafür sein, die Umwelt zu schädigen“, kritisiert Richard Mergner, Chef beim Bund Naturschutz in Bayern. Bayerns Verkehrsministerium argumentiert, dass nur etwa acht Prozent der Treibstoffmenge den Erdboden erreichen können. Wenig ist das nicht. Und im Winter, so Mergner, liege der Prozentsatz noch höher. Der Treibstoff kann dann nicht so stark verdunsten. Mergner fordert eine Meldepflicht bei Kerosinablässen.

Auch Markus Rinderspacher verlangt, die Bevölkerung zeitnah über einen Kerosinablass zu informieren. Bisher müssen Bürger bei der Flugsicherung nachfragen. Die Grünen mahnen, die Folgen für Mensch und Umwelt zu untersuchen. Die Staatsregierung glaubt allerdings nicht, dass der Treibstoffablass überhaupt eine Gefahr darstellt. Die Studie, auf die sie sich beruft, hat der TÜV Rheinland bereits im Jahr 1992 erstellt.

Die Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz hält diese Studie für veraltet und hat den Bund deshalb bereits vergangenes Jahr gebeten, eine Bewertung der Auswirkungen von Kerosinablässen nach neuesten wissenschaftlichen Grundlagen vorzunehmen. Erste Ergebnisse sollen im November 2018 vorliegen. Hoffentlich werden sie auch im Freistaat gründlich studiert. (David Lohmann)

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