Politik

06.08.2021

Kinderimpfung: Fachleute ausgebremst

Ein Kommentar von Tobias Lill

Als es im Kampf gegen Corona darum ging, massivste Grundrechtseinschränkungen zu rechtfertigen, verwies nicht nur Ministerpräsident Söder ein ums andere Mal auf die Erkenntnisse der Virologie. Ebenso wie Kanzlerin Merkel. Dabei gab es „die Wissenschaft“ schon damals nicht. Manche Forschende hielten Schulschließungen für zwingend, andere für übertrieben.

Ausgerechnet bei der Frage der Kinderimpfung ignorieren Bund und Freistaat nun jedoch die Wissenschaft. Denn in Sachen Impfen gibt es seit rund fünf Jahrzehnten eine offiziell für alle Fragen zum Thema zuständige Instanz, deren Kompetenz unter Ärzt*innen unbestritten ist: die Ständige Impfkommission (Stiko). Ihre 18 Mitglieder vereinen 18 Doktor- und 13 Professorentitel auf sich. Dass die Stiko die Corona-Impfung für Zwölf- bis 17-Jährige nicht generell, sondern nur für Risikogruppen empfiehlt, ist den Regierenden ein Dorn im Auge. Neben SPD-Talkshow-Mann Lauterbach sägt vor allem Söder deshalb an deren Reputation.

Man hört offenbar auf die Fachleute, die einem grad in den Kram passen

Kaum entscheiden Forschende einmal nicht so, wie es der Politik gefällt, setzt man sich über ihr Votum hinweg. Und das aus offensichtlichen Motiven: Es gelang den Regierenden nicht, ausreichend Erwachsene von der Notwendigkeit des Impfens zu überzeugen. Während etwa in Schottland gut 98 Prozent der über 60-Jährigen geimpft sind, waren es hierzulande zuletzt nur 78 Prozent. Weil insgesamt gerade einmal jeder Zweite geimpft ist, ist Deutschland von einer Herdenimmunität meilenweit entfernt. Dafür sollen nun Kinder und Jugendliche herhalten, indem man sogar an Schulen impft, wo sie leichter beeinflussbar sind.

Der Druck könnte das Gegenteil bewirken: Sollte die Stiko tatsächlich bald eine positive Empfehlung für viele Kids und Teenies geben, werden manche Eltern diese als Reaktion auf den politischen Druck sehen. Das Vertrauen in die Wissenschaft wäre futsch. Am Ende werden so alle verlieren.

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Sollen Uni-Absolventen später als mit 67 in Rente gehen?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.