Politik

Gisela Sengl (Grüne), Tanja Schorer-Dremel (CSU), Doris Rauscher (SPD) und Gabi Schmidt (Freie Wähler) bei den Vereinten Nationen in New York. (Foto: BSZ)

01.04.2016

Kinderanwälte auf Bildungsreise

Die Kinderkommission des Landtags besucht die Vereinten Nationen – das Gremium gibt es sonst nur noch im Bundestag

Faszinierend“, „eindrucksvoll“, „bewegend“: Kinderkommissionsmitglied Gabi Schmidt (Freie Wähler) kommt in New York beim Telefonat mit der Staatszeitung gar nicht aus dem Schwärmen heraus. Es sei sehr beeindruckend, als bayerische Abgeordnete zu Gast bei der 60. Frauenkonferenz der Vereinten Nationen (UN) gewesen zu sein. „Außerdem haben wir das Who’s who im Kinderrechtsbereich getroffen“, berichtet sie. Dazu gehörte zum Beispiel die UN-Sonderbeauftragte für Kinder und bewaffnete Konflikte. Rund 250 000 Minderjährige werden weltweit von Armeen und Gruppen als Kindersoldaten missbraucht. „Ich bin normalerweise nicht nah am Wasser gebaut, aber die Erzählungen haben mir die Tränen in die Augen getrieben“, erzählt Schmidt. Umso mehr habe sie die Kraft der politisch aktiven Frauen beeindruckt. Und wie statt Parteipolitik Sachpolitik betrieben werde.

Eine Kinderkommission (KiKo) leistet sich neben dem bayerischen Landtag nur noch der Bundestag. „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sie haben durch die UN-Kinderrechtskonvention eigene international anerkannte Rechte“, erklärt der BSZ Norbert Müller (Linke), der aktuell turnusgemäß Vorsitzender der Bundes-KiKo ist. Ziel des Gremiums sei es, diese Rechte, konkrete Interessen und Anliegen von Kindern und Jugendlichen in der parlamentarischen Arbeit zu berücksichtigen. Wie in Bayern versteht sich die KiKo zudem als „Anwältin“ der Kinder und Ansprechpartner für Eltern, Verbände und Kinderorganisationen.

Ziel der bayerischen KiKo Ende März in New York: „Über den nationalen Tellerrand hinausschauen“, bestätigen alle vier Mitglieder der BSZ unisono. Und sich über die weitere Koordination der UN-Kinderrechtskonventionen informieren. Für die Umsetzung sind neben dem Bund auch die Länder zuständig. Um den Erfolg zu überwachen, fordern die UN regelmäßig Berichte ein. „Deutschland hat bei den Kinderrechten eine starke Stimme“, versichert Tanja Schorer-Dremel (CSU). Im Gegensatz zum KiKo-Chef im Bundestag ist sie über die volle Legislaturperiode KiKo-Vorsitzende. Die Bundesrepublik sei, was Geld, Programme und Personal betreffe, Vorreiter. So sei es auch als großer Erfolg zu werten, dass Unicef hier ein Büro eröffnen möchte. „In Deutschland haben wir erkannt, dass es unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nötig machen, neue Programme zu entwickeln“, ergänzt Schorer-Dremel. Die Aufgabe der KiKo sei es jetzt, dieses Thema bei den monatlichen Sitzungen zu begleiten.

Die KiKo hat sich nicht zur Landtagswahl 2013, sondern erst vor eineinhalb Jahren konstituiert. Seitdem gab es Treffen mit der Berliner KiKo, Unicef oder Kindern in Flüchtlingsunterkünften. Außerdem wird bis zum Ende der Legislaturperiode der Wahlkreis aller Mitglieder besucht. „Wir sind alle gleichberechtigt“, betont KiKo-Vize Doris Rauscher (SPD). Jeder habe Themen eingebracht, die ihm besonders wichtig waren. Außer der Vereinfachung von Lernprogrammen wurde zwar noch nicht so viel erreicht, aber die Agenda bis 2018 steht. Was die Abgeordneten wie auch in Berlin am meisten beschäftige wird: die Frage, ob das Recht auf soziale Sicherheit, Gesundheit und gute Bildung für Kinder ins Grundgesetz aufgenommen werden soll – was die Mehrheit in beiden Gremien bejaht. Allerdings müssen an der Isar und der Spree alle Beschlüsse einstimmig gefasst werden. Das Ergebnis wird dann als Empfehlung an das Parlament weitergeleitet.

Ein weiterer wichtiger Punkt für Rauscher: Gewalt und Kinderarmut. In einem der reichsten Länder der Welt wachsen seit Jahrzehnten 20 Prozent aller Kinder in Armut auf. „Bayern geht es nur gut, wenn es Frauen und Kindern gutgeht“, unterstreicht die Abgeordnete. Sie fordert daher, dass die KiKo von allen Landtagsausschüssen eingeladen wird, wenn Kinderrechtsthemen betroffen sind. Berlins KiKo-Chef Müller will in seiner Vorsitzzeit außerdem der Frage nachgehen, in welchem Umfang die Bundeswehr junge Menschen „umwirbt, militarisiert und rekrutiert“ und wie es in der Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere bei der Inobhutnahme, bei geschlossenen Unterbringungen und Auslandsverbringungen aussieht.

KiKo-Mitglied Gisela Sengl (Grüne) liegt vor allem die Bildung am Herzen. „Sehr viele Kinder sind auf der Flucht und haben keinen Zugang zu Bildung“, erläutert sie. Dabei sei Bildungarbeit Präventionsarbeit. Sie will daher mit ihren Kolleginnen in die Schweiz reisen, um sich über die Genfer Flüchtlingskonvention zu informieren, die maßgeblich für die Aufnahme von Flüchtlingen ist. Außerdem will Sengl durch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit Gewalt in kulturell verschiedenen Familien weiter reduzieren. Deutschland wurde für seine Flüchtlingspolitik von den UN-Gesprächspartnern als humanitäres Vorbild gelobt, ergänzt die Abgeordnete. Allerdings würden neben dem bürgerschaftlichen Engagement auch die innenpolitischen Probleme wahrgenommen. „Es wäre daher gut, wenn die Staatsregierung Angela Merkels Flüchtlingspolitik aktiv unterstützen würde statt die CSU-Parteiinteressen über die des Landes zu stellen.“ (David Lohmann)

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