Wenn Bayerns Bürger am 15. März zur Kommunalwahl gerufen werden, dann wird einer besonders gespannt auf die Ergebnisse blicken – obwohl er gar nicht kandidiert: Ex-Kultusminister Ludwig Spaenle. Im Herbst 2018 verpasste der Münchner CSU-Bezirkschef den Wiedereinzug in den Landtag, deshalb wird sich am Wahlsonntag sein Blick vor allem auf den Landkreis Rosenheim richten. Dort kandidiert der CSU-Abgeordnete Otto Lederer für das Amt des Landrats. Wird er gewählt – wofür die Chancen trotz sieben Gegenkandidaten gut stehen –, kann Spaenle als erster Nachrücker auf der CSU-Oberbayern-Liste wieder in den Landtag einziehen.
Mit Spaenle würde ein Politiker die CSU-Fraktion auffüllen, der nicht zu den Fans von Ministerpräsident Markus Söder zählt. Besser gesagt: nicht mehr. Denn wegen Spaenles Rauswurf aus dem Kabinett nach Söders Amtsübernahme hat beider langjährige Männerfreundschaft gelitten. Für Söder dürfte das aber das geringste Problem werden. Denn die Kommunalwahl hält ganz andere Komplikationen parat. Da ist zum Beispiel die überraschende Landratskandidatur von Bau- und Verkehrsminister Hans Reichhart in Günzburg. Weil der dem Vernehmen nach schon vor der Wahl sein Ministeramt niederlegen will, wird Söder zu einer Umbildung seines Kabinetts gezwungen sein. Möglich wäre die einfache Nachbesetzung aus der Riege der schwäbischen Abgeordneten oder eine Rochade mit CSU-Generalsekretär Markus Blume als Joker.
Die Freien Wähler in der Zwickmühle
Auch in seiner Funktion als CSU-Chef ist die Kommunalwahl für Söder eine besondere Herausforderung. Denn die Freien Wähler als bisherige Hauptkonkurrenten um die Landratsämter und Rathäuser gerade auf dem flachen Land sind der CSU seit Herbst 2018 in einer „Bayern-Koalition“ verbunden. Nach der letzten Kabinettssitzung des Jahres 2019 in Nürnberg versuchte Söder, seinem FW-Kollegen und Vizeregierungschef Hubert Aiwanger mit viel Kreide auf den Stimmbändern eine Art Nichtangriffspakt unterzujubeln. Nach Aiwangers Mienenspiel zu schließen, hält sich dessen Bereitschaft zur Rücksichtnahme aber in eher engen Grenzen.
Neu gemischt werden die Karten zudem in mehreren Großstädten. In München könnte es zumindest im ersten Wahlgang ein offenes Rennen zwischen den Kandidaten von SPD, CSU und Grünen geben, wobei Amtsinhaber Dieter Reiter wegen der dramatischen Schwäche seiner SPD um die Wiederwahl fürchten muss. In Nürnberg steht nach dem Abschied des allseits beliebten Ulrich Maly (SPD) ein kaum prognostizierbarer Neustart bevor. Und wie Regensburgs suspendierter Oberbürgermeister Joachim Wolbergs nach seinem Austritt aus der SPD mit der neu gegründeten Wählerinitiative „Brücke“ das Rennen beeinflussen wird, weiß auch niemand so genau.
So gut wie sicher ist dagegen, dass die Bayern 2020 nach der Kommunalwahl noch einmal ihren Pflichten als Souverän nachkommen müssen. Nach Lage der Dinge wird ein Bündnis aus Mieterverbänden, Gewerkschaften und Parteien schon im ersten Quartal die nötigen Unterschriften für ein Mietenstopp-Volksbegehren zusammen haben.
Umweltthemen im Fokus
Für sechs Jahre sollen demnach in den 162 von steigenden Mieten besonders betroffenen Kommunen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – keine Mieterhöhungen mehr erlaubt werden. Sollte das Begehren erfolgreich sein, kommt es darüber wohl sogar zu einem Volksentscheid.
Derweil folgt 2020 für das erfolgreiche Artenschutzvolksbegehren „Rettet die Bienen“ die Umsetzung. Erstmals müssen sich Landwirte zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt unter anderem an vorgeschriebene Walz- und Mähzeitpunkte für ihre Wiesen halten und Uferstreifen entlang von Bächen und Flüssen von der Bewirtschaftung frei halten. Als Ausgleich dafür erhalten sie über den Nachtragshaushalt 2020 höhere Zuschüsse des Freistaats. Auch die schon jetzt absehbaren großen Gesetzesinitiativen des Jahres 2020 beschäftigen sich mit Umweltthemen. So wird die Staatsregierung ihr lange angekündigtes Klimaschutzgesetz in den Landtag einbringen, mit dem Bayern bis spätestens 2050 klimaneutral werden soll. Zudem steht die abschließende Beratung über strengere Zielvorgaben beim Flächenverbrauch an. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat außerdem angekündigt, eine Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms vorzulegen. Darin will er die erst 2018 beschlossenen Lockerungen beim „Anbindegebot“ streichen, die Gewerbeansiedlungen und Tourismusprojekte auf der grünen Wiese erleichtert hatten, und vor dem Hintergrund des Klimawandels das Wassermanagement in Bayern auf neue Füße stellen.
In der zweiten Jahreshälfte beginnen die Beratungen zum Doppelhaushalt 2021/22. Die Aufstellung des Entwurfs dürfte für Finanzminister Albert Füracker (CSU) eine echte Herausforderung werden. Denn erstmals seit Jahren könnte es 2020 mit den stetig steigenden Steuereinnahmen vorbei sein. (Jürgen Umlauft)
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