Politik

20.02.2020

Kommunales Wahlrecht für alle: Sollen auch Nicht-EU-Bürger wählen dürfen?

Bei den Kommunalwahlen am 15. März dürfen auch EU-Bürger an die Urnen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Arif Tasdelen fordert für alle Nicht-EU-Bürger, die dauerhaft in Deutschtland leben, ebenfalls das kommunale Wahlrecht. Geht nicht, sagt die CSU-Abgeordnete Petra Guttenberger. Aus ihrer Sicht wäre das verfassungswidrig.

JA

Arif Tasdelen, integrationspolitischer Sprecher der Landtags-SPD

Auf kommunaler Ebene sollten alle, auch Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger, die dauerhaft in Deutschland leben, wählen dürfen. Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union dürfen in Städten und Gemeinden sowie in Landkreisen längst wählen und auch selbst für ein Amt kandidieren.

Das Wahlrecht ist die wichtigste Form der politischen Teilhabe, die auch den Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürgern zustehen sollte. In Bayern lebende ausländische Bürgerinnen und Bürger aus Nicht-EU-Staaten, die hier bereits länger leben und arbeiten, können aber Oberbürgermeister*in oder Gemeinderät*innen nicht wählen und folglich in ihrer Kommune nicht mitreden.

Zugewanderte engagieren sich ehrenamtlich in Vereinen und Verbänden. Sie nehmen aktiv an der Gesellschaft teil, dürfen aber nicht mitbestimmen, wenn verbindliche Regeln für alle Einwohner aufgestellt werden. Menschen, die dauerhaft hier leben, sind Teil der Stadtgemeinde und wollen diese auch mitgestalten. Das kommunale Wahlrecht für alle ist deshalb ein wichtiger Schritt, um im Freistaat die politische Teilhabe zu fördern.

Das kommunale Wahlrecht ist auch Anerkennung für die seit vielen Jahren in Deutschland lebenden ausländischen Staatsangehörigen, die gut integriert und fester Bestandteil unserer Gesellschaft sind. Es ist schwer vermittelbar, wenn ein Nürnberger mit türkischem Pass, der seit 50 Jahren in Nürnberg lebt, bei der Kommunalwahl am 15. März nicht wählen darf, während sein Nachbar, der vor zwei Monaten aus Italien nach Nürnberg gezogen ist, wählen darf.

Ein kommunales Wahlrecht für alle stärkt die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Es sendet eine wichtige Botschaft sowohl an Migrantinnen und Migranten als auch an unsere Gesellschaft: Menschen, die dauerhaft hier leben, sind gleichberechtigte Mitbürgerinnen und Mitbürger und wichtige Mitglieder unserer Gesellschaft.

NEIN

Petra Guttenberger (CSU), Vorsitzende des Rechtsausschusses im Landtag

Ein solches Wahlrecht wäre meines Erachtens verfassungswidrig. Nach Artikel 20 Grundgesetz (GG) geht alle Staatsgewalt vom deutschen Volk aus; ausgeübt durch Wahlen und Abstimmungen. Wählen darf also jeder, der Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist. Wahlrecht und Staatsangehörigkeit gehören grundsätzlich zusammen. Gemäß unserer Verfassung ist diese Grundentscheidung auch für die Ordnung in den Ländern und damit auch auf kommunaler Ebene maßgebend. Das gilt sowohl für die Teilnahme an Bundestags- oder Landtagswahlen als auch für Volksentscheide oder Volksbegehren.

Dem Landesgesetzgeber ist es deshalb nicht möglich, die Zusammensetzung des „Wahlvolks“ abweichend zu regeln und auch Menschen ohne deutschen Pass ein Wahlrecht zu geben. Eine Ausnahme kennt das Grundgesetz ausschließlich für die Kommunalwahlen. Gemäß Artikel 28 GG sind auch EU-Bürger wahlberechtigt und wählbar, die sich in Deutschland aufhalten. Eine Ausweitung des Kreises der Kommunalwahlberechtigten auf Nicht-EU-Bürger wäre also verfassungswidrig: Egal, ob der bayerische Landesgesetzgeber hiervon abweichende Regeln treffen wollen würde oder nicht!

Für die CSU setzt das Wahlrecht gerade ein Bekenntnis zu unseren Werten und unserem Heimatland voraus. Das Wahlrecht steht nicht am Anfang gelebter Integration, sondern am Ende. Integrationswillige, die sich acht Jahre rechtmäßig in Deutschland aufhalten, haben ohnehin einen Anspruch auf Einbürgerung. Diejenigen, die diese Möglichkeit nicht ergreifen, wollen offensichtlich keine deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sein. Deshalb ergibt es keinen Sinn, in diesem Fall das Kommunalwahlrecht zuzuerkennen. Auch Stadt- oder Gemeinderatswahlen haben ja eine erhebliche politische, staatsrechtliche und gesellschaftsgestaltende Bedeutung. Zudem haben Nicht-EU-Bürger viele Möglichkeiten, ihre Interessen im kommunalen Bereich einzubringen. Die meisten Kommunen haben Ausländer- oder Integrationsbeiräte eingerichtet.

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